Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
rauer Stimme.
„Mhm“, machte ich träge. Ich hatte noch nicht die Kraft zu reden. Mein Blut rauschte durch die Adern, ich hörte meinen Herzschlag in den Ohren trommeln.
Er fand als erstes wieder genug Kraft, um sich von mir zu lösen. Seine Lippen streiften meinen Mund, seine Finger ruhten warm auf meiner Wange. Ich öffnete die Augen und blickte in das dunkle Blau seiner Iris.
„Du bist wunderschön“, raunte er.
„Danke, du auch.“ Selbst lächeln strengte mich an.
„Würdest du es bereuen, wenn es deine letzte Nacht gewesen wäre?“
Ich runzelte die Stirn, weil mein Verstand noch zu träge arbeitete. Aber dann wurde mir klar, was er damit meinte und ein Schauer durchlief meinen Körper. „Göttin, was haben wir getan?“
„Zumindest nichts, was uns ins Nirwana befördert hätte und ich gehe fest davon aus, dass auch alle anderen Vampire auf diesem Planeten noch leben.“
„Aber es heißt …“
„Ich sagte doch, aus medizinischer Sicht habe ich nie daran geglaubt.“ Er kämpfte sich stöhnend vom Bett hoch und streckte seine steifen Glieder. „Okay, angenehm war es nicht, aber vermutlich ist es damit jetzt ausgestanden.“
Ich schaute ihm zu, wie er sich die Jeans anzog und dachte wieder, wie verdammt gut er doch aussah. „Was meinst du mit ausgestanden?“ Auch ich streckte mich, stellte fest, dass es mehr schmerzhaft als wohltuend war und ließ es dann lieber bleiben.
„Wenn ich mit meiner Vermutung recht habe, ist das Blut jetzt eins. Ob von dem einen oder dem anderen. Die Dämonen kämpfen nicht mehr miteinander. Du hattest doch sicher die gleiche Vision wie ich? Sie haben sich vereint.“
„Na ja, ich würde das anders nennen.“ Eine Vereinigung erfolgt in meinen Augen selten durch den Schlund.
Er lächelte mich an und beugte sich herunter, um mich zu küssen. „Bist du mir böse?“
Ich wusste nicht, was diese Frage sollte. Abgesehen davon natürlich, dass er uns beide in Lebensgefahr gebracht hatte. Aber ich war nicht ganz unbeteiligt daran. Doch nachdem wir immer noch am Leben waren, sich eine weitere Lüge unserer Königin in Rauch aufgelöst hatte und tatsächlich die Möglichkeit bestand, dass der Kampf der beiden Blutdämonen in uns generell ausgefochten war, sah ich wenig Grund, ihm böse zu sein.
„Ich wollte es einfach wissen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass mehr dran ist als eine gewisse Unverträglichkeit.“
„Und was hättest du getan, wenn diese Unverträglichkeit tödlich geworden wäre?“
„Hey, gegen allergische Schocks hab ich immer genug Cortison im Haus.“
Ich konnte über den Witz nicht lachen. „Wie weit waren deine Forschungen, dass du es immerhin gewagt hast, mich als Versuchskaninchen zu nehmen?“
Zumindest darüber konnte ich schmollen. Laborratte sein war deprimierend.
Steven setzte sich auf den Rand des Bettes und nahm meine Hand, während er weitersprach. So langsam wurde es wieder klar in meinem Kopf.
„Ich habe mein Blut untersucht. Und ich habe Luciens Blut untersucht. Er weiß nichts davon. Es ist auch nicht wichtig, wie ich da rangekommen bin. Frag mich nicht.“
Ich musste nicht fragen. Ich wusste von Luciens besonderen Wein-Flaschen mit seinem Blut, das dazu diente, sich menschliche Gäste gefügig zu machen. Aber zu glauben, dass Lucien nichts von dem Diebstahl mitbekommen hatte, fand ich lächerlich.
„Hast du je selbst davon getrunken?“, fragte ich.
„Nur ein paar Tropfen. Davon habe ich dir erzählt. Keine angenehme Erfahrung, obwohl sie verglichen mit dem Horror eben geradezu entspannend war.“
Ich musste ihm beipflichten, dass das Erwachen von Tizians einem Tropfen Blut damals auf Luciens Insel ein Klacks gegen diesen Kampf hier gewesen war.
Aber das beschäftigte mich gar nicht so sehr. Vielmehr dachte ich darüber nach, dass Lucien Steven mit den gestohlenen Weinflaschen hatte gewähren lassen. Warum?
Steven fuhr mit seinen Erklärungen fort. „Jedenfalls konnte ich in keiner der Blutproben irgendetwas finden, das zu einer tödlichen Reaktion führen würde, wenn man es miteinander mischt. Etwas wie Rhesusfaktor, aggressive Zellen oder Abwehrkörper. Ich bin Arzt. Ich sehe das alles aus einem medizinischen Blickwinkel. Anatomie und Körperreaktion lassen sich immer medizinisch erklären. Ich konnte nicht glauben, dass ohne biologischen Grund die beiden Blutlinien sich gegenseitig zerstören können.“
Und da war der Selbstversuch die Krönung seiner Forschungsreihe. Ich wusste nicht ob ich
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