Ruf des Blutes 6 - Wolfspakt (German Edition)
geführt hatten, in dem er wortwörtlich zu Blue gesagt hatte, dass er Mel nicht alles sagte. Weil er sie beschützen musste, manchmal sogar vor sich selbst. Und als sie sich kennengelernt hatten, standen mehr Lügen zwischen ihnen als Wahrheit, nur weil er sie nicht verlieren, sondern zu sich in die Dunkelheit holen wollte. Mon dieu, er war keinen Deut besser. Aber es fühlte sich anders an, wenn man verraten wurde, als wenn man den Verrat beging. „Das ist etwas anderes“, sagte er. „Ich hab es getan, um sie zu schützen.“
Blues Grinsen fiel schief aus. „Oder um zu kriegen, was du haben wolltest. Spiel mir nicht den Heiligen vor. Das sind wir beide nicht. Und wenn die Umstände andere gewesen wären …“
Er ließ den Satz offen, aber Armand wusste, was er meinte. Das Knistern zwischen ihnen war ihm gut in Erinnerung. Ebenso das Bedauern, dem nicht weiter nachgehen zu können.
„Ich konnte nicht anders handeln. Es ging um meine Familie. Und immerhin hab ich euch die Wahrheit aus freien Stücken erzählt.“
„Na ja, mehr oder weniger.“
Der Dolmenwächter stieß einen leisen Fluch aus. „Ash ist mir zuvorgekommen, als ich es euch gerade sagen wollte. Darum war mir auch egal, dass er meine Tarnung auffliegen ließ.“ Er hielt Armand die Hand hin. „Könnten wir das vielleicht abhaken und Frieden schließen? Das ist sieben Jahre her.“
Armand nickte, die Hand ergriff er jedoch nicht. „Für den Moment.“
Blue verdrehte die Augen. „Wie du meinst.“
„Sagst du mir jetzt, weshalb ich allein kommen sollte, damit wir es hinter uns bringen?“ Er verspürte keine Lust, länger als nötig mit Blue zu reden.
„Ich habe noch mal mit Nasri gesprochen. Sie hat Domeniko die letzten Wochen überall hin begleitet.“
„Ihr habt ja ein Faible dafür, euch die falschen Freunde auszusuchen.“
Blues Augen wurden schmal. Offenbar akzeptierte er nicht, dass man einen von seinen Leuten angriff. „Es war mit fortschreitender Zusammenarbeit immer weniger freiwillig. So ist das mit falschen Freunden. Sie haben dich schnell in der Hand.“
Armand schluckte eine Erwiderung hinunter. Stattdessen presste er die Lippen aufeinander und wartete, was Blue zu erzählen hatte.
„Domeniko hat es vor allem auf euch beide abgesehen. Und natürlich auf Eloin.“
„Nur um mir das zu sagen, holst du mich hierher?“ Blue war verblüfft. Armand schüttelte nur den Kopf und lachte humorlos. „Das ist uns bereits klar. Mel ist hier, um Domeniko zu töten und das weiß er. Also muss er uns ausschalten.“
Blues Nasenflügel weiteten sich. „Ein Zweikampf wäre vielleicht nicht das Problem, aber Nasri ist sicher, dass der Fenriswolf auf Mel angesetzt ist.“
Diese Eröffnung schockierte Armand. In den Nachrichten zeigten sie immer wieder das letzte Bild einer Kamera, die das Einzige war, was von dem G8-Kongress übrig war. Jemand von der Presse musste es direkt vor seinem Tod gemacht haben. Die Bestie war beinah so groß wie der Saal gewesen. Raphael hatte vermutet, dass es Fenris war, weil er für die anderen vier Wölfe zu groß war, auch wenn sie nicht wussten, wie viel diese bisher gefressen haben mochten. Aber das war noch nicht alles, was Blue auf dem Herzen hatte.
„Außerdem gibt es da etwas über die Sternenwölfe, das zwar nicht zwingend wahr sein muss, aber vielleicht gut, wenn man es im Hinterkopf behält.“
Armand sagte nichts, sondern sah ihn abwartend an.
„In der Legende heißt es, dass sie am Ende der Welt so viele Menschen fressen werden, bis sie groß genug sind, um in den Himmel zu springen und dort Sonne und Mond zu verschlingen.“
„Das ist doch ein Witz.“ Sie hatten zwar schon einiges durch, inklusive Engeln, einer drohenden ewigen Nacht, wildgewordenen Seelenfressern und einem Dämonengefängnis, aber Sonne und Mond verschlingen? Das war für seinen Geschmack doch ein bisschen zu dick aufgetragen.
Blue hob abwehrend die Hände. „Es ist nur eine Legende. Ich kann es mir auch nicht vorstellen, aber man weiß ja nie.“
„Danke für Vermutungen und Legenden. Ich behalte es im Hinterkopf und konzentriere mich bis dahin auf die akuten Probleme, okay?“
Er drehte sich zum Gehen um, da hielt Blue ihn fest. Armand warf einen missbilligenden Blick auf seine Hand, bis er ihn wieder losließ.
„Schon gut, kein Stress. Aber eine Sache gibt es noch.“
Armand gab sich keine Mühe, seine Ungeduld zu verbergen. „Dann komm zum Punkt.“
„Es geht um die Wohnungen der Computercracks.
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