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Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 1 - Tochter der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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dich einsetzen kann, Melissa. Ihr Buch der Schatten ist zerstört. Sie hat es gespürt. Jetzt trachtet sie nach deinem Leben, weil du eine Gefahr für sie bist. Wie Joanna vor dir.“
    Osira trat neben mich. Sie legte meiner Mutter den Kopf auf die Schulter. „Ich habe geschworen, Joanna. Und ich habe Wort gehalten.“
    „Ich weiß, Osira. Ich danke dir.“ Meine Mutter kraulte ihr das graue Fell. Doch dann erhob sie sich unruhig, zog auch mich wieder auf die Füße.
    „Es ist Zeit. Die Priesterin wird nicht mehr lange warten, mein Liebes. Und du musst die Pforte wieder durchschritten haben, ehe sie ihren Zauber webt, sonst bist du für immer hier gefangen.“
    Osira blieb zurück. In die Totenwelt erhielt sie keinen Einlass. Sie setzte sich vor das riesige Tor aus Elfenbein, auf dem mit Elektrum mystische Runen und Zeichen aufgemalt waren, die den Eingang zur Gegenwelt markierten.
    „Ich warte hier, Melissa. Bis sie dich zurückbringen.“
    Hinter dem Tor begann die Totenstadt. Mich schauderte, als wir sie betraten. Alle Wesen, die hier wandelten, waren tot. Das wurde mir unangenehm bewusst. Es gab durchscheinende, schwache Wesen, die wie Nebelschwaden umherirrten. Andere wirkten fast lebendig. Voll und ganz Materie. Wer in der Totenstadt leben musste, erklärte Lilly, dem waren die Pforten verschlossen. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung.
    „Sie bleiben hier. Büßen für ihre Sünden. Erst wenn die Göttin entscheidet, dass ihre Schuld beglichen ist, öffnet sich ihnen der Weg in die nächste Ebene.“
    Es wirkte trostlos. Kalt und grau. Die Häuser waren aus Stein gebaut, aber schmucklos und schlicht. Der Boden trocken und staubig. Kein Licht, kein Wasser, kein Grün. So also sah das aus, was die Menschen als Hölle fürchteten. Gar nicht so schlimm, oder? Vielleicht war diese Öde aber auch schlimmer als jedes Fegefeuer.
    „Lebt ihr auch hier?“, wagte ich zu fragen.
    „Nein“, antwortete meine Mutter. „Wir haben unseren Platz in der Ewigkeit. Und dort warten wir.“
    „Warten? Worauf?“
    Ihre Augen wurden traurig. Verschleierten sich. „Auf deinen Vater. Falls er jemals kommen sollte.“
    Die Frage brannte mir auf den Lippen, ob sie mir wohl seinen Namen sagen würde. Doch da erreichten wir auch schon das Ende der Totenstadt und die Gelegenheit, zu fragen, verstrich ungenutzt. Das Land, das nun kam, sah schon freundlicher aus. Fast irdisch, obwohl allem ein seltsames Leuchten innewohnte, das man auf Erden niemals finden würde. Wir eilten durch ein Labyrinth aus verschlungenen Pfaden, dunklen Wäldern, steilen Felsen, trostlosen Wüsten, endlosen Wassern. Ich wäre niemals in der Lage gewesen, allein den Weg zurück zu finden. So blieb mir nur zu hoffen, dass Lilly und Mama den Weg kannten.
    Ich sah Wesen, die sich kein Mensch vorstellen kann. Sie bewegten sich frei und ungezwungen in Harmonie miteinander. Wunderschöne märchenhafte Gestalten. Aber auch solche, die mir Angst machten. Doch kein Geschöpf bedrohte ein anderes. Allem wohnte eine Ruhe und ein Frieden inne, der mir warm ums Herz werden ließ. Man nannte dies die Übergangswelt. Für jene, deren Karma rein war. Durch die Stadt der Buße oder durch ein Leben voller guter Taten. Wer hier weilte, hatte alle Aufgaben erfüllt, die ihn mit der sterblichen Welt verbunden hatten. Man wartete und bereitete sich auf die ewige Herrlichkeit vor. Ein schöner Gedanke. An diesem Ort hätte ich auch warten wollen.
    Irgendwann war nichts mehr um uns herum. Keine Leere, wie wir sie kennen. Es war nicht einfach so, dass die Wälder und Felsen, der Sand und das Wasser und all die Wesen, die sich hier tummelten, plötzlich fort gewesen wären. Es war einfach gar nichts mehr um uns. Man kann es nur schwer beschreiben. Niemand, der es nicht gesehen hat, wird es je verstehen, geschweige denn sich vorstellen können. Es war dunkel und doch hell, still und doch laut, einsam und doch voller Treiben. Es machte mir Angst und reizte gleichzeitig meine Neugier.
    „Wo sind wir?“
    „Jenseits von Nirgendwo, mein Schatz. Am Rand der Übergangswelt.“
    Jenseits von Nirgendwo. Der trostloseste Ort überhaupt. Ich zitterte, obwohl ich nicht fror. Verdammt, ich tat gar nichts hier. Ich war einfach nur da. Und wofür? Mama hatte mir den Rücken zugedreht. Sie murmelte Worte. Ihre Stimme klang weich und liebevoll. Lilly hatte ihre schmalen Hände tröstend auf meine Schultern gelegt. Ich musste warten.
    Plötzlich drehte meine Mutter sich um und

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