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Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya Carpenter
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wurde die Situation. Der Vorstoß des einen rührte die anderen auf. Es kam immer mehr Bewegung ins Wasser. Er kannte es so gut, konnte nachempfinden, was in diesen breiten, grauen Köpfen vor sich ging. Das Fieber, der Hunger, die Lust am Töten und auf Blut. Dasselbe Gefühl, das ihn ebenfalls durchströmte, wenn er ein Opfer auswählte, sich ihm näherte, es umgarnte und dann schließlich zum Todesbiss ansetzte. Sie waren sich so ähnlich, diese Fische und er. Tödliche Feinde im Moment und doch auch wie Brüder.
    Von Bruderliebe waren sie allerdings weit entfernt. Außer es gehörte in deren Familie zum guten Ton, Verwandte zu verspeisen. Sie gaben ihre Kreisformation auf, gingen nun zum Angriff über. Mit gezielten Hieben hielt Armand sich einige vom Leib, doch die Übermacht war zu groß. Einer bekam sein Bein zu fassen, die scharfen Zähne rissen ihm das Fleisch bis auf die Knochen auf. Der Blutgeruch im Wasser heizte die anderen weiter an, egal wie sehr er um sich schlug, sie ließen sich nicht mehr verjagen. Seine Kräfte schwanden mit dem Blut, das aus seiner Wade strömte und die Kämpfe gegen immer neue Angreifer raubten ihm zusätzlich Energie und hinderten sein Vorankommen. Er fand sich beinah schon damit ab, hier sein Ende zu finden, weil es einfach zu viele Gegner gab, die von allen Seiten auf ihn losgingen, da brach Licht durch die Oberfläche des Wassers.
    Die Unterwasserhöhle war zuende und über ihm erwartete Armand das ersehnte Ufer. Hoffnung durchströmte seinen Leib, seine ganze Konzentration richtete sich nur auf den Lichtkegel, der Rettung in letzter Minute bedeutete. Ein Fehler, denn er sah den Angriff von der Seite nicht kommen. Ein dumpfer Schlag, ein Reißen, es fühlte sich an, als schnitte man ihn in zwei Hälften. Das Wasser färbte sich tief rot, jegliche Kraft wich aus seinen Gliedern. Der beginnende Schock lähmte ihn. Wie in Zeitlupe glitt sein Blick zu seiner Seite, er sah die Wunde, wusste, dass sie schmerzhaft sein musste, doch seine Nervenbahnen leiteten die Impulse nicht weiter. Er zögerte, ob er darüber nachdenken oder es besser ignorieren sollte, entschied sich für Letzteres und riss sich noch einmal zusammen, um die letzten Meter bis zur Wasseroberfläche möglichst schnell zu durchschwimmen. Denn eines war ihm vollkommen bewusst: Wenn er jetzt nicht augenblicklich das Becken verließ, gab es keine Chance mehr auf ein Entkommen vor den gierigen Mäulern seiner Jäger. Keuchend durchbrach er die Wellen, packte den Rand, zog sich hoch und rollte sich über den Boden außer Reichweite der Raubfische. Jetzt setzte der Schmerz ein, Armand biss die Zähne so fest zusammen, dass seine Kiefer knirschten. In zischenden, kurzen Atemstößen, stieß er zunächst Wasser aus, entließ dann Luft aus seinen Lungen, sog neue hinein, weniger um des Sauerstoffs willen als vielmehr um über die Qual hinwegzuatmen. Ihm fehlte ein etwa zwanzig auf zwanzig Zentimeter großes Stück der linken Seite. Von der Taille bis über den Hüftknochen waren Haut und Fleisch weggerissen. Er hatte schon viele Verletzungen, Verstümmelungen und andere unappetitliche Zustände menschlicher Körper in seinem Leben gesehen, aber dieser Anblick stülpte ihm den Magen um. Schmerz war Teil seines Lebens, dieser hier überstieg jedoch das Maß des Erträglichen. Seine Glieder zitterten unkontrolliert, heiße Bluttränen quollen aus seinen Augen und er flehte stumm, dass egal wo Melissa jetzt auch immer war, sie nicht annähernd so litt wie er.
    Welodan erschien wieder, schnupperte an der Wunde und leckte sanft darüber, doch Armand zuckte heftig zusammen und drückte den Kopf des Panthers weg.
    „Nicht …
mon ami
“, presste er mühsam hervor. „Es hat … ohnehin … keinen Sinn mehr.“
    Der Blutverlust war diesmal einfach zu groß. Es war ihm eine Genugtuung, dass er nicht als Fischfutter enden musste, doch weitergehen konnte er auch nicht mehr. Dazu fehlte ihm die Kraft. Er schaffte es nicht einmal, Welodan erneut wegzuschieben, als dieser abermals die Wunde inspizierte. Schlafen, er war so müde, die Lider so schwer. Er wollte einfach nur hier liegen bleiben, einschlafen, den Qualen entkommen und seinen Frieden mit dem Schöpfer machen.
    Durch halb geschlossene Lider beobachtete er den Panther, der vor ihm auf und ab schritt, dabei einen Gesichtsausdruck zeigte, als denke er nach. Zum ersten Mal erinnerte er Armand an Melissas Schilderungen ihrer Wölfin Osira. Wenn er sprechen könnte. Es wäre

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