Ruf der Geister (German Edition)
Erinnerung blitzte plötzlich in ihm auf. Als hätte das Buch ihn verletzt, ließ Joshua es abrupt fallen. Rasch hob er es auf und stellte es zurück ins Regal.
Das Bild dieses Monsters kannte Joshua, weil der Mörder in seinem unheimlichen Traum unaufhörlich dieses Wesen vor Augen gehabt hatte.
Er versuchte, seine Beobachtungen fortzuführen, kon nte sich aber nicht mehr konzentrieren. Er sah zu Lea. Diese hatte Herrn Krantz tatsächlich eingeschüchtert und ließ sich in ihrer Befragung nicht beirren. Er ging zu ihr und flüsterte etwas in Leas Ohr. Sie sollte das Ehepaar wegen des jungen Mannes aushorchen.
Als Lea das Thema ansprach, wurde es so still im Raum, dass einem das Ticken der Wanduhr unnatürlich laut erschien.
Frau Krantz begann zu weinen.
„Darius war unser Sohn. Er ist vor zwei Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen“, sagte Herr Krantz. Er wirkte bei diesen Worten eher teilnahmslos.
Noch immer hatte Joshua das Gefühl, dass dieser a ngebliche Unfall von dem jungen Mann provoziert worden war, aber Dariusʼ Geist zeigte sich nicht mehr.
Lea erhob sich und neigte sich zu Joshua. „Ich prüf das nach“, flüsterte sie.
Sie beendete das Gespräch mit Sophies Eltern und verließ mit Joshua die Wohnung. Als sie im Auto waren, schaute Lea neugierig zu ihm herüber.
„Ist dir etwas aufgefallen?“
„Ja, ein Buch. Es nennt sich: Der Nachtmorrgu .“
„Dieses Monsterbuch? Was ist damit?“
„Es steht dort im Regal und als ich von diesem Mord träumte, sah ich das Vieh aus dem Märchen mehrmals in den Gedanken des Täters.“
„Du hast das wirklich geträumt?!“
Joshua wand sich unbehaglich. „Ja, und viel zu realistisch.“ Er erinnerte sich mit einem Schaudern an den Albtraum und wischte die Gedanken rasch fort.
„Wow. Da möchte ich nicht mit dir tauschen“, erwide rte Lea. „Mir reichen die toten Opfer. Was ist mit dem Sohn? Wie bist du darauf gekommen.“
„Ich hab ihn gesehen und er hatte den gleichen wütenden Ausdruck wie die Tochter.“
Lea spielte mit ihren halblangen Locken, drehte sie g edankenverloren um den Zeigefinger. „Krantz hat für die Tatzeiten kein Alibi angegeben“, überlegte sie. „Allerdings wusste er auch nicht, worauf ich hinauswollte, weil ich die Fälle nicht offengelegt habe. Und jetzt haben wir schon zwei Hinweise durch dich. Ich muss den Kerl mal durchleuchten.“ Sie drehte sich zu Joshua. „Passt er denn von der Statur her? Mann, er sieht ja wirklich fast aus wie ein Filmstar!“
„Ich konnte in den … Visionen, oder was auch immer das ist, sein Gesicht nicht sehen. Aber Größe und Statur passen durchaus.“
Alles wies zurzeit auf Herrn Krantz hin, dies warf aber Inas Theorie über den Haufen. Sie hatte vermutet, dass Joshua den Täter eventuell kannte, weil sein Aussehen verschleiert war. Aber Joshua hatte Krantz heute erst kennengelernt.
Warum also sah er das Gesicht des Mörders nicht?
„Kommst du mit aufs Revier? Ich möchte darüber mit Erich und Robert reden.“
Joshua nickte und griff nach seinem Handy. Schon nach zweimaligem Klingeln nahm sein Chef ab.
„Björn, ich muss wegen dieser Krantz Sache noch mal mit aufs Revier. Könntest du Hannah sagen, sie soll wegen Lisbeths Platz in der betreuten Wohngruppe nachfragen? Der wäre vielleicht was für Sophie Krantz.“
„Ja, mach ich, kein Problem. Ist alles in Ordnung bei dir? Wie geht es dem Kopf?“
„Ist noch dran, keine Sorge.“
Björn lachte verhalten und sie beendeten das Gespräch.
„Der Nachtmorrgu, also“, murmelte Lea. „Ich hab das Buch als Jugendliche mal angefangen, weil es ja schon fast Kult ist, habe aber abgebrochen, als ich vor Albträumen nicht mehr schlafen konnte. Das Buch soll zwar eine Horrorkomödie sein, ist aber meines Erachtens so grausam, dass es für mich jeglichen Witz verloren hat.“
„Ich kenne es. Gelesen habe ich es nicht. Ich weiß nur, dass Mark und ich als Kinder total Angst vor dem blöden Morrgu hatten.“ Belustigt schüttelte Joshua den Kopf und bereute diese Geste sofort. „Hast du Kopfschmerztable tten dabei?“
„Hier nicht, aber im Büro.“
SÉANCE
Dankbar nahm Joshua die Aspirintablette entgegen, die Lea ihm hinhielt. Besorgt starrte Erich auf seine Stirnwunde, der Profiler hingegen beachtete ihn kaum.
„Wie war dein Eindruck von Krantz?“, fragte Erich.
„Ich bin nicht sicher. Er wirkte unterschwellig aggressiv auf mich, zudem hat er keinerlei Alibis für die Tatzeiten.“
„ Trotzdem gut, dass du
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