Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33
Versehen?“, polterte der eine. „Ausgeschlossen!“
„Gänzlich unmöglich!“, bekräftigte der zweite.
Sophie warf ihrem Vater einen Blick zu. Sein Zorn schien verraucht; stattdessen wirkte er plötzlich niedergeschlagen und merkwürdig gealtert. Auf einmal fielen Sophie seine Worte von neulich wieder ein. Bringst du seiner Familie wohl tatsächlich Unglück?, fragte sie sich.
Jedenfalls sah es ganz so aus, als bringe ein Kind der Walpurgisnacht wirklich nichts weiter als Ungemach. Das Herz wurde ihr schwer angesichts ihres Versagens gegenüber denen, die sie mit viel Mühe und Liebe aufgezogen hatten.
„Und was bedeutet das für die weiteren Geschäfte?“, brachte sie stockend hervor und sah, wie Gaillard den Weineinkäufern einen bangen Seitenblick zuwarf.
„Für solche wie dich überhaupt nichts“, schnaubte der Ältere der zwei.
Sophie schlug das Herz bis zum Hals. Hatten die beiden Burschen etwa die Absicht, Gaillard wegen Messbetrugs auf den Index zu setzen?
„Was soll das heißen?“, fragte der Hausherr erzürnt.
Die beiden Kontrolleure wandten sich ihm wieder zu. „Solltet Ihr jemand anderen finden, der Eure Lieferungen beaufsichtigt, so drücken wir ein Auge zu und geben Euch Gelegenheit, den Ruf Eurer Weinkellerei wiederherzustellen“, beschied der Jüngere.
Gaillard sackten die Schultern herunter. „Einer meiner Söhne könnte ihr zur Hand gehen“, schlug er vor.
Der grauhaarige Weineinkäufer winkte abermals energisch ab. „Nein, nein, das reicht uns nicht“, erklärte er und wies mit der Spitze seines trockenen Federkiels auf Sophie. „Wenn die da wirklich diejenige ist, welche dieses Jahr Eure Fässer abgefüllt hat, dann muss sie gehen. Sonst werden wir unseren Wein anderswo kaufen.“
Gaillard drehte sich um und schaute Sophie an. Sie begriff, dass er offenbar nicht gewillt war, sich auf diesen Handel einzulassen, all seinen vorherigen Vorwürfen zum Trotz. Stumm schüttelte sie den Kopf, da sie auf keinen Fall wollte, dass er sein Geschäft aufs Spiel setzte, nur um sie weiter zu beschäftigen. Wieder füllten sich seine Augen mit jener Wehmut.
„Vielleicht lasst Ihr Euch ja überzeugen, wenn ich Euch verrate, dass unser Herr ganz besonders Eure Jahrgänge schätzt“, flüsterte der zweite Weinprüfer, woraufhin der andere beifällig nickte.
Als Gaillard sich ihnen zuwandte, rang sich der Ältere der beiden ein dünnes Lächeln ab. „Nur aus diesem Grund räumen wir Euch die Gelegenheit ein, die Scharte auszuwetzen“, erklärte er forsch. „Drei weitere Kellereien haben ebenfalls falsch geliefert. Deren Rebensaft ist bei Hofe nicht länger erwünscht.“ Jetzt, da ihm der Ernst der Lage richtig bewusst wurde, kostete es Gaillard lediglich einen Wimpernschlag, seine Entscheidung zu treffen. Sophie konnte es ihm nicht verübeln, denn eine andere Wahl blieb ihm nicht.
„Dann soll es meinetwegen eine Änderung geben“, verkündete er grimmig und kritzelte, ohne zu zögern, sein Kürzel auf die ausgerollte Urkunde, genau dort, wo der erste der beiden Prüfer es ihm anzeigte.
Während die Männer den Handel abschlossen, wandte Sophie sich ab und starrte blicklos auf die Fässer ringsum. War es denn wirklich so, dass sie, auch ohne es zu wollen, nur Unheil über Gaillards Haus brachte? Und was sollte nun, da sie zum Unterhalt der Familie nichts mehr beitragen konnte, aus ihr werden?
Hugues musste bloß einen Tag warten, bis er für sich, Luc und die zwei Pferde einen Platz auf einem Handelsschiff gefunden hatte. Trotz der beengten Verhältnisse an Bord schätzte er sich glücklich, hatte allerdings auch ein hübsches Sümmchen in Silber dafür herausrücken müssen. Es war bereits Spätherbst und der Kahn bepackt mit so viel Fässern des neuen Weinjahrgangs, wie er nur tragen konnte auf dieser letzten Lieferfahrt vor Einsetzen der Winterstürme.
Schon als sie die Pferde über die Planken des Landungsstegs lotsten, musterte Luc das Gefährt äußerst argwöhnisch, sodass Hugues ihm beruhigend das dunkle Haar zauste, wusste er doch, dass der Junge noch nie eine Seereise erlebt hatte.
„Ist ja nur für ein paar Tage“, murmelte Hugues, worauf der Knappe hektisch schluckend nickte.
„Aye, Milord.“
„Und den ganzen Weg segeln wir nah an der Küste entlang.“ Das war geschwindelt, um den Burschen, der den Blick hartnäckig und fest aufs Land richtete, nicht noch mehr zu verunsichern.
Als Luc ihn skeptisch ansah, spürte Hugues, wie ihm die Schamröte ins
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