Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
noch in seinem gemütlichen Zimmer in London sitzen zu dürfen. Das war definitiv noch eine Nummer zu groß für ihn.
Franklin hatte ihn mit allem versorgt, was sie bisher wussten. Über Darkworld, die Sougven und Sir Maxwell. Auch das Wenige, was es über Kaliste in den Ashera-Archiven gab, hatte er dazugepackt. Von dieser Person sollte Mels Dunkles Blut abstammen? Ihn schauderte. Aber Mel war nicht so, wie diese Teufelin. An seiner Liebe zu ihr konnte auch das Wissen um ihre vampirische Herkunft nichts ändern. Seufzend rieb er sich über die Augen. Seine unerwiderte Liebe. Egal was er tat und egal was geschah, für Mel war er nur ein guter Freund. Er hatte inzwischen verstanden, dass sie damit ihren Respekt und ihre Zuneigung äußerte, denn eine Beziehung zu ihr konnte sehr schnell zur ernsten Gefahr für sein Leben und seinen Seelenfrieden werden. Aber die Sehnsucht blieb und schmerzte weiterhin.
Draußen vor dem Fenster knackte es, Warren fuhr herum. Seit Tagen hatte er immer wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Manchmal glaubte er, das Leben im Orden sei vielleicht doch nicht für ihn geeignet, weil das Wissen um all die finsteren Gesellen, die unbemerkt da draußen frei herumliefen und sich nicht mit einer simplen Kugel ausschalten ließen, an seinen Nerven zerrte. Er war sensibler geworden, litt zuweilen auch unter Angstzuständen. Doch Franklin hatte ihm in einem Gespräch versichert, dass so etwas normal war, wenn man in seinem Alter zum ersten Mal mit diesen Wesen in Kontakt kam. Mit der Zeit gewöhne er sich daran. Warren hatte keinen Grund, an Franklins Versicherung zu zweifeln.
So schalt er sich auch jetzt wieder einen Narren und konzentrierte sich lieber weiter auf die vor ihm liegenden Dokumente. Je genauer sie die potentiellen Pläne ihres Gegners kannten, umso besser konnten sie dagegen vorgehen. Einstweilen blieb ihnen nur, Darkworld zu schützen … wenn sie das überhaupt vermochten. Falls Maxwell mit einer ganzen Armee von Dämonen anrückte, konnten sie wenig tun, doch Franklin schien nicht davon auszugehen.
Es gab mehrere Wege, die Maxwell einschlagen konnte. Sogar einen geheimen Weg an den sieben Wächtern vorbei, Dämonenschlangenwie die, mit denen Mel in Shanghai gekämpft hatte. Dort hatte Franklin den Großteil ihrer Leute postiert. Der andere Weg wurde noch immer von Schlangen bewacht, wenn auch vermutlich nicht mehr von sieben. Auch Serpenias starben irgendwann an Alterschwäche. Oder unternahmen eine Auslandsreise. Warren lachte bitter. Er hatte inzwischen einige Möglichkeiten herausgearbeitet, die Maxwell vielleicht anstrebte, und es gefiel ihm keine davon. Doch noch war er nicht fertig. Es gab immer noch Variationen und er hätte es sich nicht verziehen, auch nur eine zu übersehen. Da kam ihm seine Ausbildung beim MI5 wieder zugute. Ein klein wenig Profiling beherrschte er, und Einsätze planen hatte zu seinen Aufgaben gehört. Dabei spielte es keine Rolle, ob man die aus Sicht des Täters oder der Justiz vornahm.
Wieder erklang das Geräusch vor seinem Fenster. War da jemand? Für einen Moment glaubte er, ein Gesicht zu erkennen, aber es war so schnell verschwunden, dass ihm sein Verstand auch einen Streich gespielt haben konnte. Trotzdem ging er hinüber, um nachzusehen. Wenn Gorlem Manor nun beobachtet wurde und der Feind ihnen einen Schritt voraus war, indem er sich darüber informierte, was sie wussten oder zu wissen glaubten?
Draußen war alles still und leer. Nur ein paar Fledermäuse und Käuzchen flogen durch den Garten.
„Ich leide unter Paranoia“, sagte Warren zu sich selbst. Warum ausgerechnet Gorlem Manor? Und um alle Ashera-Mutterhäuser zu überwachen, dafür hatte er bestimmt nicht genug Leute. Mit diesen Gedanken wollte er sich beruhigen, leider gelang es nicht so recht.
Ein Klopfen an der Zimmertür lenkte ihn vom Garten ab. Es war Franklin.
„Weitere Hiobsbotschaften?“, fragte Warren, als er den besorgen Gesichtsausdruck des Ashera-Vaters sah.
„Nun, ich fürchte ja, Warren. Bartholomäus Blogward, ein befreundeter Magier, hat mich gerade angerufen. Er besitzt, oder besser besaß, den Bannkristall von Rugrewon, ein Relikt, das auch Yrioneth in Schach halten kann.“
Warren keuchte und setzte sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. „Das heißt …“
„Dass sie einen weiteren Schritt getan haben und wir auch die Bedeutung des Kristalls in unsere Überlegungen einbeziehen müssen.“
„Was ist das für ein Kristall? Und warum liegt
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