Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
allmählich die Angst, einen Dämon im Nacken zu haben.
Es nieselte. Kühler Regen traf sein Gesicht. Für einen Moment schloss Warren die Augen. Er musste an Mel denken. Ihre Finger fühlten sich ebenso kühl an auf seiner Haut. Er lächelte versonnen. Natürlich hatte er keinen Anspruch auf sie. Auch jetzt nicht, wo Armand fort war. Zwischen ihnen herrschte ein inniges aber freundschaftliches Verhältnis. Keine Liebe. Sein Lächeln erlosch. Die Sehnsucht nach ihr verzehrte ihn. Er schloss seine Hand um die Phiole, die er an einer Silberkette um den Hals trug. Die Phiole mit ihrem Blut. ‚
Du musst sie nur berühren und nach mir rufen. Ich finde dich überall auf der Welt
.’ Das hatte sie gesagt, als sie ihm den kleinen Behälter reichte. Und dass es ihn vor anderen ihrer Art schützen würde. Immerhin, der Schutz schien zu funktionieren. Bisher hatte ihn kein anderer Vampir bedroht. Ob der zweite Teil des Versprechens auch stimmte? Er zwang sich, die Phiole loszulassen. Bisher hatte er nicht nach ihr gerufen, obwohl die Versuchung groß gewesen war, nachdem sie London verlassen hatte.
Aber das alles war jetzt nicht wichtig. Die Situation war brenzliger, als sie zunächst angenommen hatten, das bewies die neuerliche Einladung des unbekannten Sir Maxwell. Der Name sagte weder der Ashera, noch Melissas Mentor, diesem Lord Lucien, etwas. Ein völlig unbeschriebenes Blatt, doch seine Pläne waren beunruhigend und bedrohlich. Er hatte sich einige PSI-Wesen ausgesucht, die er mit Aufgaben betrauen wollte, deren gemeinsames Ziel es war, Darkworld wieder zu öffnen. Warren hatte noch nie etwas von dieser Darkworld gehört, aber Mels Reaktion auf diesen Begriff sprach Bände. Und dass auch Lucien gestern am Telefon zu Mel gesagt hatte, sie solle sich vom Untergrund fernhalten, trug nicht dazu bei, Warren zuversichtlich zu stimmen. Sie hatte demLord nur wenig erzählt, das wollte sie lieber persönlich tun, wenn das Treffen vorbei war. Irgendwie wurde Warren das Gefühl nicht los, dass auch der Vampirälteste bei Offenlegung aller Informationen vehementer gegen das Treffen argumentiert hätte. Am liebsten wollte er ihr das Ganze ausreden und Franklin bitten, jemand anderen darauf anzusetzen. Doch die Fakten lagen auf der Hand: Mel hatte den leichtesten Einstieg von allen Ashera-Mitgliedern, weil sie ein PSI-Wesen war. Und man begegnete ihr offenbar ohne Argwohn, öffnete ihr freiwillig die Türen. Eine bessere Ausgangsposition gab es nicht, egal wie viel Vorbehalte jeder von ihnen haben mochte. Auch Mel fühlte sich nicht wohl, das sah er ihr an. Trotzdem konnten sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Also blieb er auf seinem Posten, von dem aus er den Tisch im Restaurant, wo das Treffen stattfinden sollte, im Auge hatte und sorgte dafür, dass die Verbindung zwischen Mel und dem Mutterhaus stabil blieb, damit kein noch so kleines Detail dieses Treffens verloren ging. Vorsicht war geboten, denn er durfte von den Mitgliedern der paranormalen Untergrundbewegung nicht entdeckt werden, denen Mel sich mit ihrem Erscheinen offenkundig anschloss. Wenigstens war er hier in ihrer Nähe. Auch wenn ihm die Hitze Floridas so gar nicht gefiel. Da tat der Regen schon beinah doppelt gut.
Trotzdem hätte er seine Beobachtungen auch gern nach drinnen verlagert, wo das Treffen stattfand. Da gab es kühles Bier und eine Klimaanlage. Doch es wäre zu auffällig gewesen. Also blieb er auf seinem Posten und verfolgte lieber alles über den kleinen Monitor in seiner Hand, der per Funksignal alles empfing, was Mel durch ihre Spezialbrille sah. Ein kleines Mikro am Bügel zeichnete auch die Gespräche auf. Er war also so gut wie vor Ort, auch wenn das kühle Bier doch eine Entbehrung war.
Eine Gruppe von Menschen. Scheinbar gute Freunde, die sich zu einem gemütlichen Abend zusammengefunden hatten. Die perfekte Tarnung für jeden von uns. Denn menschlich waren wir alle nicht.
Cyron Gowl – der Wandler – hatte die Gestalt des Börsenmaklers angenommen, der ihm auf dem Weg zu diesem Treffen zufällig begegnet war. Wie er wirklich aussah, wusste niemand.
Malaida Sket – die Elfe – verbarg ihre spitzen Ohren unter der langen Haarpracht und trug braune Kontaktlinsen, damit man ihre gold und silbern schimmernden Augen nicht sah.
Gorben Wulver – der Kobin-Zwerg – war vielleicht der Ungewöhnlichste von uns, weil er wie ein Liliputaner aussah.
Goshwa Argres – der Luchsar – hatte die typische Gesichtszeichnung seiner
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