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Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33

Titel: Ruf der Sehnsucht - Historical Special Bd 33 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delacroix Claire
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vorsichtig. Diesmal war der Unmut der Unbekannten unübersehbar. Das Sonnenlicht fiel voll auf ihr Gesicht; die Stirn in Falten gelegt, wandte sie sich um und betastete eine der Pflanzen, und erst jetzt sah man, dass sie erheblich älter war, als Sophie ursprünglich geglaubt hatte.
    „Dann wird es wohl schwerer, als ich’s mir vorgestellt hatte.“ Mehr sagte die Fremde nicht, sondern drehte sich um und stapfte zu der Hütte. Sophie schwirrten so viele Fragen im Kopf herum, dass sie die Frau nicht einfach davongehen lassen dufte. Deshalb folgte sie ihr durch das kniehohe Gestrüpp.
    „Warte!“, rief sie ihr nach, worauf die Frau auf der Hüttenschwelle innehielt. „Ich verstehe nicht. Was soll schwerer sein? Wieso musste ich mit dir gehen? Wer bist du?“
    Langsam drehte die Angesprochene sich um und musterte Sophie auf eine Weise, die nur Verwunderungausdrücken konnte. „Weißt du wirklich nichts von den Dingen hier?“, fragte sie leise, und als sie Sophies Verwirrung bemerkte, verhärteten sich ihre Züge. Mit wenigen raschen Schritten trat sie auf Sophie zu und durchbohrte sie förmlich mit einem wissenden Blick, unter dem Sophie sich regelrecht wand.
    „Dann weißt du nicht einmal, wer ich bin?“, flüsterte sie.
    Sophie konnte nur den Kopf schütteln. „Nein“, brachte sie hervor, was die Fremde offenbar zu erheitern schien.
    „Man heißt mich Melusine“, verkündete sie und blickte Sophie dabei geradewegs in die Augen. Sophie war klar, dass ihr der Name eigentlich etwas sagen musste, so eindringlich war dieser Blick. Im Augenblick wusste sie jedoch nichts damit anzufangen, wie sie sich zu ihrer Schande eingestehen musste.
    „Kennst du denn nicht die Sage von Melusine?“ Die Fremde schien fassungslos.
    Nochmals schüttelte Sophie den Kopf. „Meine Mutter wollte nicht, dass man sie mir erzählte“, gestand sie schweren Herzens und zuckte erschrocken zusammen, als die Frau in lautes Gelächter ausbrach.
    „Ach, das wollte sie nicht?“, sinnierte sie, wobei ein rätselhaftes Lächeln um ihre Lippen spielte. Fast sah es so aus, als wisse sie ganz genau, wie unbehaglich Sophie zumute war. „Nun, vielleicht war das ein weiser Ratschluss, denn es ist wahrhaftig keine schöne Geschichte“, fügte sie mit so leiser Stimme hinzu, dass Sophie angestrengt die Ohren spitzen musste, um überhaupt etwas zu hören. Dann wandte die Frau sich wieder ab.
    „Aber wozu bin ich hier?“, rief Sophie verzweifelt, der bewusst war, dass sie so bald sicher keine Antworten mehr auf all ihre Fragen bekommen würde.
    Melusine warf einen Blick über die Schulter, lächelte dabei wissend und schüttelte den Kopf. „Ehe man eine Entscheidung trifft, sollte man sich ihrer Tragweite auch bewusst sein.“ Mehr sagte sie nicht, und ehe Sophie noch etwas fragen konnte, war die Frau im Innern der Hütte verschwunden.

10. KAPITEL
    Gervais, der Sohn des Kastellans, empfing Hugues bereits am Torhaus von Burg Pontesse. Hugues ahnte sofort, dass während seiner Abwesenheit manches schiefgelaufen sein musste. Immerhin, so sinnierte er säuerlich, gibt’s doch einiges in dieser Welt, auf das man sich verlassen kann, wobei er es bewusst vermied, zu den im Winterschlaf erstarrten Weiden zu sehen, die ihre gelblichen Finger in den eisigen Burggraben tauchten.
    „Wie steht’s, Gervais?“, fragte er, nachdem die beiden sich begrüßt hatten, und ließ sein Ross in langsamen Schritt fallen, damit der Sohn des Burgverwalters neben ihm einhergehen konnte.
    Gervais verzog das Gesicht. „Ach, Chevalier“, seufzte er, „an sich hatte ich ja gedacht, dass wir noch vor Eurer Abreise die Herbstabrechnungen für den Zehnten fertig haben würden. Leider setzten sich aber etliche Streitigkeiten mit den Dörflern über die Ernte hinweg fort.“
    Hugues war überrascht. „Hat denn mein Vater nicht Gericht gehalten und diese Differenzen beigelegt?“, forschte er. Schließlich waren diese Verhandlungen das einzige Amt, das der Burgherr unverändert mit größter Zuverlässigkeit höchstpersönlich ausführte.
    Gervais wirkte unangenehm berührt und warf Hugues einen verstohlenen Blick zu. „Dem Burgherrn geht es alles andere als gut“, raunte er.
    Hugues’ Herz tat einen Sprung. „Ist er etwa erneut erkrankt?“, fragte er mit trockenem Mund, und als Gervais nickend bejahte, wurde ihm ausgesprochen übel.
    „In den vergangenen Wochen war er mehr oder weniger ans Bett gefesselt“, räumte der Kastellanssohn ein. „Und auf mich

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