Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
misstrauischen Blick zuwarf. Die Spannung zwischen den beiden Vampiren war spürbar, ließ die Luft vibrieren. Doch hier ging es um wichtigere Dinge, da mussten private Differenzen hinten anstehen. Franklin wusste nichts von Luciens Anwesenheit und ich hatte ein ungutes Gefühl, was die Begegnung der beiden anging. Schließlich hatte Lucien auf der Isle auf Dark gedroht, meinen Vater zu töten oder zu verwandeln.
Als er anklopfte, öffnete ich ihm die Tür, wobei es nervös in meinem Magen flatterte, wie eine ganze Horde von wildgewordenen Fledermäusen. Er umarmte mich zur Begrüßung und erstarrte mitten in der Bewegung, als er Luciens makelloses Profil im Widerschein des Kaminfeuers sah.
„Was macht er hier?“
„Dracon ist sein Dunkler Sohn. Er hat ein Recht, hier zu sein. Wir brauchen ihn. Niemand kennt Dracon besser als er.“
Pettra, die hinter meinem Vater stand, legte beruhigend eine Hand auf seine Schulter. „Es ist neutraler Boden, Mr. Smithers. Er wird Sie hier nicht angreifen.“ Dabei war sie sich vermutlich ebenso wenig sicher, wie der Rest von uns.
„Guten Abend, Franklin“, sagte Lucien höflich, als wir das Wohnzimmer betraten, neigte zum Gruß den Kopf, erhob sich aber nicht von seinem Platz beim Kamin. „Pettra.“
Sie hatten sich nie gesehen. Doch er wusste alles über sie, was ich wusste. Das ließ er sie spüren, im Bruchteil einer Sekunde. Sie grüßte mit einem kühlen, gelassenen Lächeln zurück und nahm dann in dem kleinen Sessel in der Ecke des Raumes platz. Franklin stand die Angst im Gesicht geschrieben. Er erwiderte Luciens Gruß lediglich durch ein stummes Nicken.
„Ich hoffe, Sie nehmen mir die Ereignisse unserer letzten Begegnung nicht mehr übel, Franklin“, versuchte Lucien, die Spannung zu vertreiben, und seine melodische Stimme traf genau die richtige Saite in Franklins Seele. „Sie müssen verstehen, damals drangen Sie unerlaubt in mein Heim. Dies hier“, er umschrieb den Raum mit einer ausladenden Geste, „ist etwas völlig anderes. Heute sind wir beide Gast – und beide sehr erwünscht.“
Franklins Anspannung legte sich etwas, obwohl die förmliche Anrede des Lords eine Farce war. Auf der Isle of Dark war seine Ansprache sehr viel vertrauter gewesen. Und nicht nur die Ansprache, sondern vermutlich auch noch mehr, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Schließlich nahm mein Vater im Sessel gegenüber von Lucien Platz. Eine Spur Argwohn lag noch in seinem Blick, den Lucien mit einem weichen Lächeln quittierte. Ich vertraute auf seine außergewöhnliche Fähigkeit, mit Menschen umzugehen und überließ die beiden für einen Moment sich selbst.
Armand hatte das alles von seinem Platz am Computer, in einer Ecke des Zimmers, ohne ersichtliche Regung beobachtet. Aber er musterte beide sehr aufmerksam und auch misstrauisch, das fiel mir auf. Fragend blickte ich ihn an, doch er lächelte mir nur ermutigend zu. Es wurde Zeit das eigentliche Problem anzusprechen, das uns hier zusammengeführt hatte.
„Die Flüsse in Peru haben sich durch Dracons Verschulden verfärbt.“ Franklin nickte bei meinen Worten. Das hatte Pettra ihm schließlich schon gesagt. Lucien und Armand hörten mir aufmerksam zu. „Er hat einen Engel in einen Vampir verwandelt.“
Franklin wurde leichenblass. Seine Finger verkrampften sich um die Armlehnen des Sessels. „Oh meine Göttin. Dann ist es also wahr. Die Wächter des Lebens.“
„Ja“, schaltete sich Lucien ein, „die alten Schriften erzählen die Wahrheit. Die sieben Wächter der Lebensquellen.“
Ich war verwirrt. Schaute von einem zum anderen. Wovon sprach der Lord?
„Sieben Engel, genannt die sieben Wächter des Lebens, speisen mit ihren Tränen die Quellflüsse für die sieben Weltmeere. Sie schenken der Welt das Wasser. Damit sie existieren kann“, erklärte er.
„Die Legende besagt, dass das Wasser des Lebens das Schicksal der Welt entscheidet“, ergänzte Franklin. „Wenn alle Quellen Blut gebären, wird der Mond die Sonne verzehren.“
Lucien lächelte dämonisch. „Die Ewige Nacht. Das ist sein Plan.“ Mir behagte der Tonfall, mit dem er diese Feststellung äußerte, nicht.
„Könnte mir bitte mal jemand sagen, worum es hier geht?“, verlangte ich zu wissen.
Der Lord seufzte und blickte dann wieder so sanft wie zuvor. Ohne das teuflische Glühen in den Augen. „Dracon sucht die sieben Engel, um sie in Vampire zu verwandeln. Er wird nicht bei dem einen Halt machen. Er will sie alle verwandeln. Damit der
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