Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Thronsaal, denn ich wollte lieber nicht wissen, was die beiden aushandelten. Mir war jedoch klar, dass mein Vater den schlechteren Part dabei erwischte, weil Luciens Angebot für uns zu wichtig war, um es auszuschlagen. Gerade deshalb hatte ich nicht den Mittler spielen wollen. Ich konnte nicht mit Franklin als Preis verhandeln, was dachte Lucien sich eigentlich? Ob das Ergebnis sich durch ein direktes Gespräch für Dad verbesserte, war schwer zu sagen, aber zumindest trug ich keine Schuld daran. Ein bitterer Nachgeschmack blieb dennoch.
Während mein Vater und Lucien über das Relikt verhandelten, beschloss ich, Steven zur Rede zu stellen, was seine Forschungen und diese verrückte Theorie betraf, eine Verbindung beider Blutlinien sei ungefährlich.
Schon der Ausdruck in meinem Gesicht verriet Steven, dass ich nicht die allerbeste Laune hatte. Trotzdem ließ er mich ein, beäugte mich aber mit einer Mischung aus Unsicherheit und Verwunderung. Ich redete nicht lange um den heißen Brei.
„Was sind das für Untersuchungen, die du mit dem Blut der beiden Geschwisterlinien treibst?“
Überraschung zeigte sich in seinen Augen, vielleicht auch so was wie Erschrecken.
„Woher weißt du davon?“
„Von Lucien. Er hat mich davor gewarnt, mich als Versuchskaninchen missbrauchen zu lassen. Ist es das? Geht es darum?“
„Blödsinn!“ Ärgerlich zog Steven die Stirn kraus und schüttelte den Kopf. „Ich habe Blut- und Gewebeproben unter dem Mikroskop untersucht, zu Forschungszwecken, sonst nichts.“
Er nahm mir damit den Wind aus den Segeln, denn dagegen konnte ich schlecht etwas vorbringen, hatte ich es doch einmal genauso gemacht. Mit Pettras Blut, meinem und dem von Armand.
„Und ja, die Zellstruktur ist sich viel zu ähnlich, als dass ich mit logischem Verstand daran glauben könnte, mich in eine lebende Fackel zu verwandeln, wenn ich Schwesternblut in die Adern bekäme.“
Damit ging er nun wieder einen Schritt zu weit. „Du hast ja keine Ahnung. Ich weiß, wie es sich anfühlt. Ich trage einen Tropfen von Tizians Blut in mir und habe am eigenen Leib gespürt, was passiert, wenn Kalistes Dämon seiner habhaft werden kann. Wenn Lucien nicht …“
„Mel, du kannst dir deine Erklärungen sparen, ich weiß sehr wohl, wovon du redest.“
Es verschlug mir die Sprache. Was sollte das heißen, er wusste wovon ich sprach? Behutsam nahm er mich in die Arme, wohl weil er fürchtete, dass ich ihn abwehren würde. Aber im Augenblick war ich viel zu beschäftigt mit den vielen Fragen, die sich hinter meiner Stirn jagten.
„Ich habe es selbst ausprobiert, als ich mir sicher genug war. Ein Tropfen Blut aus Kalistes Linie. Ich kenne die beiden Dämonen, die aufeinander losgehen, weiß, wie es dem menschlichen Körper zusetzt. Und ich hatte niemanden, der mir geholfen hat. Aber es war ja auch mein eigener Leichtsinn. Wie du siehst, ich habe es überlebt. Die Qualen werde ich nicht vergessen, doch es ist kein Fluch, der uns alle vernichtet, daran kann ich einfach nicht glauben. Dafür bin ich zu sehr Mediziner. Dennoch dürfte es für jeden der es ausprobiert schwer sein, es zu überstehen. Vor allem, wenn die Blutmenge größer ist.“
„Und wenn du dich irrst? Wenn es in größerem Maße doch uns alle betrifft?“
Er seufzte und küsste mich auf die Stirn, gab mir aber keine Antwort auf meine Frage. „Können wir nicht von was Angenehmerem sprechen? Oder es tun?“ Sein Grinsen war zwar noch immer unsicher, aber ich sah bereits wieder das Feuer in seinen Augen. „Es sei denn, du lässt dich jetzt von einer irrationalen Angst beherrschen und dir den Spaß verderben.“
Ich boxte ihm in die Seite, aber meine von Lucien angestachelten Bedenken waren dahin. Es war beim letzten Mal auch nichts passiert und er hatte es nicht darauf angelegt, obwohl er da ein leichteres Spiel gehabt hätte als jetzt. Und wenn er die Folgen aus eigener Erfahrung kannte, war das ein Grund mehr, dieses Risiko zu vermeiden und sich auf die rein körperliche Befriedigung zu beschränken.
„Ich sehe, du bist kein Angsthase, Wildcat“, neckte er mich schmunzelnd.
Seine Augen sprachen Bände, meine allerdings ebenfalls.
In den kommenden Tagen wurde ich das Gefühl nicht los, dass Lucien verstimmt darüber war, wie viel Zeit ich mit Steven verbrachte und dass wir es keineswegs bei einem Drink oder Kinobesuch beließen. Doch Steven tat mir gut, er brachte mich sozusagen ins wahre Leben zurück, schien die Wunde langsam zu
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