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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delacroix Claire
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Frühlingskräuter, die sie am Morgen geerntet hatte, zu Bündeln schnürte und diese zum Trocknen unter die Deckenbalken der Kate hängte. Sie reckte sich, sagte sich noch einmal die Litanei ihrer Namen sowie ihrer herrschenden Planeten auf und inspizierte ihr Tagwerk. Zerstreut bemerkte sie dabei wieder einmal, wie sehr die Anstrengung Teil ihres täglichen Lebens geworden war. Den Mantel über den Schultern, eilte sie zum Bach, um sich zu waschen.
    Im Nu flogen ihre Gedanken dabei zu Hugues, wie so oft in jüngster Zeit, und danach zu ihren quälenden Visionen. Hatte sich die Geburtsszene wohl noch woanders abgespielt als nur in ihrer Fantasie? Sophie zweifelte nicht, dass Melusines Salbe diese Einbildung hervorgerufen hatte, und zum hundertsten Mal fragte sie sich, ob sie tatsächlich zur Hütte hinausgeflogen war oder sich bloß in verworrenen Träumen verloren hatte. Und was hatte so ein Hirngespinst wohl zu bedeuten?
    Ein zufälliger Blick auf ihr verschmutztes Gewand erinnerte sie abermals an Hugues, denn es war genau jenes, welches er in La Rochelle für sie hatte anfertigen lassen. Tränen traten ihr in die Augen, als sie bemerkte, wie fadenscheinig es in den vergangenen Monaten geworden war. Entschlossen ging sie weiter zum Wasserlauf. Sie hatte Hugues doch abgewiesen, nicht wahr? Nun bestand ihr weiterer Lebensweg in dieser Lehre hier bei Melusine.
    Denn dass ihr sonst immer wiederkehrender Traum ihr jetzt nicht mehr erschien – war das nicht Beweis genug?
    Als eine vertraute Weise an ihre Ohren drang, hielt Sophie zögernd im Unterholz inne, wollte sie doch Melusine nicht beim Bad stören. Im Schutz der Bäume pirschte Sophie sich näher heran, lugte durch das Geäst und sah ihre Lehrmeisterin bis zur Hüfte im Wasserbecken, genau dort, wo sie sie damals zuerst erblickt hatte, das lange Haar rundum auf den Fluten ausgebreitet gleich einem dunklen Fächer. Offenbar merkte sie nichts von Sophies Anwesenheit, denn sie sang ungerührt weiter und räkelte sich auf eine solch bezaubernde Weise im labenden Nass, dass man einfach nicht anders konnte, als wie gebannt zuzuschauen.
    Schließlich endete ihr Lied mit einer lang gezogenen Schlussnote, und plötzlich tauchte Melusine ins Wasser. Bei diesem ungewöhnlichen Anblick stockte Sophie der Atem, doch da war ihre Meisterin schon in den dunklen Fluten verschwunden.
    Sophie trat einen Schritt zurück in den Tann und versuchte, genau zu bestimmen, was sie da eben gesehen hatte. Die Sage der Melusine ging ihr durch den Sinn, doch noch ehe sie dazu kam, ihre Gedanken zu ordnen, tauchte ihre Lehrmeisterin auf einmal direkt vor ihr auf. Erneut hielt Sophie erstickt den Atem an, denn sie sah am Leuchten in Melusines Augen, dass diese ihre Anwesenheit längst entdeckt hatte.
    Mit einem geheimnisvollen Lächeln watete sie auf Sophie zu, die nur reglos dastehen konnte, während Melusines Hüften sich in der Nähe des Ufers aus dem Wasser hoben.
    „Wahrhaftig, man könnte fast meinen, du hättest gerade erlebt, wie eine alte Legende zum Leben erwacht“, sagte sie mit wissender Stimme. „Jedenfalls siehst du so aus.“
    Sophie vermochte weder zu antworten oder sich zu rühren noch ihren Blick von den bleichen Hüften zu wenden, die sich immer höher aus den Fluten hoben.
    „Dabei müsstest du doch eigentlich wissen, dass Jahrhunderte vergangen sind, seit die Melusine aus jener uralten Sage auf Erden wandelte“, fügte die Badende hinzu, die jetzt allmählich ins flachere Wasser watete.
    Sophie schluckte schwer, als nun ganz normale Knie zum Vorschein kamen, danach auch Waden, wie eine jede Frau sie hatte. Voller Bangen wartete sie auf die Füße, doch da setzte Melusine schon so anmutig einen Fuß aufs Ufer, wie es mit einem Fischschwanz oder mit Flossen gar nicht möglich gewesen wäre. Anschließend hob sich auch der zweite Fuß aus den Fluten, womit jegliche Zweifel ausgeräumt waren. Als Sophie aufschaute, fing sie Melusines Blick auf. Erst wusste sie nicht, was sie von dem Ganzen halten sollte, aber dann sah sie in ihren blassen Augen ein spöttisches Selbstbewusstsein.
    „Na, was hast du gesehen?“, fragte Melusine mit gesenkter Stimme, und in diesem Moment war Sophie klar, dass Melusine genau wusste, was Sophie gesehen hatte und dass Melusine bloß ein Spiel mit ihr trieb.
    „Wer bist du?“, fragte Sophie.
    „Ich sagte dir doch bereits, dass ich Melusine bin“, entgegnete sie gelassen und griff nach einem Linnen, das sie neben ihrem Gewand am Ufer

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