Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
herunter, um mich nicht zu einem wehrlosen Ziel zu machen, mit der anderen zog er die Waffe, die seinen Körper komplett durchschlagen hatte, heraus, was den Blutfluss verstärkte.
Hektisch blickte ich mich um, woher der Angriff gekommen war, konnte aber niemanden sehen. Ich versuchte, die Blutung mit meinen Händen zu stoppen, bis Armand energisch den Kopf schüttelte.
„Sieh … nach Franklin“, presste er hervor. „Ich komm … schon klar.“
Wie eine Schlange kroch ich über den Boden zu meinem Vater. Hinter mir stieß Armand einen schrillen Pfiff aus. Ich hoffte, dass er die Wahrheit sagte und die Wunde schlimmer aussah, als sie war.
Meinen Vater hatte es noch übler erwischt. Sein Brustkorb war verschmort, wie es nur nach dem Schuss aus einer Ghanagoul-Waffe erfolgte. Außerdem waren beide Beine gebrochen, als er über eine Falle am Boden stolperte. Ein Balken aus Stein, der einem Flüchtenden entgegenschlug. So hatte er keine Chance gehabt, den Ghanagouls zu entkommen. Ich fühlte mit zitternden Fingern seinen Puls, atmete auf, als ich es leicht gegen meine Fingerspitzen klopfen fühlte. Noch lebte er.
„Armand?“
Keine Antwort. Panik überfiel mich.
Dann sehr schwach: „Bleib, wo du bist. Warte.“
Er klang so leblos, dass ich um sein Leben noch mehr fürchtete als um das meines Vaters. Ungeachtet der Gefahr sprang ich auf, um zu ihm hinüberzulaufen. Im selben Moment hörte ich ein Sirren und spitze Stacheln bohrten sich in meine rechte Schulter. Mit einem Schrei wurde ich von den Füßen gerissen, fiel aber nicht. Was auch immer mich getroffen hatte, nagelte mich an die Felswand in meinem Rücken. Der Schmerz zog alle Kraft aus meinem Körper. Mir sackten die Beine weg, was augenblicklich die Einwirkung der Dornen in meiner Schulter verstärkte. Tränen verschleierten meinen Blick, mir wurde kalt. Nur die Schulter pulsierte, als drehte jemand glühende Spieße darin herum. Ich zwang mich, die Augen offen zu lassen und nach Armand und Franklin zu sehen. Mein Liebster lag regungslos am Boden. Ich konnte nicht erkennen, dass sich sein Brustkorb bewegte. Der Atem meines Vaters ging flach, aber wenigstens konnte ich sehen, dass er noch immer nicht tot war.
Ich schielte zu meiner Schulter, um festzustellen, was mich peinigte und zur Bewegungslosigkeit verdammte. Ein überdimensionaler Morgenstern steckte in meinem Fleisch, hatte das Schultergelenk zertrümmert, und war mitseinen Dornen so tief in den Fels gedrungen, dass ich ihn nicht lösen konnte. Da mein Herzschlag ebenfalls langsamer wurde, meine Lungen zu brennen begannen und starker Schwindel von mir Besitz ergriff, ging ich davon aus, dass es wohl Elektrum sein musste. Meine Zunge schwoll an und die Kehle wurde immer enger. Im rechten Arm schwand das Gefühl, aber so ließ auch der Schmerz nach. Mir wurde klar, dass ich mich nicht mehr lange bei Bewusstsein halten konnte.
Das Schicksal wollte wohl, dass wir hier scheiterten. Leid tat mir nur, dass ich Armand und meinen Vater mit hineingezogen hatte. Ich hätte auf meinen Bauch hören sollen, auf Serenas Worte. Die bittere Ironie war, dass sie sich geirrt hatte. Ich verlor nicht nur jemanden, den ich liebte, ich ging mit ihm in den Tod.
In der Ferne erklang wildes Geheul. Osira? Meine Lider flatterten. Metallisches Klirren mischte sich darunter. Ich konnte es nicht zuordnen, das Denken war schwer, sprengte fast meinen Schädel. Mit bunten, zuckenden Lichtern übermannte mich die Bewusstlosigkeit und brachte Erlösung.
„Mel?“ Die Stimme dröhnte in meinen Ohren. Konnte man nicht mal in Ruhe sterben?
Etwas streifte meine Wange. Kalt und feucht. Es roch faulig.
„Nicht, lass sie“, sagte die Stimme.
Der Boden bewegte sich unter mir und ich protestierte mit einem unwilligen Laut, weil mir schon wieder schwindelig wurde.
„Dieu merci! Sie kommt wieder zu sich.“
„Es war auch knapp genug.“
Etwas Hartes wurde gegen meinen Mund gepresst, das sich anfühlte wie glattpolierte Knochen. Bitterer Saft rann durch meine Kehle. Ich würgte, hustete, kämpfte gegen das Gefühl des Erstickens und öffnete mit einem heftigen Atemzug die Augen.
„Es schmeckt scheußlich, aber es ist nicht so giftig wie das Elektrum in deinem Körper.“
Schattenjäger grinste mich an. Das Gefäß in seiner Hand war ein leerer Totenschädel. Ich würgte abermals, doch was immer er mir da gegeben hatte, blieb in mir.
„Danke“, sagte Armand.
Ich drehte den Kopf und sah ihn lächeln. Erleichterung stand
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