Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
ihrer Abreise nach Washington bereits von einer verletzten Lupin erzählt hatten, die nun verschwunden war. Weitere Nachforschungen zeigten, dass auch andere Leitwölfinnen wie von der Bildfläche verschluckt schienen. Domeniko musste wohl die gesamten Rudel der Lupins an sich gebunden haben, indem er sich deren Leitwölfinnen unterwarf. Ich wollte nicht daran denken, auf welche Weise. Kein Wunder, dass Steven darauf bestanden hatte, umgehend nach London zu kommen.
Eloin und Anelu standen in Corelus Haus unter ständiger Bewachung. Tagsüber patrouillierten Lycaner auf dem Grundstück, nachts wurde es von Vampiren beschattet. Saphyro und Kortigu wechselten sich mit ihren Familien ab. Das beruhigte mich. Den beiden vertraute ich.
Etliche Gestaltwandler, Bajangs und Gefs, die vor sieben Jahren mit Kaliste sympathisiert hatten, befanden sich nun unter Domenikos Leuten, wie Alwynn und Rugo herausgefunden hatten. Das machte uns wachsam. Spione konnten überall sein, sogar in Gestalt von Freunden. Alwynn machte ein betrübtes Gesicht, als er sich mit uns auf Gorlem Manor traf. Ich konnte ihn verstehen, denn er hatte große Hoffnung auf den Rat der Gestaltwandler gesetzt. Doch nun war er auseinandergerissen und seine Mitglieder standen wieder auf zwei unterschiedlichen Seiten.
„Ich hatte immer damit gerechnet, dass sich die paranormalen Spezies irgendwann in zwei Lager spalten würden. Für und gegen die Menschen. Aber es war immer meine Hoffnung, dass es nicht so ausarten würde.“ Er seufzte. „Das hier übertrifft meine schlimmsten Befürchtungen.“
Ich legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. Dabei fiel mein Blick auf Ben und die fremde Frau. Er hatte bisher nur gesagt, dass sie Sally hieß und er sie aus dem Weißen Haus gerettet hatte, kurz bevor dieses in die Luft flog. Die Nachrichten waren voll mit diesen Meldungen. Es wurde Zeit, mehr über die Geschehnisse dort zu erfahren, und dass Sally immer noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt hatte, war vielleicht gar nicht so schlecht.
Wie würde sie auf all das hier reagieren? Jemand, der noch nie in seinem Leben wissentlich Kontakt zu übernatürlichen Wesen gehabt hatte. Und an keinem Ort auf der Welt dürfte es schwerer sein, deren Existenz vor ihr zu verbergen als hier. Es wimmelte nur so von ungewöhnlichen Kreaturen. Wenn sie erwachte, würde sie denken, in einem X-Men-Film gelandet zu sein. Aber darüber konnten wir uns Gedanken machen, wenn es so weit war. Ein paar Tage war es sicher möglich, sie an ungewöhnlichen Begegnungen der Dritten Art vorbeimanövrieren. Ich lächelte Ben an und setzte mich zu ihm.
„Ist de facto mal wieder ganz schön was los bei dir“, meinte er und rang sich ein Grinsen ab, das aber die Sorge nicht aus seinem Blick vertreiben konnte.
„Ja, scheint so, als zöge ich das magisch an.“
Er strich Sally übers Haar und wiegte sie auf seinem Schoß.
„Was kannst du mir über das sagen, was im Weißen Haus passiert ist?“
Er sah zu Pettra und Slade hinüber.
„Die beiden haben mir nur gesagt, dass ihr die Sicherheitssysteme aufrüsten wolltet und euer Programm missbraucht wurde. Außerdem sagt Slade, dass die Sprengladungen von Gefs angebracht worden sind.“
Ben nickte. „Viel mehr kann ich dir auch nicht sagen.“
„Und sie?“ Ich deutete auf die schlafende Schöne, vermied es allerdings, sie zu berühren.
Er seufzte und strich ihr abermals über den Kopf. „Ich musste sie retten. Ich konnte sie unmöglich dort lassen, nachdem wir wussten, dass alle sterben würden.“
„Du liebst sie.“
„Wir sind uns in den letzten Wochen nähergekommen. Ich wusste, dass niemand auf mich hören würde, wenn ich versuche, zu erklären, was vor sich geht. Es ging mir nur um sie.“
Ich hoffte für ihn, dass sie seine Gefühle im selben Maß erwiderte. Und dass sie einigermaßen damit klarkam, welche Geschöpfe sie jetzt umgaben. Ob sie Familie hatte? Wir konnten nicht riskieren, irgendwen zu benachrichtigen. Die Situation war zu brenzlig.
„Slade hält es für möglich, dass Domeniko hinter der Sprengung und dem Trojaner steckt. Es passt auch zu der Sache mit den Lupins, von der Steven erzählt hat. Was denkst du?“
Als er nur die Stirn runzelte und die Augen schloss, merkte ich, dass er dafür im Augenblick keinen Kopf hatte. Er war voller Sorge um Sally, auch wenn er Pettra ihren deftigen Kinnhaken nicht vorwarf. Vermutlich fürchtete er sich auch mehr vor ihrer Reaktion, wenn sie unter Vampiren und
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