Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)
deinem Willen fügt … “, sinnierte Ben und geriet plötzlich ins Stocken. „Du hast ihn erpresst, nicht wahr?“
Noch immer hob Franklin nicht den Blick. Er machte sich Notizen, blätterte in den vielen aufgeschlagenen Büchern. Ben nahm einen kugelförmigen Gegenstand aus Obsidian mit geheimen goldenen Schriftzeichen in die Hand. Franklin runzelte kurz die Stirn, weil er sich gerade Aufzeichnungen über genau diesen Gegenstand machte. Doch er sagte nichts, zog nur den Begleitzettel der Kugel energisch zu sich heran, ehe Ben auch diesen noch an sich nehmen konnte. Bedächtig drehte Ben die Kugel in der Hand, fuhr in geheucheltem Interesse die Schriftzeichen mit dem Finger nach.
„Hast du?“, fragt er noch einmal.
„Wie könnte ich einen Vampir, noch dazu Armand, erpressen?“
„Ob du könntest oder nicht, habe ich nicht gefragt.“
„Zum Teufel, Ben! Ich wüsste zwar nicht, was es dich angeht, aber wenn es dich beruhigt – es war seine Entscheidung zu gehen.“
„Sicher?“
Nur für eine Sekunde hielt Franklin in seiner Arbeit inne. Das genügte Ben als Bestätigung. Mit einem Knall ließ er die Kugel wieder auf den Tisch fallen. Sie rollte über die glatte Fläche, glitt beinahe über die Kante zu Boden, wo sie ganz sicher in tausend Scherben zersprungen wäre. Im letzten Moment konnte Franklin sie auffangen. Ben würdigte den Obsidian keines Blickes. Statt dessen war er von seinem Stuhl aufgesprungen und funkelte Franklin nun wütend an.
„Verdammt, Franklin, dazu hattest du kein Recht!“
Behutsam legte Franklin die Kugel zurück auf den Tisch. Mit unnachgiebiger Miene erwiderte er Bens starren Blick. „Ich hatte jedes Recht, das zu tun. Wenn ich damit nur verhindern kann, dass er sie mir wegnimmt!“
„Das wirst du nie verhindern können. Denn Fakt ist, sie lieben sich.“
Das reichte. Ich hatte genug gehört. Franklin hatte Armand irgendwie dazu gebracht, zu verschwinden. Ihm gedroht? Womit gedroht? Aber das spielte jetzt keine Rolle. Ich musste ihn finden. Und diesmal hatte ich auch kein schlechtes Gewissen, dass ich ohne Franklins Wissen und Erlaubnis einfach abhaute. Mir war in diesem Moment alles gleich. Ich wollte einfach nur fort.
Auf der Suche
Meiner Meinung nach konnte Armand nur in New Orleans sein. Vielleicht wartete er sogar auf mich. Hatte gehofft, ich würde herausfinden, dass Franklin dahinter steckte.
Es war kein Problem, auf die Schnelle einen Flug zu bekommen. Mein Ashera-Ausweis vereinfachte die Dinge ungemein. Schon zwei Stunden später saß ich im Flugzeug. Nach knapp elf Stunden Flug, in denen ich immer wieder an das belauschte Gespräch denken musste, landeten wir auf dem Flughafen von New Orleans. Ich musste lächeln, als ich ausstieg. Der Wind war warm und duftete süß nach Bourgainville und wildem Jasmin. Nach Sumpf, nach feuchter Erde und dem stetigen Strom des Mississippi. Einfach nach einer Mischung aus Alt und Neu und nach einem leisen Versprechen von Abenteuer. Ganz so, wie ich es in Erinnerung hatte. Nur noch viel intensiver. Hier fühlte ich mich zuhause. Und ich war nicht allein. Auch jetzt nicht, bei helllichtem Tage, wo ich Armand noch nicht finden konnte. Eleonora freute sich, mich wiederzusehen.
„Melissa! Oh wie schön! Das ist mal eine Überraschung, wie ich sie mag“, begrüßte sie mich und umarmte mich fest. „Ist Armand auch mitgekommen?“
Enttäuschung breitete sich in mir aus. Er war nicht hier?
„Ich dachte, er sei bereits hier. Ich wollte ihm einen Überraschungsbesuch abstatten.“
„Er ist seit Ihrem gemeinsamen Besuch beim Mardi Gras nicht mehr hier gewesen. Ist alles in Ordnung?“
„Ja, sicher. Ich habe ein paar Tage Urlaub. Es war eine verrückte Idee, so aufs Geradewohl herzukommen.“
„Hat er Ihnen etwa nicht gesagt, wo er hingefahren ist?“
Ich überlegte fieberhaft, wie ich ihr das erklären sollte. Aber dann kam mir eine einfache und plausible Erklärung in den Sinn. „Er musste ganz plötzlich weg. Hat mich mitten in der Nacht angerufen, um mir zu sagen, dass er für ein paar Tage nicht da wäre,weil es Schwierigkeiten gäbe. Entweder war ich so verschlafen, dass ich nicht mitbekommen habe, wohin er wollte, oder aber, er hat es gar nicht gesagt, weil er merkte, dass er mich aus dem Tiefschlaf gerissen hat. Das war vor drei Tagen. Ich dachte, es könnte nur New Orleans sein, weil er kürzlich etwas von kleineren Problemen hier erzählt hat. Na ja, da hab ich mich wohl getäuscht.“
Eleonora kaufte mir
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