Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
anderen beiden Dinge anging … ich konnte sie auf die Begegnung mit den Serpenias zurückführen, aber etwas in mir sagte, dass ich damit einer falschen Spur folgte.
„Mach ihn nicht auf“, schaltete sich Osira ein. Ihr Fell war gesträubt und auch mir wurde jetzt bewusst, welch eigenartige Ausstrahlung von diesem Stück Papier und der Lilie ausging. Dieselbe wie in den Glades.
„Die Untergrundbewegung hat eine schwarze Lilie als Emblem“, meinte Warren. „Soll ich ihn öffnen?“
Wortlos reichte ich ihm das Kuvert.
„
Kommen Sie übermorgen zum Hafen. Man hat Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Gezeichnet: M
.“
Überrascht riss ich Warren die Karte aus der Hand. Wer zur Hölle war M? Schon wieder Parallelen zu James Bond?
„Wirst du hingehen?“
Seine Hand auf meiner Schulter hatte etwas Beruhigendes. Ich rang mir ein Lächeln ab, ging zur Anrichte und entkorkte eine Flasche Bordeaux. Erst nachdem ich ihm ein Glas gereicht und an meinem genippt hatte, gab ich ihm eine Antwort.
„Mir bleibt kaum eine Wahl. Wenn wir Glück haben, wird uns der Einstieg leichter gemacht, als wir dachten.“
„Und wenn es eine Falle ist?“
Ich starrte auf die blutrote Flüssigkeit im Glas und die kleinen Wellen, die von meiner zitternden Hand herrührten. „Dann werde ich es übermorgen wissen.“
Müde stieg Jenny die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf, eine der vielen Katzen auf dem Arm, die seit dem Vorfall mit der Ammit vor zwei Jahren hier eingezogen waren. Niemand hatte es übers Herz gebracht, sie wieder abzugeben, also waren alle, bis auf Pheodora, die jetzt in New Orleans mit Scaramouche das French Quarter unsicher machte, geblieben.
Es war sehr spät geworden, aber das wurde es in letzter Zeit immer. Sie vermisste Mel und die Gespräche mit ihr, darum vergrub sie sich jetzt in Arbeit und die Studien der Para-Wissenschaften. Ihr Kopf war so voller Informationen, dass sie sich nur noch nach ihrem Bett sehnte, um das Gelesene im Schlaf zu verarbeiten. Sie rieb sich die Schläfen, löste das Haarband aus ihrer blonden Lockenmähne und öffnete schließlich ihre Zimmertür. Alles war dunkel, doch Jenny entzündete keine Kerze und schaltete auch das elektrische Licht nicht ein. Sie liebte die Nacht. Dunkelheit hatte etwas Beruhigendes, wie sie fand.
Über fünf Jahre war sie nun im Orden. Vor ein paar Wochen hatte sie ihren sechzehnten Geburtstag gefeiert. Aber scheinbar fielen die Veränderungen an ihrem Körper nur ihr selbst richtig auf. Ja, sie war immer noch recht knabenhaft für ein Mädchen. Mit schmalen Hüften, flachem Bauch und Po. Aber immerhin hatte sie deutlich mehr Busen bekommen und ihre Züge waren nicht mehr kindlich wie früher. Doch keiner der jungen Männer im Orden sah mehr als die „kleine Schwester“ in Jenny und allmählich ging ihr das auf die Nerven. Wenn doch wenigstens einer von ihnen sie mal mit anderen Augen anschauen oder ihr kleine Komplimente machen würde. Es gab etliche hier, die ihr gefielen. Doch jeder sah nur das süße Mädchen, niemand die heranwachsende Frau. Es war frustrierend.
Sie setzte die Katze auf den Boden, zog sich aus und schlüpfte unter die Bettdecke. Wie so oft ließ sie ihre Finger über ihre Haut gleiten, genoss das leichte Erschauern, das diese Berührung in ihr wachrief. Das Sehnen nach mehr und vor allem, dass es ein Mann wäre, der sie so berührte. Dann strichen ihre Finger über das Mal unterhalb ihres linken Busens und sie zuckte zusammen. Sie war nicht damit geboren worden, es war erst vor ein paar Jahren aufgetaucht, als sie schon dem Orden angehörte. Bislang hatte sie mit niemandem darüber gesprochen. Das Mal machte ihr Angst, denn es sah fast aus wie ein Brandzeichen. Darum hatte sie sich auch schon oft gefragt, ob es etwas mit ihrer Gabe zu tun hatte. Jenny verfügte über die Fähigkeit der Pyrokinese und das Mal sah nach einer Flamme aus, über der eine Mondsichel prangte.
Fröstelnd zog sie die Decke bis zum Kinn und drehte sich zur Seite. Vielleicht sollte sie doch mit Franklin über dieses Zeichen sprechen und den Zeitpunkt, an dem sie es erhalten hatte? Tief in ihr fühlte Jenny, dass es nichts Gutes bedeutete.
Zu so später Stunde herrschte immer noch reges Treiben am Hafen. Mich wunderte daher die Wahl des Treffpunktes. Vielleicht zielte M. darauf ab, hier weniger aufzufallen.
Es beruhigte mich, dass Warren in einem Café in der Nähe Posten bezogen hatte. Auch wenn mir klar war, dass er im Fall des Falles nicht
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