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Ruf Der Tiefe

Ruf Der Tiefe

Titel: Ruf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Brandis , Hans-Peter Ziemek
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Medical Centers nach drinnen zu locken. Obwohl es Kraken eigentlich nichts ausmachte, das Wasser eine Weile zu verlassen.
    Ich will nicht, ich will nicht, neinnein, scheußlich! Ihre Gedanken schnitten durch seinen Geist, und es kostete Leon Mühe, sie auszuhalten.
    Komm schon, meine Kleine. Sei tapfer. Wird bestimmt nicht so schlimm. Ich werde die ganze Zeit über an deiner Seite bleiben.
    Tapfer! TAPFER! Blöde Worte, bedeuten nichts! Hartnäckig klammerte sich Lucy mit den Saugnäpfen an der Außenseite der kleinen Schleuse fest.
    Leon seufzte. Tut mir leid, Lucy, ich werde sie in Zukunft vermeiden, aber jetzt KOMM schon, sonst wird McCraddy sauer!
    Als er Lucy eine Stunde später endlich an Bord hatte und sich sämtliche acht Arme seiner Krake in dem flachen Stahlbecken des Tierarztraums ringelten, fühlte sich Leon seelisch völlig erschöpft. Er ließ die Hand über Lucys glänzenden Körper gleiten. Ihre Haut hatte sich grau gefärbt, doch das bedeutete nicht, dass sie krank war – wie ein Chamäleon passte sie ihre Farbe dem Untergrund an, fast alle Kraken und Tintenfische beherrschten diesen Trick.
    McCraddy nickte zufrieden, als er hereinkam und Lucy sah, doch Leon war weniger glücklich. Hätte der Tierarzt nicht mal etwas anderes anziehen können als diese scheußliche grüne Gummischürze, auch wenn sie sich vielleicht beim Reinigen von Hundezwingern bewährt hatte? Lucy hasste den Geruch und Geschmack von Gummi, das Ding musste eine Qual für ihre feinen chemischen Sinne sein.
    »So, legen wir los«, sagte McCraddy kurz angebunden, trug noch etwas in ein Formular ein und schob sich einen Nikotin-Kaugummi in den Mund, weil er anscheinend immer noch seinen Zigarillos nachtrauerte. Wenn er sich um Billies Pottwal Shola kümmerte, dann leuchtete aus seinen Augen eine jungenhafte Begeisterung, doch für Lucy hatte er selten ein freundliches Wort übrig. Leons Theorie war, dass McCraddy Weichtieren nicht viel abgewinnen konnte. Wahrscheinlich dachte er, dass ein Tier, das mit Schnecken verwandt war, unmöglich so intelligent sein konnte wie ein Wal.
    Doch immerhin – dass er ein guter Tierarzt war, stand außer Zweifel. Sogar in der Forschung hatte er schon mitgemischt, soweit Leon wusste. McCraddys wuchtiges Gesicht mit der großen Nase war ruhig und konzentriert, während er Lucys innere Organe mit Ultraschall überprüfte, sie auf Parasiten untersuchte und eine Blutprobe nahm. Fast durchsichtig und leicht bläulich war dieses Blut – die Blutkörperchen enthielten nicht wie beim Menschen Eisen, sondern Kupfer.
    »Sieht bisher alles gut aus«, sagte McCraddy schließlich. »Nur da vorne hat sie eine leichte Verletzung, wahrscheinlich ist ihr beim Seebeben ein Stein auf den Arm gefallen, oder?«
    Lautlos fragte Leon nach und gab zur Auskunft: »Nein, sie hat sich an einem Seeigel gestochen.«
    »Wie auch immer. Das haben wir gleich.« Der Tierarzt sprühte die Stelle mit einem Betäubungsmittel ein, nahm den Kopf des tragbaren medizinischen Lasers und richtete den Lichtstrahl auf die kleine Verletzung, die sich innerhalb von Millisekunden schloss.
    Lucy war keineswegs dankbar. Nicht es ist nötig, morgig ist alles gut , ätzte sie, und Leon wusste, dass es stimmte, ihr Körper heilte auch von selbst sehr schnell. Als Jungtier hatte Lucy mal einen ihrer Arme an einen Hai verloren – innerhalb von drei Wochen war das Ding von selbst nachgewachsen, heute war dieser Arm von den anderen nicht mehr zu unterscheiden.
    Jetzt kam der schlimmste Teil der Untersuchung, der, vor dem sich Lucy am meisten fürchtete – die Entnahme von Zellen aus ihrem Kopf. Inzwischen war Greta Halvorsen hereingekommen, sie war es, die diesen Teil der Untersuchung leitete.
    Beruhigend streichelte Leon seine Krake, während McCraddy ein Betäubungsmittel injizierte. Dann schob Greta langsam und vorsichtig eine lange Nadel in Lucys Kopf.
    Weg will ich, weg, weg!, jammerte Lucy mit starren Augen, und Leon musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht einfach die Faust auf den Schleusenknopf zu knallen und sie fliehen zu lassen, hinaus ins dunkle Meer. Ihre Angst und ihr Schmerz schwappten auf ihn über, bis ihm selbst Tränen in den Augen standen. Das passierte jedes Mal bei der »Prozedur« und vermutlich hielten McCraddy und Greta ihn deswegen schon längst für einen Waschlappen.
    Mit fasziniertem Blick hielt Greta das Glasgefäß mit der Zellprobe gegen das Licht. »Wunderbar. Ist ja wieder bestens gelaufen. Ich bringe das Zeug

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