Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
niemand an der Stelle. Armands Mörder befand sich, wie alle anderen, zu diesem Zeitpunkt im Haus.
„Wir können es nicht nach ihm durchsuchen. Die Kerle tragen schließlich keine Namensschilder. Und höflich vorstellen fällt wohl ebenfalls weg.“
Daran hatte ich nicht gedacht. Ich atmete tief durch. Was sollten wir tun? Die Zeit wurde knapp.
„Bleib hier. Ich bin gleich wieder da.“
Blue verschwand zwischen den Bäumen. Nervosität nagte an meinen Nerven. Ich trat von einem Bein aufs andere und spähte in die Dunkelheit, wann er zurückkam. Endlich – nach einer gefühlten Ewigkeit, die in Wahrheit kaum zwei Minuten entsprach, kehrte er mit einem Gef zurück. Er hielt das Tier im Würgegriff, das schlaff in seiner Hand hing, als wäre es bereits tot. Erst, als er es vor meine Nase hielt, bewegte es die Beine und ließ seine Augen aufleuchten.
„Frag ihn. Wenn er’s nicht weiß, wird die Zeit knapp, einen zweiten zu fangen. Also beeilst du dich besser.“
Meine Lippen zitterten so stark, dass ich Angst hatte, nicht sprechen zu können. Aber ich schaffte es trotzdem.
„Wo ist der Lycanthrop Marcia?“
Hasserfüllt blickte der Gef mich an. Blue drückte fester zu, was die Abneigung des Tieres dämpfte. „Er bewacht die Lupins. Unten im Keller.“
Blue hob die Augenbrauen. Reichte mir das? Ich nickte. Mit einer schnellen Bewegung brach er dem Gef das Genick.
„Dann los.“
Wir pirschten uns an die Hintertür heran. Jedes Mal, wenn uns ein Gef gefährlich nahe kam, hüllte ich uns in Materiepartikel. Mir erschien die Zeit, die wir vergeuden mussten, viel zu lang. Mein Herzschlag musste bis nach London hörbar sein.
Endlich erreichten wir die Tür und schlüpften hindurch. Ich nutzte die Schwingungen, die ich von Aliya kannte, um den Weg zu den Lupins zu finden. Blue gebot mir, vor der Tür zum Keller Einhalt, presste sein Ohr dagegen und lauschte.
Meine Hände wurden feucht. Wie lange wollte er warten? Am liebsten hätte ich die Tür aufgestoßen. Er bewahrte sich seine Besonnenheit. Endlich nickte er, deutete mir, dass ein Lycanthrop hinter der Tür stand, ein weiterer unten vor den Käfigen patrouillierte. Da wir nicht wussten, wer von ihnen Marcia war, mussten wir sie beide töten. Blue wollte den hinter der Tür übernehmen, meine Aufgabe war, nach unten zu rennen, um den zweiten auszuschalten, ehe er Alarm geben konnte.
„Auf drei.“
So lange konnte ich nicht warten. Ich stürmte an Blue vorbei, erwischte den Werwolf hinter der Tür mit selbiger, sodass Blue nur noch ein wenig nachhelfen musste. Der andere saß unten auf einem Stuhl neben den Zellen. Ich erkannte Marcia sofort. Er sprang auf, streckte seine Hand nach einem Alarmknopf aus. Die Lupins in ihren Käfigen duckten sich und fletschten die Zähne. Ich beachtete sie nicht, sondern brach Marcia den Arm, ehe er die anderen warnen konnte. Statt eines Schreis drang nur noch tonloses Gurgeln aus seiner Kehle, als ich selbige aufriss.
Die Lupins rannten in ihren Käfigen hin und her und winselten. Ich blickte von Marcias Leichnam vor mir zu den Käfigen und dann zu Blue. Der Dolmenwächter schüttelte stumm den Kopf, die Augen vor Sorge geweitet. Dann verschwand er in einem hellen Blitz. Mehr Zeit hatte er nicht. Oben hörte ich Domeniko brüllen, als er vom Tod der Gefs erfuhr.
„Lass uns raus“, knurrte die Lupin in der ersten Zelle.
Ich war hin- und hergerissen. Zu lange durfte ich nicht zögern. Ich wurde auf dem Schlachtfeld gebraucht. Was würden sie tun, wenn ich die Käfige öffnete? Auf welcher Seite würden sie kämpfen? Die letzte Zelle war leer. Daneben stand eine zierliche Schwarzwölfin am Gitter, die ich erkannte.
„Du bist Surevi.“
Verwirrt nickte die Wölfin.
„Aliya hat uns hierher gebracht. Sie steht nicht länger unter Domenikos Bann. Wenn ich eure Zellen öffne, seid ihr ebenso frei wie sie.“
Das Grollen, das als Antwort erklang, war schwer zu deuten. Trotzdem gab es keine andere Wahl. Sonst wäre ich nicht besser als er. Entschlossen griff ich nach dem Haupthebel und drückte ihn hinunter. Die Zellentüren sprangen auf und vier Lupins stürmten an mir vorbei die Treppe hoch. Ich hechtete hinterher. Erreichte gerade rechtzeitig das Kampfgeschehen, um den Motha zu töten, der Ramael hinterhältig umbringen wollte.
Ich fand mich mühelos in das Geschehen ein, wie in der Nacht zuvor, die für mich erneut stattfand. Die Abläufe spielten sich synchron ab und ich reagierte automatisch. Erst als Domeniko
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