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Ruf der Sehnsucht

Ruf der Sehnsucht

Titel: Ruf der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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in Vallans sechs Monate lang in meinem Zimmer gefangen gehalten, saß am Fenster und wünschte mir sehnlichst, ein Blatt zu berühren, einen Grashalm, die samtige Zartheit einer Blüte. Ich atmete die würzige Luft ein und sehnte mich nach meiner Freiheit. Das ist eine Wahrheit, Douglas – aber wirkt sie sich irgendwie auf die Gegenwart aus, oder verändert sie die Vergangenheit?«
    Ohne den Blick von ihm zu lösen, fuhr sie fort: »Ich weinte mir die Augen aus dem Kopf, als du nicht mehr kamst. Justine sagte mir, sie hätte dir mitgeteilt, dass ich ein Kind erwarte, und du hättest daraufhin auf dem Absatz kehrtgemacht. Ich dachte, der Gedanke, Vater zu werden, hätte dich entsetzt – aber offenbar hattest du nichts Eiligeres zu tun, als mit einer anderen ein Kind zu zeugen. Hast du auch in Nova Scotia Kinder zurückgelassen?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Was war ich für ein dummes Kind! Hätte ich dir etwas bedeutet, wärest du nicht fähig gewesen, dich gleich wieder zu verlieben.« Jeanne begann auf und ab zu gehen. »Auch das ist eine Wahrheit, und sie tut weh.« Sie lächelte freudlos. »Es gibt Dinge, die lieber ungesagt bleiben sollten, Geständnisse, die nie abgelegt werden sollten.«
    »Aber auch manche, die unumgänglich sind.«
    Jeanne blieb stehen und drehte sich ihm zu. »Morgen«, sagte sie. »Nehmen wir uns für morgen vor, einander mit Geständnissen und Erinnerungen weh zu tun.«
    Sie trat vor ihn hin, verschränkte die Hände in seinem Nacken. »Schenk mir den heutigen Tag, Douglas. Das ist alles, worum ich dich bitte.«
    Morgen würde sie ihn verlassen – nachdem sie ihm die Wahrheit offenbart hatte, die er so unbedingt hören wollte. Sie würde ihm erzählen, wie sie das Paar aufsuchte, zu dem Justine ihr Kind gebracht hatte. Sie würde ihm kein Detail der grauenhaften Geschichte verschweigen, die sie bis heute in ihren Träumen wiedererlebte. Aber vorher wollte sie auf gebührende Weise von ihm Abschied nehmen.
    Sanft, aber entschieden zog sie seinen Kopf zu sich herunter. »Küss mich«, flüsterte sie dicht an seinen Lippen. Er wollte sich aufrichten, aber sie ließ es nicht zu. »Bitte.« Entweder überwältigte ihn ihr flehender Ton oder seine eigene Sehnsucht – jedenfalls nahm er Jeanne plötzlich in die Arme, presste sie an sich und küsste sie leidenschaftlich.
    Douglas’ Küsse hatten etwas Magisches – sie ließen Jeanne die Welt um sie herum vergessen und machten sie zu einem anderen Menschen. Douglas war ein Rauschmittel, und sie war die arme Süchtige, die für ein paar Augenblicke der Entrückung, wie sie sie jetzt empfand, ihre Seele verkaufen würde.
    Plötzlich ließ er sie los, streifte seinen Rock ab, dann seine Weste und begann, sein Hemd aufzuknöpfen, und die ganze Zeit fixierte er sie mit ernstem Blick, als wären sie beide im Begriff, etwas zu tun, was größere Bedeutung hatte als jedes Zusammensein davor.
    Die vergangenen Wochen hatte Jeanne vor allem eines gelehrt – dass es nie wieder eine Liebe für sie geben würde, weil sie in Zukunft jeden Mann an Douglas messen und keiner diesem Vergleich standhalten würde.
    »Es ist weder der geeignete Zeitpunkt noch der geeignete Ort, Jeanne«, sagte er leise, doch gleichzeitig zog er seine Schuhe aus.
    »Du hast recht«, stimmte sie ihm zu, »aber die Tür lässt sich verschließen, richtig?«
    Er nickte.
    »Dann verschließe sie, Douglas. Lass uns etwas tun, was nicht von Klugheit oder Reife zeugt.«
    Sie fasste ihre Röcke am Saum und drehte sich im Kreis, ahmte nach, was sie als junges Mädchen getan hatte. Sie wollte für einen Augenblick diesen Moment wiederholen und sich darin verlieren. Vergessen, dass es zerstörerische Geheimnisse zwischen Douglas und ihr gab.
    »Bitte.« Sie ließ ihre Röcke fallen und strich den Stoff glatt. Dann streckte sie Douglas die Hände hin. »Komm zu mir.«
    Er ging an ihr vorbei, und für eine Sekunde glaubte sie, er würde sie allein lassen. Doch dann hörte sie das Schloss klicken, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass er seine Halsbinde aufknotete.
    Die Erinnerung an ihn hatte sie davor bewahrt, den Verstand zu verlieren. Sie brauchte diesen Mann wie die Luft zum Atmen. Er war das Blut, das durch ihre Adern floss, das Herz, das in ihrer Brust schlug, ihre Lungen und ihre Gliedmaßen. Er war ihr unvollendeter Satz, ihr halbes Lachen, ihr begonnener Gedanke. Er war ihr Leben.
    Er blieb vor ihr stehen und ließ seine Hände über ihren Körper gleiten, und wie durch

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