Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
Vom Netzwerk:
wieder. Langsam erhob ich mich und trat zu ihr. Legte in einer behutsamen Geste meine Hand auf ihr entstelltes Gesicht.
    „Wir tragen beide Narben, Missa. Ich im Gesicht, du auf der Seele. Sie hat uns beide verbrannt.“ Ich nickte stumm. „Du siehst Joanna sehr ähnlich. Trotz deiner roten Haare und der tiefgrünen Augen. Deine Züge sind dieselben. Und du hast ihre Kraft geerbt. Deine Mutter war eine gute Frau. Ich habe sie sehr gemocht. Wir waren Freundinnen. Im gleichen Alter. Aber sie war mir weit überlegen mit ihren Fähigkeiten. Deshalb wollte Margret sie zu ihrer Nachfolgerin ausbilden. Ich habe es ihr nicht geneidet. Vielleicht war ich sogar dankbar, dass der Kelch dieser Verantwortung an mir vorüberging.“
    Sie blickte nach draußen zu der alten Weide, die am Bachufer hinter dem Haus stand. Als ich noch einen Schritt näher kam, legte sie ihren Arm um mich.
    „Als Margret erfuhr, dass Joanna ein Kind der Ashera war, geriet sie außer sich vor Wut. Drei Jahre lang hat sie die beiden gejagt. Deine Mutter und diese andere Frau, zu der sie geflohen war. Eine Vampirin. Eines Tages kam Margret dann zu mir. Mit einem zweijährigen Mädchen auf dem Arm. Glaub mir, ich wusste nicht, was sie vorhatte. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte, wäre es mir nicht möglich gewesen, es zu verhindern. Alles was ich tun konnte war, dir ein neues Zuhause zu geben. Deine Mutter zu sein. Margret wollte dich statt deiner Mutter haben. Ich sollte dich nach ihren Vorgaben erziehen, damit sie dich später zur Hohepriesterin ausbilden konnte. Aber ein halbes Jahr später änderte sie ihre Pläne, hielt deine Kraft für zu gefährlich. Ich wollte mit dir fliehen. Doch in der Nacht vor unserer Abreise brannte das Haus. Mein Mann Jeffrey starb in den Flammen. Die Feuerwehr stellte später fest, dass es Brandstiftung gewesen war. Das Feuer war im Kinderzimmer gelegt worden. Deshalb ging ich davon aus, du wärst auch tot. Camille war die nächste Verwandte deiner Mutter und die Einzige bei der Ashera, die ich mit Namen kannte. Also suchte ich sie auf, um ihr zu erzählen was geschehen, was aus Joanna und dir geworden war. Den Rest kennst du vermutlich besser als ich. Denn ich habe Margret nie wieder gesehen. Sie hält mich für tot. Und das soll auch so bleiben.“
    Serena war also der Informant. Jetzt verstand ich auch, warum Franklin gesagt hatte, dass sie gute Gründe gehabt hatte, nicht gegen Margret Crest auszusagen.
    „Verzeihst du mir, Missa?“
    „Verzeihen? Was denn?“
    „Dass ich dich deinem Schicksal überließ.“
    Sie hatte es doch nicht gewusst. Und außerdem – ich strich noch einmal über die Narben in ihrem Gesicht – hatte sie genug gebüßt. Für eine Schuld, die nicht die ihre war.

Stell dich deinen Dämonen
     
    Nach dem Besuch bei Serena dachte ich wieder viel öfter an Margret. An das, was sie getan hatte. Sie blieb einen Mörderin. Aber auch eine Mutter. Sie hatte Fehler begangen. Was hatte sie dazu getrieben, Menschen zu töten, ihre eigene Tochter zu opfern? Wofür? Es gab nur einen Menschen, der mir sagen konnte, was wirklich zu all dem geführt hatte.
    „Franklin?“ Ich betrat zögernd sein Büro. Er saß über einige Notizen gebeugt und blickt nur kurz auf, als ich leise die Tür hinter mir schloss. Seine Arbeit unterbrach er nicht.
    „Jedes Mal, wenn du zu mir kommst, hast du wieder irgendeine verrückte Bitte oder Idee“, sagte er seufzend und schob seine Brille zurecht. „Was ist es diesmal?“
    Ich schluckte. Verrückte Idee? Ja, das war wohl eine verrückte Idee. Ich nahm all meinen Mut zusammen. „Ich möchte Margret Crest noch einmal aufsuchen.“
    Franklin entglitten sämtliche Gesichtszüge. „Du willst was? Melissa, sie hat deine Mutter getötet! Und dich beinahe ebenfalls. Ich dachte, nach Prag hättest du erst mal die Nase voll von lebensgefährlichen Ausflügen.“
    „Sie ist ein Teil meiner Vergangenheit. Es wird Zeit, dass ich mich dem stelle.“
    „Warum gerade jetzt? Es ist wegen Serena, nicht wahr? Ich wusste gleich, es war ein Fehler, dass Camille dich zu ihr gebracht hat.“
    Es hatte nichts mit Serena zu tun. Der Besuch bei ihr mochte den Ausschlag gegeben haben. Aber im Grunde hatte ich nie mit der Trauer, der Wut und der Angst, die Margret in mir zurückgelassen hatte, abgeschlossen. Warum ich mich dem stellen wollte, war also nicht der Punkt. Nur das Wann. Und während Franklin sich fragte, warum es nicht noch warten konnte, fragte ich mich, warum ich es nicht

Weitere Kostenlose Bücher