Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
junger Mann Ende zwanzig, schob gerade eine große Kiste ins Heck des Helis und kam dann über den Anlegesteg zurück direkt auf Franklin zu. Vielleicht würde er ihn ja mitnehmen, wenn er vorgab, einen Termin mit Mr. Memphis zu haben. Ein Pilot kannte doch sicher nicht alle Geschäftstermine seines Brotgebers.
„Verzeihen Sie, Sir?“
Der Typ blieb zumindest stehen, behielt aber seine dunkle Sonnenbrille auf, was Franklin im ersten Moment unhöflich erschien, bis ihm bewusst wurde, was es heißen mochte, in Diensten eines Vampirs zu stehen. Er selbst kannte die Auswirkungen sehr gut, wenn er von Armand getrunken hatte. Eine gewisse Lichtempfindlichkeit und verstärkte Sinneswahrnehmungen am nächsten Tag. Lucien band seine Diener zweifellos mit dem Elixier der Unsterblichkeit an sich, weshalb derlei Nebenwirkungen nicht verwunderlich waren. Er beschloss, darüber hinwegzusehen und direkt sein Anliegen vorzubringen.
„Wären Sie wohl so freundlich, mich mit zur Insel zu nehmen? Ich habe einen Termin mit Mr. Memphis betreffend einiger …“ Er überlegte einen Moment, was wohl am unverdächtigsten wäre. „Einiger Antiquitäten, für die er sich interessiert.“
Sein Gegenüber musterte ihn skeptisch, grinste dann und schüttelte spöttisch den Kopf. „Er hat mir nichts von einem Geschäftstermin gesagt. Und er empfängt auch niemanden auf der Insel. Wenn Sie einen Termin haben, wird er heute Abend in die City kommen. Bis dahin müssen Sie sich schon gedulden.“
Ohne ein weiteres Wort schob er sich an ihm vorbei. Ein Hafenarbeiter wartete mit weiteren Kisten auf ihn, die er inspizierte, ehe er entschied, welche er mitnahm.
Franklins Herz klopfte schnell und sein Magen überlegte, ob er das dürftige Mittagessen aus dem Flugzeug wohl wieder zutage fördern sollte. Zögernd wanderte sein Blick zwischen dem Helikopter und dem Piloten hin und her. Er musste auf die Insel. Koste es, was es wolle. Langsam wich er rückwärts zum Landesteg der Yacht, ließ den Diener des Vampirlords dabei nicht aus den Augen. Der war in das Gespräch mit dem Hafenarbeiter vertieft, scherzte und schlug seinem Gegenüber lachend so derb auf die Schulter, dass der in die Knie ging. Jetzt oder nie, dachte Franklin, drehte sich um und rannte den Landesteg hinauf zum Heli.
Wenn es ihm gelang, sich im hinteren Teil zu verstecken, dann würde der Pilot ihn möglicherweise nicht bemerken und er kam ungesehen auf die Insel. Aber was dann? Würde er Mel schnell finden? Oder würde der Lord ihn vorher aufspüren? Es konnte auch passieren, dass man ihn schon vorher im Heli entdeckte. Was würde dieser Bodybuildertyp dann mit ihm machen? Er war nicht grade schlecht in Form, aber mit dem konnte er es kaum aufnehmen. Egal, er musste das Risiko eingehen. Er musste unbedingt zu Melissa.
Die Tür des Helis war nicht verschlossen. Die komplette Innenausstattung war aus feinstem weißem Leder. Modernste Technik auf dem Armaturenbrett. Unter der hinteren Bank fand er bequem Platz, um sich, in eine der edlen weißen Kaschmirdecken gehüllt, zu verstecken. Während Franklin zitternd vor Angst und Unruhe unter der Sitzbank kauerte, hörte er Stimmen, die sich näherten.
„… nächsten Dienstag. Und mach denen mal ein bisschen Dampf. Lucien wartete nicht gern auf seine Lieferung.“
Er schluckte. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Tür des Helis schlug zu. Sekunden später setzten sich die Rotorblätter in Bewegung und die Maschine erhob sich schwankend in die Lüfte. In wenigen Minuten würden sie ihr Ziel erreicht haben. Dann blieb ihm nur noch, zu beten, dass Mel durch ihre Blutsverwandtschaft seine Nähe eher spürte, als der Lord. Sonst konnte dies hier leicht sein Todesurteil werden.
*
Ein müßiger Abend, den ich auf der Isle of Dark verbrachte. Schließlich konnte ich Lucien nicht ständig vor den Kopf stoßen. Er schien es aufgegeben zu haben, mich einschüchtern zu wollen oder mir ständig vor Augen zu führen, wie ich seiner Meinung nach sein musste. Stattdessen band er mich mit seinem Blut und seiner unvergleichlichen Sinnlichkeit an sich, der ich trotz aller Gewissensbisse Armand gegenüber nie widerstehen konnte. Ich hungerte nach seiner Umarmung, seinen Küssen und seiner kraftvollen Art, mich zu lieben, indem er all meine Sinne bis zum Äußersten stimulierte. Er war wirklich ein Meister der Verführung. Wenn er diese Gabe nur nicht beständig als eine Art Waffe einsetzen würde.
Davon abgesehen hatte er noch einen zweiten
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