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Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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hatte nichts dagegen. Die Entscheidung lag bei mir. Da es Camille sehr wichtig zu sein schien, sagte ich zu. Ein bisschen Kaffeetrinken beinhaltete höchstens das Risiko eines Koffeinschocks.
    Früh am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg. Camilles Freunde wohnten in Wales, außerhalb von Cardiff.
    „Ich habe euer Gespräch gestern mitbekommen“, begann Camille während der Fahrt. „Ich denke, es ist an der Zeit, dir eine Freundin von mir vorzustellen, die deine Mutter kannte.“
    „Meine Mutter?“
    Camille sah mich nicht an, sondern konzentrierte sich voll und ganz auf die Straße. „Franklin hätte dich vielleicht nicht mitkommen lassen. Deshalb sagte ich nur, wir würden Freunde besuchen. Und das tun wir auch. Eine besondere Freundin eben.“
    Kurz vor Cardiff bog Camille von der Straße ab. Der Weg führte durch eine Allee von Bäumen direkt zu einem alten Bauernhof. Sie parkte vor der großen Scheune, stellte den Motor ab und blieb einen Augenblick unschlüssig sitzen. Dann drehte sie sich zu mir, ergriff meine Hand.
    „Vertraust du mir?“
    „Natürlich.“
    Sie nickte lächelnd. „Ich tue das Richtige. Das weiß ich.“
    Sagte sie das zu sich selbst oder zu mir? Wir stiegen aus. Der Hof war sauber gefegt. Blumenkästen hingen an den Fenstern. Es sah gemütlich aus. Ich folgte Camille zur Tür. Auf dem Schild neben der Klingel stand ‚Lady Serena’.
    Eine Frau mit kastanienbraunen Locken, die ihr bis auf die Schultern fielen, öffnete uns. Ich war nicht auf ihren Anblick vorbereitet. Daher zuckte ich im ersten Moment zurück.
    Eine tiefe Narbe zog sich über ihre linke Gesichtshälfte, ließ das Auge hängen, verzerrte die Mimik ihrer Lippen. Offenbar eine Verbrennung. Sie hatte traurige, sanfte Augen. Früher musste sie wunderschön gewesen sein.
    „Ich wollte dich nicht erschrecken, Missa. Ich dachte, Camille hätte es dir gesagt.“
    Missa! Ich erinnerte mich dunkel an diesen Namen. Jemand hatte mich einmal so genannt. Vor ewig langer Zeit.
    „Ich habe ihr gar nichts gesagt, Serena. Nur dass du Joanna kanntest. Und dass du eine Freundin bist. Ich denke, den Rest erzählst du ihr lieber selbst.“
    Sie nickte und bat uns herein. Im Wohnzimmer stand eine Kanne mit dampfendem Tee – kein Kaffee – und ein frisch gebackener Pflaumenkuchen. Der Duft erfüllte den ganzen Raum. An den Wänden hingen Mandalas und Traumfänger. Sie war eine Wahrsagerin. Sollte sie mir die Zukunft vorhersagen? Danke, von so etwas hatte ich die Nase voll.
    „Setz sich doch, Missa. Du bist groß geworden. Erwachsen. Und wunderschön.“
    „Kenne ich Sie?“
    Sie antwortete mit einem Lächeln, schenkte mir eine Tasse Tee ein, legte ein Stück Kuchen auf den Teller, den sie mir reichte. „Es ist sehr lange her. Du erinnerst dich nicht mehr. Dabei warst du fast ein halbes Jahr bei mir. Ich hab dich geliebt wie mein eigenes Kind.“ Sie beugte sich vor und strich mir eine Strähne hinters Ohr. Ich schreckte vor ihrer vernarbten Hand nicht zurück. Hing an jedem Wort, das über ihre Lippen kam. Sie hatte mich Missa genannt. Dieser Name löste so viel Vertrautheit in mir aus, dass mein Herz schneller schlug.
    „Aber du warst ja auch noch ein Kleinkind. Und hast nichts von all dem Schrecklichen mitbekommen, das damals geschehen ist.“
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Wenn sie mich als Kleinkind gekannt hatte, dann sicher aus der Zeit, als meine Mutter noch gelebt hatte. Das ließ nicht viele Möglichkeiten offen, wer sie war.
    „Ich bin Serena Carter, Missa. Margrets Tochter.“
    Für einen quälend langen Moment stand die Zeit still. Camille beobachtete mich aufmerksam. Lady Serena wartete auf meine Reaktion. Draußen auf dem Hof krähte ein Hahn. Irgendetwas klirrte ganz fürchterlich. Ich blickte auf meine Hände und sah, dass sie zitterten. Das Klirren kam von der Teetasse auf der Untertasse. Ich stellte beides hastig auf dem Tisch ab.
    „Margrets Tochter?“ Meine Stimme war nur ein Krächzen.
    „Serena hat keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter. Du musst dich vor ihr nicht fürchten.“
    Ich warf einen raschen Blick zu Camille. Meine Hände wurden feucht. Ich verschränkte sie ineinander, um dem Zittern Einhalt zu gebieten. Ein kläglicher Versuch. Serena stand auf und ging zum Fenster hinüber. Ihr Lächeln wurde noch trauriger. So traurig,dass sie mir leid tat. Was wollte ich ihr eigentlich vorwerfen? Es war ihre Mutter gewesen, die meiner das Leben genommen hatte. Nicht sie. Allmählich fasste ich mich

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