Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
Der Weg durch den Dschungel war mühsam, besonders fürFranklin, doch wir kamen gut voran. Sobald wir die erste Höhle betraten, mussten wir uns um Tag oder Nacht nicht mehr kümmern.
Kurz nach Mitternacht lichtete sich der Urwald und wir schritten auf eine Steinformation zu. Ich blickte daran hinauf, hier begann ein Gebirgszug Neuguineas. Der am schwersten zu erreichende.
Durch eine Spalte im Felsen betraten wir den Eingang zur Unterwelt. Wegen Franklin hatten wir Taschenlampen mitgenommen. Zunächst sah alles nach einer gewöhnlichen Höhle aus, bis wir das erste Tor erreichten. Schattenjäger nickte mir zu und deutete auf meinen Ring.
Ich streckte die Hand aus und der Smaragd begann zu leuchten. Sternenstaub schien von ihm aufzusteigen und sich an einem bestimmten Punkt des Tores zu sammeln. Es gab ein Geräusch, ähnlich einem Entriegelungsmechanismus, dann schob sich der Fels beiseite und wir betraten einen finsteren Gang.
Auf diesem ersten Stück lauerten von tückischen Felsspalten abgesehen noch keine Gefahren. Wir erreichten bald das zweite Tor – ein Strom aus Lava, der sich von der Decke ergoss. Die Hitze ließ unsere Haare knistern. Aber mein Ring ließ den Fluss erstarren und gab eine Öffnung preis, durch die wir in den nächsten Bereich gelangten. Ab hier konnte unser Führer uns nicht mehr begleiten.
„Ihr könnt den Weg nicht verfehlen. Das dritte Tor wird bewacht, dort müsst ihr vorsichtig sein. Ebenso die nachfolgenden. Dafür sind diese nicht mehr verschlossen. Ich werde hier warten.“
Als wir am dritten Tor angelangten, wäre es mir lieber gewesen, auch dieses mit meinem Ring öffnen zu müssen. Das wäre einfacher gewesen. Ich wünschte Schattenjäger mit seinem Schwert noch an unserer Seite. Die Wächter entpuppten sich als zwei Kerberos, die uns unmissverständlich klarmachten, dass wir unerwünscht waren. Kläffend und knurrend drohten uns gleich sechs mächtige Hundeköpfe. Ich blickte zu meinem Vater, der zwar nach der Pistole griff, sie aber stecken ließ. Gegen diese Hunde wirkten die Elektrum-Kugeln lächerlich.
Die Biester sahen gemeingefährlich aus und genau so gebärdeten sie sich. Sie fletschten die Zähne, zerrten an den Ketten, mit denen sie am Fels fixiert waren. Dass an diesen Viechern niemand vorbeikam, um sich in die Unterwelt einzuschmuggeln, war uns klar. Ich streckte die Hand mit meinem Ring aus, einen Versuch war es wert. Doch sofort schnappten gierige Mäuler nach mir. Der Ring blieb wirkungslos bei den Tieren.
Was nun? Wir mussten da rein, egal wie, aber zerfleischen lassen wollte ich mich nicht. Dann lieber das Risiko eingehen, Kalistes vermeintliche Schwachstelle im Kampf selbst finden zu müssen. Franklins Angst brannte mir in der Nase, was ich nachempfinden konnte. Einzig Armand ließ sich von den geifernden Hunden nicht beeindruckten, im Gegenteil. Er trat näher, musterte sie und schaute sie einen nach dem anderen an. Was zur Hölle hatte er vor? Ich wurde nervös, mir jagte schon einer dieser Kandidaten allein einen Heidenrespekt ein, ganz zu schweigen von der doppelten Ausführung mit scharfen Zähnen im Maul und langen Krallen an den Pfoten.
„Platz!“, befahl Armand mit dröhnender Stimme.
Mich schauderte und der finstere Ausdruck in seinen Augen machte mir Angst. Dennoch hob ich zweifelnd die Augenbrauen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass diese Tiere so einen Befehl überhaupt kannten, geschweige denn ihn befolgten. Doch Armand wirkte zuversichtlich, zwinkerte mir aufmunternd zu.
Die Hunde wurden ruhiger, knurrten aber weiterhin und schnappten halbherzig nach uns. Armand ging dichter heran, befand sich jetzt innerhalb ihrer Reichweite. Ich hielt den Atem an.
„Armand, nicht, wir finden auch einen anderen Weg, aber bitte …“
Er gebot mir mit einer Geste zu schweigen, sein Blick wurde noch düsterer, er zeigte keine Furcht. Erneut gab er den Kerberos den Befehl, sich hinzulegen, diesmal unterstrichen von einem Handzeichen, mit dem er seinen Arm direkt vor eines der Mäuler brachte. Zu meiner Überraschung und Erleichterung folgten die Tiere seinem Befehl.
Er wartete, bis sie schwiegen, ihn hechelnd und mit gespitzten Ohren anschauten. Dann stellte er sich zwischen sie, ließ sie an seinen Händen schnüffeln, kraulte ihnen jeden der sechs Köpfe und sprach ruhig auf sie ein. Ich beobachtete das Ganze fassungslos. So was hätte ich nie für möglich gehalten.
„Es sind Hunde, nicht mehr und nicht weniger“, sagte er. „Geht vorbei,
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