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Ruf der verlorenen Seelen

Ruf der verlorenen Seelen

Titel: Ruf der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derting Kimberly
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– oder besser wer – in dem Container war,
drückte die Last sie nieder.
    Sie schaltete den Fernseher aus und ging zurück in ihr Zimmer.
Sie wusste, sie würde keine Ruhe finde, bis die Familie
des Jungen ihn wiederbekam und beerdigen konnte.
    Sie setzte sich aufs Bett. In ihrem Zimmer musste sie wenigstens
keinen normalen Alltag überstehen.
    Hier konnte sie sein, ohne verbergen zu müssen, was sie
wirklich war: ein Mädchen, das Tote aufspüren konnte.

5. Kapitel

    Violet stand vor der Cafeteria und hoffte, dass Jay bald kam.
Sie brauchte ihn als Stütze, als sicheren Halt.
    Sie fühlte sich so ausgeliefert. Ihre Haut brannte und sie war
so nervös, dass sie fast zitterte.
    Sie wusste natürlich, woher das kam, aber das machte es
nicht besser.
    Violet hörte ihren Namen und blickte langsam auf. Sie sah
Lissie Adams und ihre Freundin, von der sie gerade nicht mehr
wusste, wie sie hieß – Violets Hirn war zu vernebelt. Sie versuchte,
aus Lissies Blick schlau zu werden. War es Verachtung,
was darin lag, oder Abscheu? Vermutlich eine Mischung aus
beidem.
    Chelsea und Jules, die zusammen mit Violet warteten, sahen
es auch.
    Â»Hau ab, Lissie«, sagte Chelsea und stellte sich vor Violet.
    Â»Halt dich lieber an deinesgleichen.«
    Â»Misch du dich da nicht ein, Morrison. Dich geht das gar
nichts an, ich wollte nur mit Violet reden.«
    Chelsea trat einen Schritt vor, bis sie Nase an Nase mit Lissie
stand. »Tja, zufällig hat Violet aber keine Lust, sich deinen
Müll anzuhören. Außerdem wissen doch alle, dass du nur
angepisst bist, weil Jay nicht auf solche Schlampen wie dich
steht.«
    Lissies Lippen wurden schmal, ihr Gesicht wurde blass. Das
war ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen, so viel wusste
Violet, auch wenn sie durch einen Vorhang vom richtigen
Leben abgeschirmt war.
    Sie wandte sich ab, ihre Freundinnen würden das schon regeln
und sich um sie kümmern, bis Jay auftauchte.
    Neben ihr stand ein Mädchen, das sie nicht kannte, und wartete
stumm. Violet hatte das deutliche Gefühl, dass das Mädchen
zu ihrer Gruppe gehörte, dass sie sie eigentlich kennen
müsste, aber sie war völlig durcheinander.
    Das Mädchen lächelte, ein freundliches Lächeln, aber Violet
drehte sich weg und starrte zu Boden. Sie versuchte, alles um
sich herum auszublenden. So war es einfacher.
    Und dann flatterte ihr Herz – das erste Anzeichen, dass es
noch schlug – beim Klang von Jays Stimme. Sie schaute nicht
auf, gab nicht zu erkennen, dass sie ihn bemerkt hatte. Empfand
nur flüchtig Dankbarkeit dafür, dass er da war. Endlich.
    Sie lauschte auf das Geplapper um sie herum, während sich
Jays Arm um ihre Schultern legte und er sie zur Cafeteria
führte. Sie hörte Chelsea und Jules miteinander reden. Claire
kicherte. Dann nahm sie die Stimme des Neuen wahr – Mike
hieß er –, die so tief war wie Jays. Und sie hörte ihren Freund.
    Doch für Violet waren sie alle bloß Geräusche.
    Nur Hintergrund.
    Sie merkte, wie Jay ihre Hand drückte. Sie war warm. Sie
gab ihr Sicherheit und verband sie mit der Welt.
    Er erinnerte sie daran, dass sie noch lebte.

Lust
    Sie stand an ihrem Schließfach und tat so, als suchte sie etwas,
während sie in Wirklichkeit auf die Schüler achtete, die hinter
ihr durch den Flur hasteten. Sie wollte ihn in dem Gewühl nach
Schulschluss nicht verpassen. Allzu lange konnte sie nicht warten,
sonst war ihre Mitfahrgelegenheit weg. Nicht, dass das so
wichtig gewesen wäre. Zur Not lief sie eben nach Hause, wenn
sie dafür Zeit mit ihm verbringen konnte, und sei es nur im
Vorbeigehen.
    Wenn sie nur an ihn dachte, klopfte ihr Herz schneller.
    Beiläufig bückte sie sich und band sich die Schnürsenkel neu,
um einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben. Und in
dem Augenblick sah sie ihn.
    Jay Heaton.
    Ihr Herz hüpfte hoffnungsfroh. Fast hätte sie gegrinst, aber
sie war ja allein, und die anderen sollten nicht denken, sie wäre
verrückt.
    Wenn er sie doch endlich bemerken würde. Sie versuchte, ihn
mit ihrem Blick zu zwingen, sie anzuschauen und zu ihr zu kommen,
aber er ging einfach weiter und suchte jemand anderen
in der Menge. Was würde sie dafür geben, diese Person zu sein,
nur einmal.
    Und dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er lächelte
so süß, dass sie zu atmen vergaß. Er hatte diejenige entdeckt,
auf die er wartete,

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