Ruf der Vergangenheit
seinen festen Schritten mit den Augen zu folgen; er setzte sich neben sie auf das Sofa. „Newsnet“, sagte er und nahm die Fernbedienung. „Der Propagandakanal des Rats.“
Angesichts seiner Arroganz verflog ihre Starre. „Das stimmt nicht.“ Sie versuchte ihm die Fernbedienung wegzunehmen, aber er hielt sie außerhalb ihrer Reichweite. „Was soll das?“
„Hier.“ Sie spürte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, als er einen weniger bekannten Kanal einschaltete. „CTX solltest du dir ansehen – die haben Ashayas Geschichte gebracht und zeigen im Augenblick eine Serie von Berichten über kürzlich geschehene Gewalttaten von Medialen.“
Trotz ihres Ärgers wollte und konnte sie nicht von ihm abrücken und sah auf den Bildschirm. „Ziemlich lebendig.“ Kein Newsnet-Reporter würde je so ausladende Gesten machen oder eine so emotional gefärbte Sprache benutzen.
„Hmm.“ Dev nahm sich etwas von dem Studentenfutter und warf es sich so geschickt in den Mund, dass sie von einem Bericht über einen Aufstand in Sri Lanka abgelenkt wurde.
Sie holte tief Luft und versuchte sich zu konzentrieren, doch Devs kräftiger Geruch, der ein wenig metallisch war, nahm sie gefangen. Er sah sie an, und einen Augenblick lang blieb die Welt stehen. Dann legte er seinen Arm um sie.
Sie wehrte sich. Denn sie hatte die Schatten in seinen Augen gesehen. „Was geschieht, wenn wir wieder in New York sind?“
„Später, Katya.“
Sie schüttelte den Kopf, drehte sich zur Seite und stieß ihn gegen die Brust. „Seit gestern Abend brauchst du dich nicht mehr verstellen.“ Seit ihrem schmerzhaft ehrlichen Kuss.
Er drückte ihre Hand fest an seine Brust, gegen die Muskeln, die sie so gerne gestreichelt hätte. „Nur noch ein paar Stunden“, sagte er, und sein Blick enthielt vieles, was er nicht aussprach. „Willst du das hier so schnell beenden?“
Nein, dachte sie, sicher nicht. Selbst wenn diese Beziehung nur aus Hoffnungen bestand, die im harten Licht der Realität zu Staub wurden, klammerte sie sich mit aller Kraft daran. Sie zog die Füße auf die Couch, legte den Kopf an seine Schulter und drückte ihm die Finger spielerisch in die Brust.
Sein Kinn streifte ihr Haar. „Schau mal.“
Die Gefühle hatten sie so durcheinandergebracht, dass sie einen Moment brauchte, um zu begreifen, was die Reporterin über Sri Lankas Hauptstadt berichtete. „Sie spricht über Mediale.“ Ihr Mund klappte auf. „Mediale sollen einen Anschlag auf ein Regierungsgebäude verübt haben.“
Dev legte die Hand auf ihr Knie. „Sie waren nur zu viert“, murmelte er, „aber nicht einmal diese vier sollte es unter Silentium geben.“
„Das ist Shoshanna Scott!“ Wenn Dev sie nicht festgehalten hätte, wäre sie bei dem plötzlichen Ansturm von Erinnerungen hochgesprungen.
Die schlanke brünette Frau auf dem Bildschirm wartete, bis die Reporter schwiegen, dann gab sie eine Erklärung ab. Ihre blassblauen Augen bildeten einen starken Kontrast zu dem dunklen Haar und der elfenbeinfarbenen Haut. Shoshanna Scott war nicht ohne Grund das öffentliche Gesicht des Rats – ihre zarte Schönheit ließ die Leute vergessen, dass Mediale ausschließlich von ihrem Verstand gesteuert wurden.
„Dieser Vorfall“, sagte sie mit klarer Stimme, „ist unter dem Einfluss von Jax geschehen.“
Katya konnte es nicht glauben – ihre bruchstückhaften Erinnerungen sagten ihr, dass der Rat bislang alles darangesetzt hatte, das Drogenproblem der Medialen zu verschleiern.
„Unglücklicherweise“, fuhr Ratsherrin Scott fort, „ist die Anfälligkeit für den Jax-Missbrauch keine genetische Disposition, die wir schon vor ihrem Eintreten feststellen könnten.“
„Ratsherrin!“ Ein kleiner Mann mit stoppligem schwarzem Haar stand auf, er hatte Augen wie ein Rottweiler. „Es gibt Gerüchte, die Medialen, die das hier zu verantworten haben, hätten ihren Gefühlen nachgegeben. Was sagen Sie dazu?“
„Völlig lächerlich. Normale Mediale haben keine Gefühle.“
„Sehr clever“, sagte Dev leise, seine Hand strich über Katyas Unterschenkel, sie konnte sich nur schwer konzentrieren. „Sie schließt die vier aus, macht sie quasi zu etwas Unnormalem.“
Ein weiterer Journalist erhob sich, Dev zog ihre Beine auf seinen Schoß. „Dev –“
„Schsch.“ Sein Blick war auf den Bildschirm gerichtet, aber seine Finger strichen weiter leicht über ihre Wade. „Hör zu.“
Sie zwang sich zur Konzentration, bekam aber nur den zweiten Teil der
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