Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
alles, was ich plante. Und sie hat mich verraten und verkauft. Selbst aus dem Grab heraus tut sie das noch, indem sie auch dich an die Ashera verkauft.“
„Die Ashera war immer meine Familie. Ich bin weder an sie verkauft worden noch habe ich mich selbst an sie verkauft. Sie war immer da. Ich bin lediglich heimgekehrt aus der Fremde.“
Niedergeschlagen gestand ich mir ein, dass ich vergeblich gehofft hatte, noch etwas anderes in Margret zu finden als die Hohepriesterin, die meine Mutter getötet, ihre Tochter verstümmelt und mir nach dem Leben getrachtet hatte. Es gab absolut keine Möglichkeit, sie für unsere Ziele und Ansichten zu gewinnen. Ich war umsonst gekommen und gab mich geschlagen. Genau in diesem Moment tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Sie fing an zu weinen. Göttin, sie tat mir so unendlich leid!
„Habe ich nicht alles für dich getan, Melissa? Ich habe das Fundament in dir gelegt. Ohne meine Unterweisungen wärst du nutzlos für die Ashera. Willst du leugnen, dass du dich verkauft hast? Willst du abstreiten, dass mein Buch der Schatten dir die Türen dort geöffnet hat?“
Natürlich war auch das nur ein Versuch, mich ins Wanken zu bringen, aber es traf einen wunden Punkt. Das erste, wonach Franklin gefragt hatte, war das Buch gewesen. Ich wusste, dass es im Grunde keine Rolle für meine Aufnahme gespielt, dass er das Buch aus anderen Gründen gewollt hatte. Doch der leise Zweifel von damals kam für Sekundenbruchteile zurück. Ich bemerkte meinen Fehler zu spät. Margrets Tränen waren Krokodilstränen gewesen. Eine eisige Hand schloss sich fest um mein Herz und ließ mich von dem Stuhl gleiten und zu Boden sinken.
„Wenn du nicht mir dienen willst, wirst du niemandem dienen!“, zischte die Hexe. Ihre verzerrten Gesichtszüge waren mir noch auf schrecklichste Weise vertraut.
„Nein!“, hörte ich einen gellenden Schrei in meinem Rücken. Im nächsten Moment gab die Klauenhand mich frei. Ich sah, wie Margret Crest durch die Luft geschleudert wurde und wie ihr Kleid Feuer fing. Jenny kniete neben mir, kaum dass ich wusste, was geschah. Dann war Franklin da, um mir auf die Füße zu helfen. Die Flammen an Margrets Kleidung verloschen. Lediglich die dünnen Rauchschwaden, die noch daraus aufstiegen, zeugten von ihnen. Margret erhob sich. In ihrem Blick lag pure Ungläubigkeit. Sie hatte Jenny nicht einmal bemerkt, bis diese sie angegriffen hatte. Dem Angreifer nun in die Augen zu sehen und zu erkennen, dass es ein elfjähriges Kind war, stellte eine Überraschung dar. Jenny überließ es Franklin, mich fort zu bringen. Mit einer Kraft, so drohend und stark, wie ich sie nie zuvor an ihr erlebt hatte, schritt sie auf Margret Crest zu. Staunend beobachtete ich, wie die Hohepriesterin zurückwich. Sie hatte Jenny nichts entgegenzusetzen. Der Schutzwall, den die Kleine um sich errichtete, war undurchdringlich. Die Kraft des Feuers, die ihr gegeben war, schien einen Höhepunkt zu erreichen.
„Du wirst ihr nie wieder etwas tun!“, drohte Jenny, „oder ich schwöre dir, dass ich dich finden werde, alte Hexe! Ich werde dich in einem Feuersturm zu Asche verbrennen, der seinesgleichen in der Hölle sucht.“
Rückwärts folgte Jenny uns zum Wagen und ließ Margret Crest dabei nicht aus den Augen. Die kam zwar hinterher, war aber unfähig, irgendetwas zu unternehmen. Stattdessen wandte sie sich an Franklin:
„Und wenn du sie auch wieder mit zurück nimmst, Franklin Smithers, sie wird dir nie gehören! Ich mag verloren haben, aber du wirst auch nicht gewinnen. Denk an meine Worte. Melissa wird zu den Bluttrinkern gehören, und du wirst machtlos mit ansehen müssen, wie der Todesengel, der sie dir brachte, sie dir auch wieder nimmt.“
Ich verschloss meine Ohren vor ihren Worten, verschloss mein Herz und meine Seele vor allen Energien, die von ihr kommen mochten. Unkontrolliertes Schluchzen schüttelte meinen ganzen Körper, als der Schmerz ein letztes Mal mit aller Kraft zurückkam. Es war töricht gewesen, hierher zu kommen. Ich war ihr noch immer unterlegen, wenn sie mich an einem wunden Punkt erwischte. Und wunde Punkte hatte ich mehr als genug. Wenn Jenny nicht gewesen wäre, hätte es mich das Leben gekostet. Meine geliebte Grandma blieb ein Trugbild. Es gab nichts mehr aus meiner Vergangenheit, um das ich noch hätte kämpfen müssen.
Camille kümmerte sich bei meiner Rückkehr liebevoll um mich. Mein inneres Gleichgewicht hatte einen schweren Schlag erlitten. Sie tat ihr
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