Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
Wo Lysandra war, konnte er nicht sagen. Aber Anelu wich nicht von seiner Seite. Sie fochten wie Brüder – Corelus wäre stolz auf sie gewesen. Als sich ihre Blicke begegneten, sah Eloin, dass auch seinem Freund bewusst war, wie aussichtslos sie fochten. Er bedauerte die Kürze ihres Bandes, das deswegen nicht minder stark war. Seine Verzweiflung wandelte sich in Entschlossenheit. Wenn sie sterben mussten, sollte es eben so sein. Doch je mehr Feinde sie mit sich nahmen, umso besser für jene, die bei Anbruch der Nacht noch lebten.
„Melissa – alle Hoffnung ruht auf dir. Bitte komm zurück“, dachte er im Stillen und warf sich mit Anelu dem nächsten Waheela entgegen.
Der Opfer letzte Schlacht
M eine Glieder waren bleischwer, als ich in der folgenden Nacht zu den anderen zurückkehrte. Den ganzen Tag über hatte ich neben Armand in der Kammer gelegen, die zu seinem letzten Heim werden sollte. Ich hatte nicht gewagt, ihn vor Einbruch der Nacht loszulassen, aus Angst, wenn ich es nur eine Sekunde täte, würde er für immer entschwinden. Nur mein Pflichtgefühl und das Versprechen an Corelus zwangen mich, nach Gorlem Manor zurückzugehen. Dort erwarteten mich weitere schlechte Nachrichten.
Eloin war gefallen. Domenikos hinterhältiger Angriff während des Tages hatte ihm den gewünschten Erfolg gebracht. Die einzige Chance, die diesem falschen Bastard geblieben war, nachdem er ebenso wenig die Kontrolle über die Welt innehatte wie wir. Sein Traum von Allmacht war geschrumpft zu der blinden Gier, seine Feinde auszulöschen.
Nach der Niederlage in der letzten Nacht war ihm klar gewesen, dass er bei Tage die Reihen seiner Feinde durchbrechen musste, wenn die Vampire nicht eingreifen konnten. Verflucht sei der Tag, an dem dieser Bastard das Licht der Welt erblickte. Dabei hatte er neben seinen eigenen Leuten auch den Amarok und dessen Waheelas ins Feld geführt, die den Verlust an Lupins, Mothas und Gestaltwandlern, die entweder geflüchtet oder auf unsere Seite gewechselt waren, wettmachten. Jetzt gab es keinen geeigneten Führer mehr unter den Lycanern, die auf unserer Seite standen. Zwar waren die Überlebenden aus Eloins Truppen bereit, weiterhin mit uns zu kämpfen, aber was sollte danach geschehen? Unter wem ließe sich das Volk der Lycaner einen? Anelu wäre würdig gewesen, doch seine Treue war sein Untergang geworden. Man fand seinen Leichnam neben Eloin. Und auch Xerxia hatte den Angriff nicht überlebt. Es schien, dass Domeniko gezielt seine potenziellen Rivalen um die Macht der Fürstenwürde hatte ausschalten lassen. Nun war keiner mehr unter ihnen, der die Rudel zusammenhalten und einen neuen Pakt besiegeln konnte. Wir hatten verloren, selbst wenn wir gewannen. Ich konnte die Bitterkeit förmlich schmecken.
„Du darfst nicht aufgeben, Mel.“ Pettra legte mir ihre Hand auf die Schulter.
„Nicht aufgeben? Wenn Domeniko morgen früh einen zweiten Angriff startet, wird hier niemand mehr am Leben sein. Er kennt unsere Schwachstelle. Ich hätte viel früher damit rechnen müssen, dass er sie auf diese Weise nutzt.“
Von Anfang an hatten die meisten Angriffe am Tage stattgefunden. Jetzt, wo es darum ging „er oder wir“, wäre es töricht zu glauben, Domeniko besäße so viel Ehrgefühl, einen fairen Kampf anzustreben, wenn ihm ein unfairer den Sieg brachte. Wie konnte Pettra angesichts dieser Tatsachen lächeln? Aber sie tat es.
„Dann mach diese Schwachstelle doch zu unserer Stärke.“
Erst verstand ich nicht, was sie meinte, doch dann streckte sie ihren Arm aus und ließ die Vene blau und deutlich hervortreten. Da begriff ich: das Elixier! Aus ihrem Blut. Das es uns allen ermöglichen würde, am Tag zu kämpfen. Jedenfalls meiner Brut. Doch wie sah es mit Raphael aus? Außer ihm und seinem Bruder Arian gab es ein gutes Dutzend weiterer Crawler der alten Linie, die sich bei uns eingefunden hatten und bereit waren, mit uns zu kämpfen. Aber auch sie waren an die Nacht gebunden und wir konnten nicht wissen, ob das Elixier bei ihnen wirkte.
„Wir werden es wissen, wenn die Sonne aufgeht“, sagte er leise hinter meinem Rücken. Ich fuhr zu ihm herum. Auf seinen Zügen lag keine Furcht. Nur wilde Entschlossenheit. „Pettra hat es mir schon gesagt. Mein Volk und ich sind bereit, das Risiko einzugehen. Bei dir und den deinen wirkt es auf jeden Fall für einen Tag. Und ein Tag genügt. Wenn nicht, spielt es ohnehin keine Rolle mehr.“
„Wir werden sehr viel davon brauchen“, startete ich
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