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Ruf der verlorenen Seelen

Ruf der verlorenen Seelen

Titel: Ruf der verlorenen Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derting Kimberly
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gedacht hatte.
    Warum sollte sie ihre Gabe nicht einsetzen, so wie Sara es
vorgeschlagen hatte? Um anderen zu helfen?
    In diesem Fall könnte sie sogar jemandem helfen, dem sie
Unrecht getan hatte.
    Schnell wählte sie eine Nummer, bevor sie es sich wieder
anders überlegte.
    Kurz darauf sagte sie: »Wenn ich dir eine Adresse gebe,
kannst du da hinkommen?«
    Als sie die Antwort hörte, lächelte sie und nannte die Adresse
von Serena Russos Exmann, der nur eine knappe Stunde
entfernt wohnte.
    Heute Abend wollte sie etwas bewirken.

    Sie plante vor Anbruch der Dunkelheit da zu sein, doch als sie
während der Rushhour über die Autobahn fuhr, wurden aus
einer Stunde Fahrt zwei Stunden. Schon überzog die Abenddämmerung
den Himmel.
    Sie hatte ein unangenehmes Gefühl im Bauch, und sie sagte
sich, dass niemand sie zu dieser Aktion zwang, sie konnte immer
noch umkehren.
    Aber sie war fest entschlossen. Sie war es Mikes Familie
schuldig und auch sich selbst, ihre Gabe noch einmal einzusetzen.
Außerdem würde sie ja nicht allein sein.
    Sie entfernte sich von den Hauptstraßen und folgte der Wegbeschreibung,
die sie zu Hause ausgedruckt hatte. Sie hatte
nicht gedacht, dass es so weit außerhalb sein würde, und die
Gegend so einsam. Warum konnte nicht mal ausnahmsweise
jemand in einer netten kleinen Siedlung wohnen? In einem
friedlichen und doch belebten Viertel?
    Sie drosselte das Tempo und suchte nach der richtigen Hausnummer.
Kaum hatte sie sie gefunden, fing ihr Puls an zu rasen.
Sie holte tief Luft und fuhr den Wagen rechts ran. Der Wagen
holperte über den unebenen Weg.
    Weit und breit war kein anderes Autos zu sehen, sie war also
als Erste da. Sie überlegte, ob sie warten sollte, entschied sich
aber dagegen.
    Â»Jetzt oder nie«, dachte sie. Sie biss sich auf die Lippe und
stieg aus. Sie parkte am Straßenrand in der Hoffnung, vielleicht aus der Ferne ein Echo zu erhaschen. Dann würde Roger Hartman
nicht erfahren, dass sie überhaupt da gewesen war. Auf
keinen Fall durfte sie den Wagen in seiner Einfahrt parken.
    Sie hoffte, dass sein Echo – falls er eins trug – von Weitem
zu erkennen war, nicht so wie das von Jays Mutter. Den Lagerfeuergeruch
nahm Violet nur wahr, wenn sie direkt neben
Ann stand.
    Sie wollte Roger Hartman nicht so nah kommen müssen, um
herauszufinden, ob er Serena Russo umgebracht hatte.
    Violet steckte die Autoschlüssel ein und ging in die bewaldete
Einfahrt.
    Sie hielt sich dicht an die Bäume in der Hoffnung, die Äste
würden sie verbergen. Das Mondlicht drang glücklicherweise
nicht durch sie hindurch und Straßenlaternen gab es nicht.
    Vorsichtig tastete sie sich in der beklemmenden Dunkelheit
vorwärts, mehrmals stolperte sie über Steine und Unebenheiten.
Sie lauschte auf ein Anzeichen dafür, dass sie nicht allein
war. Doch sie hörte nur ihre eigenen Schritte und die Geräusche
des Waldes.
    Ein schwaches Leuchten zeigte ihr an, dass sie am Ziel
war: Zwischen einem Wirrwarr aus Bäumen und verwilderten
Brombeersträuchern stand einsam ein kleiner Wohnwagen.
    Der schwache Lichtschein aus dem Innern verriet ihr, dass jemand
darin wohnte.
    Violet blieb stehen. Ihre Gedanken rasten, was sollte sie als
Nächstes tun? Sie hätte sich vorher Gedanken darüber machen
sollen, was es bedeutete, nach Anbruch der Dunkelheit allein
das Grundstück des Mannes zu betreten.
    Im besten Fall trug er überhaupt kein Echo, weil er kein
Mörder war.
    Im schlimmsten Fall war er einer. Und dann war es ein großer
Fehler, hierherzukommen.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Gespannt wartete sie darauf,
dass etwas passierte.
    In dem Wohnwagen regte sich nichts. Keine Geräusche.
Rein gar nichts. Nur das Licht, einsam und unbeirrt. In der
Einfahrt stand kein Wagen, und Violet begann sich zu fragen,
ob Roger Hartman überhaupt zu Hause war.
    Auf einmal hoffte sie, dass er gar nicht da wäre.
    Sie lauschte in die Nacht, besonders in die Richtung des
Wohnwagens.
    Und da hörte sie es. Erst ganz leise. Ein feines rhythmisches
Prasseln.
    Regentropfen.
    Sie schaute zum Himmel, hielt eine geöffnete Hand hoch
und wartete auf die ersten Tropfen. Doch sie wusste, dass da
nichts kommen würde.
    Das war kein Regen.
    Es war ein Echo. Und es rief sie.
    Sie schaute in die unheimliche Dunkelheit und hielt den
Kragen ihrer Jacke zu, als könnte sie sich damit vor dem Geräusch
schützen, vor der Dunkelheit und der

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