Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
Hand unter den dünnen Stoff und streichelte die feste, leicht behaarte Brust. Es fühlte sich gut an. Mit einem kehligen Laut gab er zu verstehen, dass es sich für ihn ebenfalls gut anfühlte.
Zögernd löste ich mich von ihm, streifte den Stoff von seinen Schultern, während ich gleichzeitig einen Schritt zurücktrat. Aber noch so nah, dass ich ihn mit der ausgestreckten Hand berühren konnte. Ich focht einen inneren Kampf, von dem er nichts ahnte. Zwischen meiner Liebe als Tochter und dem Begehren des Vampirs, das er geweckt hatte. Abwartend ließ er seine Hände sinken, sodass der weiche Stoff zu Boden glitt. Tausend Fragen und Widersprüche spiegelten sich in seinen Augen. Auch er verstand nicht recht, was geschah, war machtlos gegen diesen plötzlichen Ansturm von Gefühlen.
Ich weidete mich für einen kostbaren Moment an dem Anblick seines Körpers. Noch immer sehnig und durchtrainiert. Weil Franklin viel auf sein Äußeres hielt. Und weil das Dunkle Blut seine Zellen durchtränkte. Mit jedem Trunk, den Armand ihm gewährte. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, wie oft mein Liebster diesen wundervollen Körper schon in seiner nackten Schönheit gesehen und berührt hatte. Der Kloß in meinem Hals war fast zu groß, um ihn hinunterzuschlucken. Meine Stimme wollte mir den Dienst versagen, als ich mühsam den Blutdämon wieder unter meinen eigenen Willen zwang und das Verlangen niederkämpfte, bevor es uns beide in die Hölle riss.
„Es darf niemals sein, Franklin“, sagte ich leise.
Unfähig, das Bedauern aus meiner Stimme zu verbannen, aber immerhin hatte ich die Worte ausgesprochen, die den bösen Zauber brachen. Er nickte, obwohl auch sein Blick noch von Begehren verschleiert wurde. Aber er war mir dankbar, dass ich mich zurückzog. Dass ich den nötigen Schritt tat, für den ihm die Kraft fehlte. Es dufte einfach nicht sein. Niemals. Wir hätten nicht damit leben können. Das brennende Verlangen nicht zu stillen, würde für uns beide leichter zu ertragen sein, als mit dem Gefühl der Reue zu leben, wenn wir tatsächlich jemals so weit gehen würden. Er sah meine Mutter in mir. Und natürlich den Vampir. Beides erweckte eine schmerzliche Sehnsucht. In mir rief nur das Dunkle Blut nach einem begehrenswerten Körper. Doch egal was Lucien auch immer tun würde, um mir meine Menschlichkeit zu nehmen, der Dämon würde nie so stark werden, dass ich bereit wäre, einen Inzest zu begehen. Eher würde ich sterben, als uns beiden das anzutun.
Draußen vor der Tür fingen meine Glieder an zu zittern. Das Biest in mir zog sich mit einem unwilligen Laut in die Tiefen meiner Seele zurück, zornig, weil es nicht bekommen hatte, wonach es hungerte. Ich brauchte einen Moment, um tief durchzuatmen und den Schrecken wieder los zu werden. Große Göttin, was hatten wir getan? Wie weit wären wir gegangen, wenn wir auch nur eine einzige Sekunde länger in dem Kuss verweilt hätten? Der Gedanke verursachte mir Übelkeit. Franklin erging es sicher nicht anders. Ich überlegte einen Moment, ob ich zurückgehen sollte, entschied mich jedoch dagegen, weil es mir zu riskant schien. Ich spürte den Dämon noch gierig unter der Oberfläche lauern. War mir nicht sicher, ob ich ihn ein zweites Mal bezwingen könnte, sollte Franklin vielleicht noch immer mit nacktem Oberkörper dort in seinem Wohnzimmer stehen. Er würde sich umbringen, wenn so etwas jemals geschehen sollte, daran zweifelte ich keine Sekunde. Und auch ich würde mit so einer Schuld nicht leben können.
Dunkler Engel
Der Mond stand beinah voll am Himmel. Über dem Garten von Gorlem Manor lag ein beruhigender Friede. Die kalte Nachtluft klärte meine Gedanken, besänftigte den Vampir in mir, bis von dem Begehren der letzten Nacht nichts mehr übrig blieb, als eine schwache Erinnerung. Versonnen ließ ich meine Hand durch das kalte Wasser des Brunnens gleiten. Der Mond spiegelte sich auf der Oberfläche, bewegt von den Wellen, die meine Finger erzeugten. Der Rand der Wasserschale war von leichtem Raureif überzogen. Meine Gedanken kreisten um Pettra, Lucien, Camille. Um die letzte Warnung meiner geliebten Lehrerin. Doch immer wieder kehrten sie auch zu meinem Vater zurück. Dann schaute ich zu den Flügeltüren hinüber, hinter denen sein Arbeitszimmer lag. Er hatte die Vorhänge zugezogen, nachdem er meiner Gegenwart hier draußen gewahr wurde. Ich konnte nicht vergessen, was ich letzte Nacht in seinen Augen gelesen hatte. Wie war das möglich? Wir waren Vater
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