Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Weg gefunden, mein Interesse an meinem neuen Zuhause zu erhalten. Er ließ mich jetzt in seiner Bibliothek stöbern und stand mir beratend und erklärend zur Seite, wenn ich eine der Schriften, die ich studierte, nicht verstand. Ein unermesslicher Wissensschatz für die Ashera, wenn ich all das, was ich hier fand, in unseren Archiven vermerkenkonnte. Bedauerlicherweise würde Lucien mir nie erlauben, einige der Bücher mitzunehmen, um sie dem Orden zur Verfügung zu stellen. Doch immerhin war er einverstanden, dass ich Berichte und Protokolle darüber verfasste, die in der zentralen Datenbank hinterlegt werden konnten.
Auch heute hatte ich mir wieder einen großen Stapel Bücher mit in den Thronsaal genommen und saß nun vor dem Kamin, einen Block auf dem Schoß, der schon halb vollgekritzelt war mit allen möglichen Notizen. Zu blöd, dass ich vergessen hatte, den Akku meines Laptops aufzuladen. Im Thronsaal gab es leider keine Steckdosen, also musste ich auf gute alte Handarbeit umsteigen und alles später in den PC tippen. Dummheit wurde halt bestraft. Lucien saß mir gegenüber, beobachtete mich, während er nebenbei Entwurfsmappen seiner Zöglinge und neuer Bewerber studierte und nippte dann und wann an seinem Glas Blutwein.
„Wo ist denn deine neue Freundin?“, fragte er mich neckend. „Du triffst dich seit Tagen nicht mehr mit ihr. Habt ihr Streit?“
Sein Unterton gefiel mir nicht. „Pettra muss sich ihren Lebensunterhalt verdienen“, erklärte ich, ohne aufzublicken. „Da bin ich nur im Weg.“ Ich hatte nicht die Absicht, ihm zu erzählen, dass ich sie bei ihrer Arbeit gelegentlich beobachtete. Möglich, dass er es ohnehin aus meinen Gedanken las.
„Du weißt aber schon …“, er brach mitten im Satz ab und drehte lauernd den Kopf.
Auch ich hatte es gehört, ein leises Geräusch wie von schleichenden Schritten. Und da war sie. Eine Witterung von menschlichem Blut. Es war ein Sterblicher innerhalb der Mauern und es waren nicht Luciens Diener. Ein Schatten tauchte kurz an der gegenüberliegenden Wand auf und verschwand dann wieder. Lucien schoss wie ein Blitz quer durch den Raum, erwischte den Eindringling und presste ihn gegen das Mauerwerk. Schon wollte er zum tödlichen Biss ansetzen, als ich den Besucher erkannte.
„Lucien, nicht!“, schrie ich. „Das ist Franklin. Er ist mein Vater.“
Lucien hielt inne, immer noch mit gebleckten Fängen, fixierte Franklin düsteren Blickes. „Und was hat er hier zu suchen?“
„Meine Tochter“, antwortete Franklin erstaunlich ruhig. Dennoch vermochte er weder mich, noch den Lord zu täuschen. Angst strömte aus jeder Pore.
„Um sie brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Sie kann auf sich selbst aufpassen. Du solltest dir lieber Sorgen um deinen eigenen sterblichen Hals machen, wenn du einen Vampir in seinem Heim störst. Ich dulde nicht, dass ein Sterblicher in mein Zuhause eindringt. Und ich frage mich, warum ich gerade dich am Leben lassen sollte. Ashera-Spion!“ Seine Zähne kamen gefährlich nahe an Franklins Hals.
„Lucien, bitte“, schaltete ich mich wieder ein. „Lass ihn gehen. Er spioniert nicht. Darauf hast du mein Wort.“
Er schnaubte entrüstet. Mein Wort war hier nicht wirklich von Wert. Doch zumindest hielt es ihn für den Moment davon ab, Franklin die Kehle aufzureißen. Er musterte meinen Vater scharf, und als dieser versuchte, seinem Blick auszuweichen, fasste er seinen Kopf mit beiden Händen, zwang ihn, ihm in die Augen zu sehen und seine Seele zu öffnen. Franklins Fähigkeiten mochten noch so groß sein, der Macht des Lords konnte er sich nicht verweigern. Ich sah das Funkeln in Luciens dunkler Iris, als sich sein Blick tiefer und tiefer in den Geist meines Vaters senkte, dessen Augen sich verschleierten, hypnotisiert von der Macht des Lords. Zitternd wurde mir bewusst, was er dort finden würde.
„Er weiß, was es heißt, von einem Vampir geliebt zu werden“, stellte er in den Raum und dann an Franklin gewandt: „Nicht wahr, mein Schöner, du weißt es. Du hast schon so oft bei Armand gelegen. Hast Das Blut mit ihm getauscht und ihm gehört.“
Franklin schluckte. Seine Angst erfüllte mittlerweile den ganzen Raum, da konnte er noch so mutig tun.
„Welch eine Verlockung, einen Mann wie dich in unsere Reihen zu holen.
Djamil gedan
– so schön.
Kaweon gedan
– so stark. Und so vertraut mit Dem Blut.“ Seine Hand glitt von Franklins Wange über seinen Hals und seine Brust. Auch mein Vater zitterte jetzt. Er
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