Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Sich wieder frei bewegen zu können und ohne unzählige Vorsichtsmaßnahmen seiner Natur nachzugehen. Die alten Zeiten würden wiederkommen.
Aber was stand sie hier herum und träumte? Dafür war später noch Zeit. Malaida konzentrierte sich und nahm ihre magische Form an, kolibri-groß, ähnlich einem Schmetterling, silberfarben und mit Elfenstaub umhüllt. Jedes Kind machte große Augen und staunte, wenn es ein solches Wesen erblickte. Man wirkte so unschuldig und zerbrechlich, völlig harmlos. In dieser Form folgten einem die Kleinen vertrauensvoll überall hin, und von den Großen wurde man erst gar nicht wahrgenommen.
Malaida versteckte sich hinter einem Wassertrog in der Nähe der Ponys und beobachtete das Mädchen mit ihrer Zirkusfamilie bei den morgendlichen Übungen im Freien. Trotz schönen Wetters machte das Mädchen kein fröhliches Gesicht. Es absolvierte seine Übungen lustlos und mechanisch, zum Missfallen seiner Eltern bei weitem nicht gut genug, wofür es sich nach mehrfachen Ermahnungen sogar eine Ohrfeige einfing. Malaida zuckte beim klatschenden Geräusch zusammen, sah Tränen in die Augen der Kleinen treten und sie tat ihr leid. Samara hatten die anderen sie genannt. Das war schon mal wichtig. Als das Mädchen jetzt weinend weglief, worum sich niemand scherte, folgte Malaida ihr in den Wald hinein. Trost war nun angebracht. Eine weitere Sache, die ihr in die Hände spielte.
Malaida wartete, bis Samara sich auf einen umgestürzten Baumstamm setzte, dann flatterte sie herbei, umschwirrte das Mädchen wie eine aufgeregte Libelle, damit es sie beachtete und verharrte schließlich direkt vor seiner Nase in der Luft.
„Hallo, Samara“, grüßte sie freundlich und lächelte.
„Bist du … bist du etwa eine Fee?“
Malaidas Lachen klang wie kleine Glöckchen. „Aber nein. Ich bin eine Elfe. Sieht man das denn nicht?“
Sie flatterte ein paar Mal mit ihren silbernen Flügelchen und drehte sich vor Samara im Kreis, was diese lachen ließ.
„So gefällt mir das. Lachen ist viel besser als weinen.“
Samara schniefte und wischte sich mit dem Ärmel ihres Akrobatentrikots übers Gesicht.
„Erzählst du mir, warum du weinst, Samara?“
Sie kam noch ein Stückchen näher und setzte sich auf die schmale Schulter des Mädchens. Das hatte immer was von diesem Engelchen und Teufelchen an sich, fand sie. Wobei fraglich war, welche Rolle ihr näher kam.
„Ich bin einfach nicht gut genug, sagt Papa. Ich tauge nichts für den Zirkus.“
„Mhm“, machte Malaida, schlug ihre kleinen Elfenbeine übereinander und stützte den Ellbogen auf dem Knie und das Kinn auf der Handfläche ab. Sie schaute nachdenklich drein, dann fragte sie: „Und warum machst du dann nicht etwas anderes? Es gibt doch nicht nur Zirkus im Leben.“
„Für mich schon“, seufzte Samara. Doch dann leuchteten ihre Augen auf und ihre Wangen wurden von einer aufgeregten Röte überzogen. „Aber bist du wirklich eine richtige Elfe? Aus dem Elfenreich? Wie im Märchen?“
Immerhin keine Zweiflerin. „Natürlich. Eine richtige Elfe, wie im Märchen. Nur eben in echt.“
„Wo ist denn dein Elfenstab?“
Mist, dachte Malaida, doch die Frage hörte sie nicht zum ersten Mal und wusste auch sie zu nutzen. Ihr Gesicht wurde ganz traurig und sie drückte sich eine Krokodilsträne aus den Augen.
„Ich hab ihn verloren. Jetzt wird mein Papa sicher sehr böse mit mir werden.“
„Verhaut dich dein Papa dann? Meiner macht das immer, wenn er böse auf mich ist. Er ist sehr oft böse auf mich.“
Es war schön, dass Samara so redselig war, aber die Wendung durfte ihr jetzt nicht wieder entgleiten. Besser, sie blieben bei dem Elfenstab und nicht beim Thema Vater-Tochter-Beziehung.
„Vielleicht finden wir den Stab ja zusammen wieder. Ich hab ihn hier im Wald verloren. Hilfst du mir suchen?“ Sie strahlte Samara hoffnungsvoll an.
„Klar. Wo genau hast du ihn denn verloren?“
„Noch ein ganzes Stück tiefer im Wald. Komm mit, ich zeige dir wo.“
Ohne Zögern lief Samara hinter Malaida her, tiefer in den Wald hinein, weit weg von den Zirkuswagen und den vielen erwachsenen Menschen.
Erschöpft lagen wir mit ineinander verknoteten Gliedern auf dem Bett. Ich hatte mein Gesicht in Stevens Halsbeuge gepresst, der ganze Raum roch nach Blut, Schweiß und dem herben Aroma von Lust.
„Puls, Atmung. Es riecht auch nicht verkohlt. Hey, sieht so aus, als wären wir noch am Leben“, meinte Steven schließlich nach einer Weile mit
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