Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
weil seine Hände schweißnass waren und außerdem eine Welle unbeschreiblichen Schmerzes durch seinen Körper zuckte, als verbrenne ihm ein Feuer die Eingeweide. Er fragte sich, ob die Hitze in dem Gang ihn nun tatsächlich gar kochte, realisierte dann aber, dass es hier oben kühler war und die Ursache woanders liegen musste. Er hatte keine Zeit, sich weiter Gedanken darum zu machen, nur noch einige Zentimeter und die beiden Wände trafen aufeinander. Armand keuchte, kämpfte um Halt und wäre beinah wieder heruntergefallen. Doch er schaffte es, sich zu halten und weiter nach oben zu ziehen, auch wenn es seinen Körper fast in Stücke riss. Dennoch, vor Erleichterung wurde ihm schwindelig, als er erkannte, dass hier oben tatsächlich ein Spalt war, in dem er vor den Stacheln sicher war. Nicht sehr breit, er schürfte sich Brust und Rücken auf, als er sich hineinzwängte, doch es genügte. Hier konnte er liegen bleiben, seine Muskeln entspannen und darauf warten, dass dieses Martyrium, für das er keinen Grund erkennen konnte, wieder abebbte.
Still verharrte er dort oben mit keuchendem Atem und zitternden Gliedern, bis das beängstigende Knarren und Schaben erstarb und die Wand stehen blieb. Es dauerte einen Moment, dann hörte er, wie vor ihm eine zweite Gittertür quietschend aufschwang und gleich darauf glitt das Mauerwerk mit deutlich weniger Lärm in seine ursprüngliche Position zurück. Noch während es sich bewegte, sprang er aus seinem Versteck. Er wollte keine Zeit verlieren und riskieren, dass das Schauspiel erneut losging. Ein zweites Mal hätte er nicht die Kraft gehabt. Seine Muskeln krampften und zitterten, es zog ihm die Eingeweide zusammen, doch er blieb nicht stehen, schleppte sich mehr als dass er rannte, aber er erreichte das andere Ende und lehnte sich dort hinter dem Gitter gegen das nun wieder angenehm kühle Gestein, gönnte sich eine Verschnaufpause in vager Sicherheit.
Was war geschehen? Woher kam nur dieser innere Schmerz? Er fand keine Erklärung, konnte auch keine Verbindung zu seinem Blutdämon aufnehmen, der noch immer geschwächt und gebannt tief in ihm schlummerte. Gerade wach genug, die ärgsten Wunden langsam zu heilen. Doch er glaubte, ein Aufheulen der Kreatur gespürt zu haben. Oder war es nur Welodan gewesen? Der Panther erschien Sekunden später, als habe er seinen Namen gehört, leckte Armand übers Gesicht und blieb dann dicht bei ihm liegen, bis er langsam wieder Kraft genug gesammelt hatte, um aufzustehen und seinen Weg fortzusetzen.
Wo findet Trost mein einsam Herz?
Der Vorteil einer Elfe war zweifellos, dass es viele von ihnen gab und sie über den ganzen Globus verstreut waren. Beinahe ein Kinderspiel, dieses Mädchen mit dem Engelsmal ausfindig zu machen. Zwei Flügel von einem Heiligenschein gekrönt. Es sah aus wie ein Muttermal und prangte unter ihrem Herzen. Bei einem kleinen Wanderzirkus hatte ihre Cousine fünfzehnten Grades die Kleine vor ein paar Tagen entdeckt und es ihr sofort gemeldet. Nun war sie hier, um sich selbst ein Bild davon zu machen. Aber was sie bisher gesehen hatte, stimmte Malaida zufrieden.
Die Kleine mochte vier oder fünf sein, trat bei den Akrobaten auf, weil sie ihren Körper verbiegen konnte, als sei er aus Gummi. Wie oft man ihr wohl die Gliedmaßen fast aus den Gelenken gerissen hatte oder die Muskeln bis kurz vor dem Zerreißen gedehnt, damit sie jetzt diese Höchstleistungen bringen konnte?
Es war gut, dass das Kind noch so jung war. Je jünger, desto leichter ließen sich Kinder fangen, weil sie in diesem Alter noch an Elfen und Feen glaubten, die Wünsche erfüllen. Mit dem Trick waren schon eine Menge Kinder von ihrem Volk gelockt worden und dann verschwunden. An Teenagern oder Erwachsenen waren Elfen nicht interessiert. Deren Wünsche und Hoffnungen waren zu verdorben, immer materialistisch. Kinder hingegen hatten Wünsche, die nach Honig und Zuckerwatte schmeckten, nach Milch und Walderdbeeren. Ihre Hoffnungen waren bunt und vielfältig und voller Phantasie. Solche Dinge schmeckten Elfen. Nicht die bitteren Gedanken an Reichtum, Macht und Karriere. Malaida schüttelte sich. Auch das süße Mädchen hier hatte noch Zuckerwattenträume.Aber es war nicht für sie bestimmt. Wenn sie es bei Sir Maxwell abgab, musste es unversehrt sein. Unschuldig und rein, damit es das Tor öffnen konnte und Yrioneth sie dann von der Herrschaft durch die Menschen befreite.
Wie schön wäre es, sich endlich nicht mehr verstecken zu müssen.
Weitere Kostenlose Bücher