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Ruf der Vergangenheit

Ruf der Vergangenheit

Titel: Ruf der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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aber er würde nicht den Fehler begehen, zu glauben, sie hätte ihre Fluchtpläne aufgegeben – und wollte nicht mehr nach Norden.
    Ihr Blick richtete sich auf die Tür, als er ihre Tasche abstellte. „Du wirst mich einschließen, nicht wahr.“ Das war keine Frage.
    Das traf ihn hart, wie ein doppelter Schlag in den Magen. Denn obwohl ihm bewusst war, dass sie in sein Leben geschickt worden war, um ihm zu schaden, drang sie weiterhin durch alle Abwehrmechanismen. „Ich kann nicht zulassen, dass Shine die Aufsicht über dich verliert.“ Es war immerhin möglich, dass man sie programmiert hatte, Akten, Informationen und sogar bestimmte Personen zu suchen und zu vernichten.
    „Dass du die Aufsicht über mich verlierst, meinst du wohl.“ Ihre Wangenknochen zeichneten sich deutlich unter der Haut ab, die allerdings inzwischen einen gesunden goldenen Ton angenommen hatte.
    „Ja.“ Mit einer Lüge würde er nichts erreichen. „Mein Volk hat Vorrang – das solltest du nie vergessen.“
    Sie drehte ihm den Rücken zu und ging zum Fenster. „Wie lange wirst du mich festhalten?“
    Er unterdrückte den Wunsch, zu ihr zu gehen und sie wie in Vermont in die Arme zu nehmen, schob beide Hände in die Hosentaschen. „Zunächst mal – etwa eine Woche.“
    „Das ist keine Antwort auf meine Frage.“
    „Du kennst die Antwort.“ Er starrte auf ihren Rücken; sie sollte sich umdrehen, damit er sich weniger monströs vorkam. „Wusstest es von Anfang an.“
    Sie berührte die Fensterscheibe. „Du wirst mich so lange festhalten, wie nötig. Auch wenn es Jahre dauert.“
    Die völlige Ausdruckslosigkeit ihrer Stimme war wie ein weiterer Schlag in den Magen. Zum ersten Mal hörte sie sich wie eine Mediale an. Als hätte er etwas in ihr zerstört. „So lange sicher nicht“, sagte er. „Wir werden bestimmt eher Bescheid wissen.“ Er würde jeden verfügbaren Kontakt aktivieren.
    „Und was dann?“ Endlich drehte sie sich um, ihr Blick war genauso leer wie ihre Stimme. Die Frau, die er gestern Nacht in den Armen gehalten hatte, war … verschwunden. „Solange ich mich im Medialnet befinde, bin ich eine Bedrohung. Und es gibt keine Möglichkeit, mich da rauszuholen. Patt.“
    Eine Stunde später betrat Dev eine andere Gästewohnung. Eigentlich hatte er sofort, nachdem er Katya ihr Zimmer gezeigt hatte, dorthin gehen wollen, aber er war nicht in der Stimmung gewesen, einem traumatisierten Kind gegenüberzutreten, solange er sich selbst als Täter fühlte.
    Sein Mund war ein dünner Strich. Nani hatte recht: Das war kein Zufall – irgendjemand hatte sich ganz genau überlegt, wie Katya beschaffen sein musste, damit ihre Verletzlichkeit unmittelbar an seine Instinkte appellierte. Gekaufte Verräter raubten ihm keinen Schlaf, auch diejenigen nicht, die von Hass getrieben wurden. Sein schwacher Punkt waren geschlagene und misshandelte Frauen.
    Dieses Wissen hätte seine Reaktion auf die Frau im zwölften Stock zunichtemachen sollen, doch es zeigte ihm nur das Ausmaß seiner Schwäche.
    „Dev.“
    Er hob den Kopf, als er Glens Stimme hörte, und blickte auf die Tür zu seiner Linken. „Der Junge ist da drin?“
    Glen nickte. „Wir haben ihn hergebracht, nachdem er das Bewusstsein wiedererlangt hatte. Hier oben ist es gemütlicher als unten im Krankenhaustrakt.“
    „In Ordnung – wer bewacht ihn?“ Die körperlichen Kräfte des Jungen machten ihm keine Sorgen, aber die geistigen. Bei der jüngeren Generation kamen tödliche Fähigkeiten zum Vorschein.
    „Tag ist bei ihm“, sagte Glen. „Ich fand es besser, einen Telepathen für unseren Telepathen hinzuzuziehen.“
    Dev hatte bereits Tags ganz besondere geistige Energie wahrgenommen. Als einer der wenigen reinen Telepathen im Schattennetz hatte er eine schreckliche Kindheit gehabt. Manche meinten, es grenze an ein Wunder, dass Tag nicht verrückt geworden sei. Dev war anderer Meinung – Wunder hatten nichts damit zu tun, Tag war einfach ein harter Hund. „Hat der Junge noch irgendetwas gesagt?“
    Glen rieb sich das Gesicht, Dev hatte ihn noch nie dermaßen abgespannt erlebt – als könnte er jeden Augenblick unter dem Druck des Erlebten zusammenbrechen. „Was hast du, Glen?“
    „Der Junge – Cruz ist sein Name – ist ziemlich schlimm dran. Die Medikamente haben nicht nur seinen Geist blockiert, sondern auch insgesamt seine Entwicklung verzögert.“
    „Verdammt.“ Ähnlich wie Mediale, und je nachdem, wie stark sich das Erbe in den Genen äußerte, vertrugen

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