Ruf des Blutes 5 - Erbin der Nacht (German Edition)
lieben.“
Er löste sich von mir, kehrte zu Warren zurück und kniete sich neben den toten Körper. Ich trat zu ihm und streckte zitternd die Hand aus, um ihn zu trösten, doch er schlug sie weg.
„Nicht.“ Er wandte sein Gesicht ab, als sei es eine Qual mich anzusehen. „Ich wollte deine Liebe, nicht dein Mitleid. Das kannst du dir sparen.“ Als er den Kopf hob, schimmerten seine Augen tränenrot, obwohl er dagegen ankämpfte. „Er war von deinem Blut. Durch ihn war ein Teil von dir immer bei mir. Doch nicht genug, um gegen dich zu bestehen. Ich liebe dich, Mel. Dein Innerstes, denn ich weiß genau, wie du dich fühlst. Ich kenne dieselbe Zerrissenheit, Leidenschaft und Verzweiflung, die in dir ringt.“
Meine Stimme gehorchte mir nur mühsam, als ich antwortete, denn seine Worte berührten mich in einer Weise, die mich erschütterte. „Vielleicht liebst du nur dein eigenes Spiegelbild in mir.“
Ich wollte ihn nicht verletzten, wusste aber, dass ich es tat.
Er lachte bitter auf. „Ja, rede dir das nur ein. Das macht es leichter für dich, nicht wahr? Wenn ich dir schon vor Augen führe, dass die Liebe der anderen einen Haken hat, dann muss du auch einen an meiner finden, damit du nicht mit dir hadern oder dich schuldig fühlen musst. Meinetwegen, mir ist es gleich.“
Er stand auf, packte mich so fest bei den Schultern, dass ich zusammenfuhr, doch ich wehrte mich nicht. Seine Stimme klang fest, frei von dem Sarkasmus oder der Selbstgefälligkeit, mit denen er sich sonst zu schützen suchte.
„Ich würde für dich sterben, Melissa. Und vielleicht werde ich das irgendwann.“
Er seufzte tief, streichelte mein Gesicht. „Ich bin der Einzige, der immer ehrlich zu dir war, dir nie etwas vorgemacht hat. Aber dennoch weiß ich, dass kein Platz in deinem Leben für mich ist. In deinem Herzen noch viel weniger. Für dich gibt es nur Armand, und warum auch nicht? Er würde alles für dich tun und hat immerhin eine Menge für dich durchlitten. Ich schätze, er hat dich verdient. Und darum werde ich jetzt gehen und du musst mich nie wiedersehn. Ich wünsch dir viel Glück.“
Sein zweiter Kuss in dieser Nacht schmeckte nach Schmerz und Begehren gleichermaßen. Während ich noch überlegte, ob ich ihn erwidern oder mich von Dracon befreien sollte, fand ich mich plötzlich allein im Raum wieder. Dracon und Warren waren fort.
Auf dem Weg zurück zu unserer Bleibe hoffte ich inständig, dass Armand schon zurück war. Ich konnte mir sein Donnerwetter vorstellen, weil ich allein rausgegangen war. Erst recht, wenn ich ihm sagte, mit wem ich mich getroffen hatte und was passiert war. Aber ich brauchte ihn und seinen Zuspruch in diesem Augenblick. Dracons Worte hatten ein Gefühlschaos und eine Verwirrung in mir zurückgelassen, die vermischt mit dem Schock des Erlebten immer wieder Tränen über meine Wangen schickten. Ich hoffte auf Trost in Armands Armen.
Doch die Wohnung lag im Dunkeln. Nur Blue stand davor und schien zu warten. Der Letzte, den ich sehen wollte, und dennoch übermannte mich beim Anblick seines besorgten Gesichtes, als er meine Tränen sah, die schiere Verzweiflung. Ich sank in seine Arme, klammerte mich an ihm fest und weinte bitterlich.
„Melissa, was ist denn los? Du bist ja völlig aufgelöst.“
„Warren hat mich angerufen. Er klang voller Angst, hat nur irgendwas von Kaliste gesagt und dass er nicht weiß, was er machen soll. Ich dachte, weil sie doch neulich schon in London war, ohne dass wir es gemerkt haben, dass sie hinter ihm her ist. Und weil sie jetzt Elektrum-Kugeln hat. Ich glaubte, dass er in Gefahr schwebt, und bin sofort los, um ihm zu helfen. Aber als ich ankam, stand er auf einmal mit dieser Waffe da. So eine wie du Kaliste gegeben hast. Und dann … dann …“
Ich brachte es nicht fertig, darüber zu reden, was er gesagt hatte und wie Dracon auftauchte und dem Spuk ein Ende setzte. Blue drängte mich nicht, hielt mich fest und strich mir beruhigend über den Kopf.
„Scht! Scht! Jetzt ist ja alles gut.“
„Wie ist er überhaupt an so ein Ding rangekommen?“
Blue seufzte. „Er hat sie von mir.“
„Was?“ Sein Geständnis versetzte mir einen Schlag in die Magengrube. Ich machte mich augenblicklich von ihm los.
„Hey, es ist nicht so, wie du denkst. Ich hab sie ihm nicht gegeben. Er hat das Ding geklaut, als er in meiner Wohnung war.“
Gestohlen? Aus Blues Wohnung? Wann sollte das gewesen sein? „Und so was verschweigst du mir?“
„Mann, du hast doch
Weitere Kostenlose Bücher