Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Ewigen Nacht.“
Mein Vater schluckte hart. Dann tippte er seine Zugangsdaten in Armands PC und loggte sich im Ashera-Netzwerk ein, um die Abhandlungen auszudrucken.
*
„Wo ist Mel?“, wunderte sich Franklin, als er ins Schlafzimmer trat, um der Aura des großen Vampirlords zu entfliehen.
„Sie macht noch einen Krankenbesuch, ehe sie morgen Nacht aufbricht. Du kannst also ganz beruhigt sein, mon cœur. Im Moment sind wir allein.“ Armand setzte den schwarzen Kater auf dem Bett ab und Franklin sah dem Stubentiger dabei zu, wie er sich eine kleine Kuhle zurechtlief, in die er sich kuschelte. Gedankenverloren streichelte sein Besitzer ihm übers Fell.
„Du bist traurig, nicht wahr?“, fragte Franklin und legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
Armand presste für einen Moment die Lippen zusammen, doch dann bemühte er sich um ein Lächeln. „Was habe ich schon zu bieten gegen einen Vampir-Lord? Es ist tröstlich, dass zumindest du mir heute Nacht Gesellschaft leisten magst.“
Es war eine Anspielung. Franklin schloss die Augen, wollte sich einfangen lassen von Armands Aura. Es war so verdammt lange her. Doch seine Unruhe wollte nicht weichen.
„Tut mir leid“, versuchte er zu erklären. „Es ist nicht wegen Mel oder dir. Sondern wegen Lucien. Ich habe Angst vor ihm.“
Armand verstand den Sinn seiner Worte besser als ihm lieb war.
„Und dennoch hast du ihm fast deine Seele verkauft. Alors, tu l’aimerais. Du würdest es lieben, wenn er zu dir käme“, flüsterte er und sein Atem streifte kühl über Franklins Wange. „Er ist gut. So gut.“
„Mir gefällt nicht, was er mit meiner Tochter tut.“
„Il l’aime. Sie ist sein Augapfel“, erwiderte Armand leichthin. „Er würde nie etwas tun, was ihr schaden könnte.“
„Er macht sie mehr und mehr zum Vampir.“
„Ich habe sie zum Vampir gemacht.“
„Aber du hast ihr ihre Seele gelassen. Die verwandelt er jetzt. Stück für Stück. Und ich bin machtlos dagegen.“
„Jeder ist machtlos gegen den Lord, mon chér. Und er hat Pläne mit ihr. Das spüre ich. Darum ist es auch egal, was irgendwer von uns will oder nicht, wenn er da ist. Wir sollten nur aufpassen, dass er uns nicht gegeneinander ausspielt.“
Franklin war verwirrt. „Aber du und Mel, ihr seid euch doch wieder näher gekommen, seit sie aus Miami zurück ist. Wollte sie da heute Nacht nicht bei dir sein?“
Armand seufzte tief. „Glaubst du wirklich, er lässt sie mir so ohne weiteres?“ Ein bitterer Zug trat auf seine Lippen. „Er ist ihr gefolgt und lockt sie zur Jagd. Er weiß, dass sie sich nach mir sehnt. Doch er gibt sie nicht frei. Ich kann dir nicht sagen, ob sie heute Nacht zu ihm oder zu mir kommen wird.“
Einen Moment herrschte nachdenkliches Schweigen zwischen ihnen. Dann lächelte Armand ihn an. „Ein Glas Wein, mon ami? Lass uns über die Engel reden und diese blöden Rätsel. Vielleicht können wir Melissa einen kleinen Vorteil verschaffen, wenn wir das eine oder andere heute Nacht lösen.“
*
Seine ausgebreiteten Arme von dem schwarzen Umhang umfangen, wirkten wie dunkle Schwingen. Und mit einem kräftigen ‚Flügelschlag’ landete er auf dem Dachfirst direkt vor mir. Sein durchdringender Blick beinah strafend.
„Was tust du hier?“
Ich deutete mit dem Kopf auf das große Fenster. Dem einzigen im ganzen Mutterhaus, wo noch Licht brannte.
Mary Steirn und ihre Tochter Kim hatten bis vor wenigen Wochen in Gorlem Manor gelebt. Doch dann hatte Mary um ihre Versetzung nach New Orleans gebeten, weil es einem Arzt im Tulane Medical Center gelungen war, ein neues Verfahren zur Behandlung der seltenen, genetisch bedingten Lungenerkrankung zu entwickeln, unter der Kim litt. Es war ein Hoffnungsschimmer gewesen. Leider hatte auch diese Therapie keinen Erfolg gezeigt. Kim ging es von Tag zu Tag schlechter. Der Tod war nur noch eine Frage der Zeit. Ich wollte die Kleine noch ein letztes Mal sehen, ehe ich New Orleans verließ. Es war unwahrscheinlich, dass sie noch lebte, wenn die Jagd nach Dracon vorbei war.
Er kam näher. Wieder bewunderte ich die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen, die seine Größe noch unterstrich. Er ging neben mir in die Hocke und schaute in die Richtung, in die ich gewiesen hatte. Sein langes schwarzes Haar fiel in einer seidigen Kaskade über seine Schulter nach vorn und verdeckte sein Gesicht für einen Augenblick, ehe er es mit einer eleganten Bewegung wieder nach hinten schob. So schön. So begehrenswert. So
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