Ruf der Vergangenheit
letzte Folter, die letzte Auslöschung ihres Geistes erinnern.
„Aber ich lebe noch, du Scheißkerl“, flüsterte sie und richtete sich wieder auf, obwohl ihr immer noch übel war und Blut aus ihrer Nase tropfte. Sie wischte es sich ab und starrte auf die Tür. „Du hast mir die Freiheit gegeben, indem du mich eingesperrt hast.“ Denn so hatte sie aus dem Medialnet nichts zu befürchten. Niemand konnte sie ausspionieren. Niemand konnte sie aufhalten.
Sie musste nur aus diesem Haus herauskommen.
Was schon aufgrund der drei anderen Personen schwierig genug war. Alle drei waren gefährlich. Besonders Dev … sie wollte sich nicht einmal einen Kampf mit ihm vorstellen.
Aber es gab auch noch einen Vierten im Haus. Einen Telepathen.
Er hatte während Saschas Besuch mit ihr Kontakt aufgenommen – sie hatte keine Ahnung, wie er Tag umgangen hatte. Er war so überrascht gewesen, dass sie sich nicht zurückgezogen hatte. Und er hatte mit ihr gesprochen.
Tut mir sehr leid, dass sie dich beim letzten Mal verscheucht haben.
Die Stimme war so klar, dass sie ihre Antwort nicht an einen bestimmten Empfänger richtete und hoffte, er würde es begreifen. Sie haben nur versucht jemanden zu schützen. Diesen Telepathen nämlich, wurde ihr klar, und sie könnte die Information nicht mehr aus ihrem Gedächtnis tilgen. Sie musste also dafür sorgen, dass nie mehr jemand in ihren Kopf eindrang . Du dürftest nicht mit mir reden. Zieh dich zurück.
Schweigen. Du bist wie ich. Du hast auch Angst.
Ich kämpfe dagegen an, antwortete sie ganz ehrlich. Und du?
Ich mag Dev – bei ihm fühle ich mich sicher.
Geht mir genauso.
Wieder Schweigen. Warum willst du weg?
Beeindruckend, wie leicht er diesen Gedanken aufgenommen hatte, auch wenn sie sich gerade nicht damit beschäftigte. Es schickt sich nicht, die Gedanken von anderen auszuspionieren.
Er schwieg so lange, dass sie schon dachte, er sei fort. Entschuldigung. Leise. Sehr, sehr leise. Ich kenne die Regeln noch nicht.
Schon in Ordnung. Wir haben alle mal angefangen. Sie wollte ihm helfen und fuhr mit ihren Erklärungen fort. Du musst nur immer daran denken, dass du anderen nichts antust, was du selbst auch nicht ertragen könntest.
Verstehe. Ich werde dir deine Gedanken nicht mehr wegnehmen.
Danke.
Aber nun ist es passiert – warum willst du weg?
Ich muss etwas erledigen. Der Drang dazu war so stark, dass sich fast das Fleisch von ihren Knochen löste, ein heimlicher Wunsch. Doch was für Geheimnisse konnte sie schon haben? Ming hatte ihr doch alles genommen.
Ein übermütiger Funke sprang zu ihr über, der sich so neu anfühlte, als hätte der Junge noch nie gespielt. Ich könnte dir helfen.
Nein, ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen.
Jungs sind immer in Schwierigkeiten, hat meine Mom gesagt.
Die Traurigkeit in seinen Worten machte ihr das Herz schwer. Sie hatte wahre Wunderdinge über Sascha Duncan gehört und hoffte nun, dass alle Gerüchte wahr wären. Vielleicht konnte die Kardinalmediale das gebrochene Herz des Jungen heilen.
Das könnte wohl wahr sein!
Ich habe einen Plan. Zögernd.
Trotz allem bezaubert, sagte sie: Okay. Wie sieht er aus?
Schon während er seinen Plan vor ihr ausbreitete, dachte sie, die einfache Strategie könnte vielleicht besser funktionieren als all ihre Überlegungen. Doch alles hing davon ab, ob der Junge sich lange genug wach halten konnte.
Nun wartete sie.
Als er schrie, sprang sie fast an die Decke. Schlich leise zur Tür. Jemand rannte an ihrem Zimmer vorbei zum vorderen Teil des Hauses, Katya öffnete die Tür und trat auf den Flur. Mit angehaltenem Atem ging sie an einer offenen Tür vorbei, aus der Stimmen nach draußen drangen. Die Eingangstür war verschlossen und gegen unerlaubtes Eindringen mit einer Alarmanlage gesichert.
Die Zeit lief ihr davon, sie musste nachdenken. Sie könnte ein Fenster einschlagen, aber wahrscheinlich würde sie keinen Meter weit kommen, Tag, Dev oder Tiara würden sich vorher auf sie stürzten.
Du bist doch Wissenschaftlerin.
Mit klopfendem Herzen kroch sie auf allen vieren zurück durch den Flur, ging kurz in ihr Zimmer und dann in die Küche, wider alle Vernunft hoffend, ihr junger Mitverschwörer würde die anderen noch ein paar Minuten länger aufhalten.
Wie erwartet, stand eine frische Kanne Kaffee auf dem Tresen. Wahrscheinlich würden nur zwei von ihnen daraus trinken, da immer einer keine Schicht hatte, aber ihre Chancen würden sich verbessern. Sie holte die Medikamente
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