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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Johnny, Big T., Charlene – kamen skeptische Blicke. Wahrscheinlich waren sie längst noch nicht sicher, ob Leon nicht doch der Feind war, ob sie ihn in ihrer Mitte dulden und ihm helfen sollten. Würden sie versuchen, etwas gegen ihn zu unternehmen?
    Drei junge NoComs teilten gerade laulau aus, in Taro-Blätter gewickeltes, gedünstetes Gemüse mit Reis. Auch Leon und Carima bekamen ihren Anteil und Leon fiel hungrig darüber her.
    Carima leckte sich die Finger ab. »Das ist das beste laulau , das ich bisher gegessen habe. Meine Mutter würde wahrscheinlich töten, um an das Rezept heranzukommen.«
    »Und ich würde wahrscheinlich töten, um an eine zweite Portion zu kommen.« Leon versuchte herauszukriegen, ob es einen Nachschlag gab, und dabei entdeckte er Mo. Er saß rechts von ihm, etwa sieben oder acht Plätze weiter – und er sah Leon mit unverwandtem Blick an. Eine Gänsehaut überlief Leon und der Appetit verging ihm wieder. Wie er schnell feststellte, war Mo nicht der Einzige, der ihn beobachtete. Eine Frau, die auf der entgegengesetzten Seite des Kreises saß, ließ ihn ebenfalls nicht aus den Augen. Wer zum Teufel war das? Leon war ihr bisher noch nicht begegnet – sie war etwa Ende dreißig, hatte glatte, blonde Haare, die ihr auf den Rücken fielen, und ein ernsthaftes Gesicht mit klugen Augen.
    Während des Essens wurde geschwatzt und gelacht, doch danach senkte sich eine feierliche Stimmung über die Gruppe und Stille breitete sich aus. Die NoComs ergriffen sich an den Händen. Nur Leon selbst und Carima blieben außen vor. Sie tauschten einen schnellen Blick und beobachteten, wie Old Joe feierlich die verkratzte Sonnenbrille absetzte und in seine Brusttasche schob. Seine ganze Gestalt schien sich zu straffen, mit der Würde eines Buddhas saß er nun auf seinem Kissen. Er schloss die Augen, dann nahm er das Triskell, das er um den Hals trug, in beide Hände – und die anderen NoComs taten es ihm gleich.
    »Sprechen wir gemeinsam«, sagte er so laut und kräftig, dass es über den ganzen Platz schallte, dann senkte er die Stimme wieder, ließ sie mit dem Klang der anderen verschmelzen.
    » We will honor and cherish every living thing,
    we will care for the earth with all our tenderness.
    And wherever we go, whatever we do …
    we will leave nothing but footprints.«
    Leon ließ die Worte auf sich wirken und merkte erstaunt, dass sie ihm gefielen. Die Erde konnte es gebrauchen, dass man sich zur Abwechslung mal liebevoll um sie kümmerte …
    Ein kurzes Schweigen senkte sich über den Platz, dann zeichnete Old Joe mit einem Stock einen Kreis in die Mitte des Platzes und sagte: »Es ist Zeit, Zeugnis abzulegen für die Dreiheit der Dinge. Wer will beginnen?«
    Zu Leons Überraschung war es Hope, der sich meldete. »Ich«, sagte er. »Ich werde Zeugnis ablegen für das Land.« Leon sah zu ihm hoch, als er aufstand und langsam, wie es seine Art zu sein schien, in die Mitte des Kreises ging.
    »Heute habe ich Bohnen gepflanzt«, sagte Hope schlicht. »Die Erde fühlte sich warm an unter meinen Füßen und ich habe jeder Bohne ihren Platz darin verschafft. Ich habe ihnen Wasser gegeben, um sie zum Leben zu erwecken, und es wird ein Geschenk sein, sie wachsen zu sehen.« Er zögerte kurz und ein Grinsen huschte über sein Gesicht. »Natürlich habe ich auch daran gedacht, wie lecker sie später mal schmecken werden mit einem Klecks Butter darauf.«
    Er nahm den Stock und zeichnete mit langsamen, feierlichen Bewegungen eine geschwungene Linie in den Kreis im Sand.
    Ein Mädchen, das Leon nicht kannte, legte Zeugnis ab für den Himmel und erzählte davon, wie sie eine der seltenen Nene-Gänse Hawaiis hatte vorbeifliegen sehen und was ihr dabei durch den Kopf gegangen war. Der Kreis erhielt seine zweite Linie.
    Gespannt wartete Leon ab, wer Zeugnis für das Meer ablegen würde. Wie sich herausstellte, ein junger Mann von etwa Mitte zwanzig. »Heute bin ich beim Surfen unter Wasser gedrückt worden, das Meer hat mich wieder mal spüren lassen, welche gewaltige Kraft in jeder einzelnen Welle steckt. Es ist ein unglaubliches Gefühl, diese Kraft zu nutzen, mit ihr im Einklang zu sein.« Er hob den Stock auf, zeichnete den dritten Kringel.
    Das Triskell im Sand war vollendet, und der Kreis der Menschen löste sich langsam auf, wurde zu lockeren Grüppchen, die sich unterhielten. Leon suchte mit den Augen nach Mo und fand ihn nicht; er war genauso lautlos und unbemerkt wieder verschwunden, wie er gekommen

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