Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
schließen, die Armands Fortgang gerissen hatte, auch wenn ich längst noch nicht soweit war, zu vergessen oder aufzugeben. Ich telefonierte regelmäßig mit Lemain und Henry, doch weder der Vampir noch Armands Verwalter und die von ihm beauftragte Detektei konnten eine Spur finden. Allmählich dachte ich darüber nach, neu anzufangen, wenn Armand nicht zurückkam. Nur eine kleine flüsternde Stimme in meinem Inneren blieb und warnte mich beständig, ihn nicht aus meinem Herzen zu verbannen. Unsere Liebe noch nicht abzuschreiben.
Der Kampf mit den Schlangen und dem Sumpf war kräftezehrend gewesen und hatte ihn völlig erschöpft. Armand zog eine blutige Spur hinter sich her, denn die Kratzer der Schlangenstacheln heilten ebenso wenig wie die tiefe Wunde am Bein. Er wusste nicht, wie lange er bewusstlos am Rand des Sumpfes gelegen hatte. Aber zumindest ließ das Taubheitsgefühl im Mund nach. Sein Körper hatte den Tiefschlaf so gut es ging genutzt, doch noch immer wirkte das Dunkle Blut nicht so, wie es das für gewöhnlich tat. Ihn schmerzten sämtliche Knochen, als habe er auf einer Streckbank gelegen. Und was er nun vor sich sah, war nicht vertrauenerweckender als das dunkle Moor.
Der Gang zog sich endlos dahin, am Ende nur undurchdringliche Schwärze. Hitze schlug ihm entgegen, schien von überall her zu kommen. Rechts befand sich eine glatte Steinwand, doch auf der linken Seite ragten vierzig Zentimeter lange Eisenstacheln aus dem Mauerwerk. Armand schluckte und ignorierte das Frösteln, das ihm trotz der steigenden Temperaturen über den Rücken lief. Er musste hier durch, wenn er diesem Gefängnis entkommen wollte. Entschlossen betrat er den Gang, achtete darauf, wohin er seine Füße setzte und lauschte angestrengt auf irgendwelche Anzeichen eines Verfolgers oder einer Falle, wobei letzteres in Anbetracht der Stacheln ja fast schon offensichtlich war. Doch hatte er eine Wahl? Aus dem Fußboden stieg ihm Wärme in die nackten Sohlen, kroch an seinen Beinen empor. Nicht unangenehm nach dem kalten, feuchten Sumpf, doch wenn sie weiter zunahm, konnte es schmerzhaft werden. Seine Schuhe steckten irgendwo im Morast, sollten sich die Schlangen seinetwegen ein Nest darin bauen.
Nach etwa zwanzig Schritten gab es einen ohrenbetäubenden Knall hinter ihm. Er fuhr herum, eine schwere Gittertür befand sich nun dort, wo er eben noch den fragwürdigen Fluchtweg betreten hatte. Ihm wurde heiß und kalt, ein Adrenalinstoß vertrieb auch den letzten Rest von Erschöpfung. Er drehte sich wieder um und ging weiter. Das leise Knarren neben ihm versetzte sein Herz in einen rasanten Rhythmus und zog ihm schier die Eingeweide zusammen. Es blieb nicht bei dem unheilvollen Geräusch, Sekunden später geschah genau das, was Armand befürchtet hatte. Die glatte Steinwand bewegte sich langsam und stetig auf ihn zu. Panisch warf er sich dagegen, wohl wissend, dass diese Bemühung aussichtslos war. Der massive Stein schob ihn unaufhaltsam weiter in Richtung der todbringenden Spitzen, egal wie heftig er sich auch dagegen stemmte, und gleichzeitig nahm seine zweite Befürchtung Gestalt an. Die Mauer erwärmte sich. Nicht lange und auf seinen Handflächen bildeten sich Blasen, zischte seine schweißüberströmte Haut, sobald er mit dem heißen Felsen in Berührung kam. Bei der Wahl zwischen verbrennen und aufgespießt werden, hoffte er inständig, dass ihm noch eine dritte Variante geboten wurde, denn beides war nicht erstrebenswert.
Den Kristall fest an sich gepresst, taumelte Gorben vorwärts. Er bekam kaum noch Luft, seine Haut glühte, war an mehreren Stellen bereits aufgeplatzt und sonderte ein eitriges Sekret ab. Ihm war bewusst, dass er ohne Hilfe nicht mehr lange überlebte, nur woher sollte diese Hilfe kommen?
Den Auftrag hatte er erfüllt, vielleicht, wenn er so lange durchhielt, bis der Anruf von Sir Maxwell kam, dann konnte er ihm sagen, wo er lag. Er wollte doch den Kristall und würde Hilfe schicken, damit Gorben ihm den Stein bringen konnte. Er klammerte sich an diese Hoffnung, lauschte zitternd vor Kältekrämpfen auf das Klingeln des Mobiltelefons und hielt seine Beute fest umschlossen, damit sie seinen schweißnassen Fingern nicht entglitt. Dabei torkelte er wie ein Betrunkener weiter, ohne klares Ziel.
Er musste das Bewusstsein kurz verloren haben, denn der Schatten, der sich über ihn beugte, war so plötzlich da, dass Gorben erschrak. An ein Zurückweichen war nicht zu denken. Sein Körper war
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