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Ruf der Toten

Ruf der Toten

Titel: Ruf der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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zu ihnen, was Philip nur noch mehr in Rage versetzte. Was wollte der hier? »Ich hole die Bilder jetzt gleich noch nach, das verspreche ich Ihnen.«
    Fankow schüttelte den Kopf. »Lass gut sein.«
    »O Mann, das ist nicht fair.«
    »Philip«, sagte Dehnen, »es wäre besser, wenn du…«
    »Du hältst dein Maul!«, herrschte ihn Philip an.
    »Ruhig«, sagte Dehnen und hob beschwichtigend die Hände, als beruhige er ein Pferd, das drauf und dran war durchzugehen.
    »Lass mich in Frieden!«, knurrte Philip und funkelte den Fotografen böse an. Doch der dachte nicht daran, in sein Büro zu verschwinden.
    »Philip«, setzte er wieder an. »Irgendwann ist es…«
    »WAS?«, keifte Philip und baute sich vor dem kleinen Mann auf. Unbändige Wut ließ ihn seine Finger zu Fäusten ballen, Dehnen wich einen Schritt zurück. »Irgendwann werde ich dir noch mal…«
    Eine schwere Hand legte sich auf Philips Schulter. »Ich glaube«, sagte Fankow mit mahnender Stimme, »es ist besser, wenn du jetzt gehst.«
    Philip riss sich von der Hand los. Mit dem Becken knallte er gegen die Vitrine. Zornig versetzte er ihr einen Tritt, die Scheiben klirrten, der Schrank wankte. Für einen Augenblick sah es so aus, als würde er das Gleichgewicht wiederfinden, dann neigte er sich zur Seite und fiel krachend um. Das Scheppern des zerberstenden Glases erfüllte hundertfach den Flur. Aus den Zimmern eilten besorgte Redakteure. Philip stürmte wutentbrannt an ihnen vorbei zum Fahrstuhl. Hinter ihm erschall Fankows Stimme: »Und wenn du dich bis morgen beruhigt hast, kannst du deine persönlichen Unterlagen abholen.« Wie er vermutet hatte: Der Tag endete beschissen.

London
     
     
     
    Irgendwann nickte Paul ein. Sein Kopf sank erschöpft auf Beas Krankendecke, noch immer streichelte er ihre Hand. In seinem Traum irrte er durch einen Dschungel, aus dem es kein Entrinnen gab.
    Erst als etwas neben seinem Ohr laut aufjaulte und das Trommelfell zu zerplatzen drohte, zerfiel der Traum in tausend kleine Splitter, hinter denen die Realität scharf zum Vorschein kam. Und sie erwies sich als nicht weniger bedrohlich.
    Die Instrumente neben Beas Bett spielten verrückt. Sofort war er hellwach. Rote und blaue Lichter blinkten auf. Der grüne Zickzackstreifen auf dem kleinen Sichtgerät vollführte einen aberwitzigen Tanz. Eine Glocke schrillte laut und trug den Alarm bis auf den Flur. Das Crescendo der Signale war kein gutes Omen. Doch wo, verdammt, blieben die Pfleger? Wo die Ärzte?
    Paul sprang von seinem Holzschemel auf. Sein Blick eilte hektisch zwischen der Tür, durch die noch immer niemand kam, und seiner Freundin hin und her. Sie lag unter der Decke, stumm und mit geschlossenen Augen, als ginge sie das ganze Spektakel nichts an.
    »Bea!«, rief er, obwohl er wusste, dass sie ihn nicht hören konnte, nicht bei dem Krach, der den Raum erfüllte. Er griff nach ihrer Hand. Beinahe erschrak er. Ihre Finger waren heiß, sie glühten förmlich vor Hitze. Er schöpfte Hoffnung. Wärme war ein Zeichen für Leben, oder nicht?
    Noch immer ließ sich niemand vom Pflegepersonal blicken. Ihm war, als sei bereits eine halbe Ewigkeit vergangen, seit die Armaturen begonnen hatten, Alarm zu schlagen. Was zum Teufel trieben die Ärzte, dass sie nicht auf das Fiepen und Pfeifen reagierten?
    »Bea!«, wiederholte er und merkte nicht, wie wieder Tränen aus seinen Augen quollen. Um nichts in der Welt wollte er sie loslassen, nicht in diesem Augenblick, wo die Hoffnung neue Nahrung bekam. Er wollte bei ihr sein, wenn sie erwachte, ja, er wollte das Erste sein, was sie zu Gesicht bekam, wenn sie die Augen aufschlug. Er wollte an ihrer Seite sein, in schlechten wie in guten Zeiten. Das hatte er ihr in vier Monaten schwören wollen – vor dem Traualtar –, und was in vier Monaten richtig war, das hatte hier und heute nicht weniger Bedeutung. Aber wenn nicht endlich etwas passierte, dann… Er löste sich von seiner Freundin, durchquerte das Zimmer und stürmte einer Schwester geradewegs in die Arme.
    »Zur Seite, zur Seite«, rief sie und schubste ihn barsch von sich.
    »Wo haben Sie gesteckt?«, fragte er und schrie, als sie nicht antwortete: »Wo, verdammt noch mal, haben Sie gesteckt?«
    Die Schwester schenkte ihm keine Beachtung. Sie stellte sich neben das Bett und warf einen Blick auf die flackernden Dioden. Sie war noch jung und offenkundig in dieser Sekunde hoffnungslos überfordert. Sie drückte einen Knopf, betätigte einen Hebel, es hatte den Anschein, als

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