Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
enttäuschen“, flüsterte sie stockend.
„Sophie“, gestand er, „ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mir an deiner Seite ein solches Schicksal bestimmt sein soll.“
Zu seiner Freude glomm in ihren Augen ein Leuchten auf. „Aber du musst mir versprechen, dass du darüber nachdenkst“, bat sie eindringlich.
Heftig wehrte er ab. „Nichts da!“, sagte er barsch. „Mein Angebot steht! Wenn einer nachdenken muss, dann du!“
Bei dieser Versicherung wurden ihre Züge weicher. Außerstande, der Versuchung noch länger zu widerstehen, küsste Hugues sie innig, wobei er genüsslich spürte, wie sie sich zitternd an ihn schmiegte. Und dass sein Schwager einen anerkennenden Pfiff ausstieß, überhörte er geflissentlich.
In jener Nacht erschien Sophie der Traum in der Kemenate zu Schloss Fontaine, und ob sie sich darüber freuen sollte oder nicht, vermochte sie nicht zu sagen. Ihr schien, als verharre sie zögernd vor dem Ring aus gewaltigen Steinen, graute es ihr doch schon davor, dass wieder jenes Gefühl der Einsamkeit sie überfallen werde und dass sie am Ende allein beim heruntergebrannten Feuer stehen würde.
Schließlich aber trugen ihre Füße sie ungeachtet ihrer Einwände dennoch unbarmherzig hinein in den Kreis. Abermals begann sie zu zittern, als die riesigen Felsen ihre Schatten über sie warfen. Eine Ewigkeit starrte sie in die glutroten Kohlen, ehe sie einen schnellen Blick zu jener Stelle wagte, an der üblicherweise die Gestalt stand.
Auch diesmal war sie da, die Gestalt, aber Sophie wusste nicht, ob sie erleichtert oder verschreckt sein sollte.
Nachdem es aufgeblickt hatte, setzte sich das Wesen in Gang und kam näher. Wie gebannt sah Sophie ihm entgegen. Die Schultern wirkten breiter, doch Sophie konnte nicht sagen, ob das Wirklichkeit war oder nur Wunschdenken. Als dann am Hals der Gestalt etwas auffunkelte, fiel es Sophie wie Schuppen von den Augen. Erstickt hielt sie den Atem an.
Das Leuchtende war das Kleinod, welches Melusine ihr hinterlassen hatte, und jetzt fürchtete Sophie auch, dass sie ahnte, wer die Gestalt in dem Umhang war. Sie wehrte sich gegen ihr Näherkommen, versuchte auch, Melusine allein durch Willenskraft zum Verschwinden zu bewegen und sich selbst ihre Wahl zu lassen, denn sie wollte ja bei Hugues bleiben. Doch die Gestalt wollte nicht wanken noch weichen, bis ihre dunkle Haube auf einmal Sophies gesamtes Gesichtsfeld ausfüllte. Schon hoben sich deren Hände, und Sophie prallte entsetzt zurück, um ihrem Peiniger nicht ins Gesicht blicken zu müssen.
„Sophie!“
Als die Kapuze gelüftet wurde, wagte sie noch einen Blick, und siehe da: Das Antlitz der Gestalt verschmolz zu den besorgten Zügen von Hugues.
Hugues! Als Sophie nicht auf ihn reagierte, verstärkte sich sein Griff um ihre Oberarme. Er schüttelte sie und redete abermals eindringlich auf sie ein.
„Hugues …“ Mit brüchiger Stimme flüsterte sie seinen Namen und spürte, wie ihr die Tränen kamen, während er sie sanft lächelnd ansah.
„Ja, ich bin hier“, raunte er, als er merkte, dass sie aufgewacht war. „Es ist alles gut.“
Nun brach Sophie vollends in Tränen aus. Hugues schloss sie in seine Arme, und der Duft seiner Haut beruhigte sie ebenso wie die tröstliche Art, in der er ihr über den Rücken streichelte. Haltlos schluchzend barg sie das Gesicht an seiner Brust. Ob wohl doch noch alles gut werden würde?
Denn eines wusste sie nicht: Ob sie ihn vor dem Erwachen im Traum gesehen hatte oder nicht.
13. KAPITEL
Der erste Hinweis darauf, dass keineswegs alles gut war, erfolgte einige Tage später bei ihrer Ankunft auf Burg Pontesse. Denn Hugues’ Schwester Justine kam derart entschlossen über den steingepflasterten Burghof auf die Neuankömmlinge zu, dass Hugues sich ein gequältes Stöhnen verkneifen musste. Schon viel zu lange hatte sie sich ungewohnt zurückgehalten, und nun begriff er, dass er ein Narr gewesen war, anzunehmen, er könne sich an dieses neue Verhalten gewöhnen. Die Hände in die Hüften gestemmt, blieb sie direkt vor ihm stehen, ehe er überhaupt aus dem Sattel steigen konnte. Ihre haselnussbraunen Augen funkelten vor Zorn, und Sophie oder Luc würdigte sie keines Blickes.
„Na, das wurde aber auch Zeit, dass du dich herbemühst“, giftete sie ihren Bruder zur Begrüßung an. „Papa benimmt sich wieder einmal unmöglich. Ich erwarte von dir, dass du ihn zur Räson bringst.“
„Ist er denn wohlauf?“, fragte Hugues, den jetzt, da
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