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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Zufall entdeckt. Und seither ist Lucy in ihren Augen kein Mitglied des OceanPartner-Projekts mehr, sondern einfach nur ein wichtiges Labortier.«
    Carima war noch nicht sicher, ob sie all das verstand. »Aber wieso sind die Stammzellen einer Krake wertvoll für Menschen ?«
    Leon runzelte die Stirn. »In der medizinischen Forschung werden Stammzellen von vielen Meerestieren eingesetzt – habe ich mal gehört.«
    Carima nickte. »Aber für Lucy ist das alles nicht gut, oder? Das mit dem Letalzeitpunkt …« Es ekelte sie vor diesem bürokratischen Wort.
    »Sie nehmen anscheinend sogar Lucys Tod in Kauf.« Leons Stimme klang grimmig. »Wenn sie noch mehr Zellen entnehmen, stirbt Lucy, aber sie wollen das Zeug unbedingt. Ihr Pech, dass ich es herausgefunden habe!«
    »Vielleicht haben sie schon Ersatz für Lucy …«
    »Darauf kannst du wetten. Wahrscheinlich werden bereits die nächsten Kraken mit diesen Genen gezüchtet. Aber junge Kraken in Gefangenschaft großzuziehen ist nicht leicht, anscheinend brauchen sie meine Partnerin noch.«
    »Erzähl mir am besten von Anfang an, was passiert ist«, bat Carima.
    Fasziniert hörte sie zu, als er von seiner Zeit auf der Thetys erzählte, von seinem Gespräch mit der ARAC-Managerin, von seiner Flucht durch die Tiefsee und von dem, was er am unterseeischen Vulkan Lo’ihi entdeckt hatte. »Was das zu bedeuten hat, weiß ich noch nicht«, sagte er. »Aber es könnte sein, dass es der Schlüssel zu allem ist, was in letzter Zeit im Meer passiert ist. Und auch zu meinem Unfall.«
    Danach waren sie beide nicht mehr in der Stimmung, über all das zu reden, und unterhielten sich über andere Dinge: die NoComs, Deutschland, das Leben in einem Internat, die Farben des Meeres, ihre Freunde. Carima erzählte ein bisschen verlegen, dass sie Filmregisseurin werden wollte, und zum Glück fand er das nicht albern, sondern interessant.
    Carima vergaß die Zeit und erst der ferne Klang einer Glocke rief sie in die Wirklichkeit zurück. »War da irgendwas?«, fragte Leon und Carima nickte. »Eine Art Glocke. Hast du es nicht gehört?«
    Er schüttelte den Kopf. »Meine Gehörgänge sind mit Flüssigkeit gefüllt, das haben sie bei uns allen gemacht. Ohne die Implantate würde ich nicht gerade viel hören.«
    Entsetzt blickte Carima ihn an und erinnerte sich an das, was Billie erzählt hatte. »Sie haben dich absichtlich halb taub operiert, damit du in die Tiefsee kannst? Aber … wieso hast du das mit dir machen lassen? Wieso hat das dein Vormund erlaubt?«
    Einen Moment lang wirkte Leon unsicher – so, als begreife er jetzt erst, dass es an einer solchen Operation etwas auszusetzen gab. »Na ja, man kann’s vermutlich auch rückgängig machen«, sagte er und schien es eilig zu haben, das Thema zu wechseln. »Ich glaube, diese Glocke bedeutet, dass die Abendversammlung bald beginnt. Da muss ich hin. Es gibt jemanden, mit dem ich dort unbedingt sprechen möchte.«
    Er streckte ihr eine Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen, und Carimas Herz machte einen Satz. Sie ergriff seine Hand und mit erstaunlicher Kraft zog Leon sie hoch.
    Selbst wenn er nicht besonders gut hörte, sein Orientierungssinn war anscheinend tausendmal besser als ihrer – er schaffte es auch in der Dunkelheit ohne große Mühe, zur Siedlung zurückzufinden.

Ellyn
    Carima gelang es doch immer wieder, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen! Gerade hatte Leon sich mit dem Gedanken abgefunden, dass Lucy für die ARAC ein Labortier geworden war, da musste er sich plötzlich die Frage stellen, wer denn eigentlich hier das Versuchsobjekt war. War es wirklich in Ordnung, einen gesunden Jungen so zu operieren, wie sie es mit ihm gemacht hatten? Okay, es war sein größter Wunsch gewesen, auch in die Tiefsee tauchen zu können, aber war er mit zwölf überhaupt schon reif genug gewesen, über seine ganze Zukunft zu entscheiden? Und Tim … hatte nicht etwa Stopp gesagt, sondern nur »Okay, wenn du es wirklich willst«.
    Bevor er den Gedanken zu Ende führen konnte, waren sie schon beim Versammlungshaus angekommen. Es war ein warmer Abend, und die NoComs hatten Decken und Kissen nach draußen geschafft und saßen im Kreis auf dem Platz aus festgestampfter Erde. Hier und da waren entlang des Kreises Feuerschalen aufgestellt und es roch nach Rauch und Essen. Leon suchte Hope und Leah und setzte sich mit Carima neben sie, etwas außerhalb des Kreises. Carima wurde freundlich begrüßt. Doch aus der Richtung einiger anderer NoComs –

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