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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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unsichtbare Hand die Flammen erstickt.
    «Das gehört zum Handwerkszeug des Zauberers – oder des Mediums», sagte Vernon Raphael, «ein Kautschuk-Röhrchen. Der unheimliche Schimmer des Helms war ein ähnlich simpler Trick. Ich brauchte nur eine verdunkelte Laterne, die ich unter meinem Umhang verborgen hatte, und ein Stück geschliffenen Glases. Ihre Vorstellungskraft tat alles Übrige.»
    «Aber der Blitz?», sagte Edwin. «Wie konnten Sie denn   …?»
    «Magnesium, mein Lieber. Unter Fotografen ist das sehr verbreitet,wenn auch nicht in solchen Mengen, eine Portion Schwarzpulver kommt dazu, zur Explosion gebracht durch eine lange Zündschnur vom Fenster der Bibliothek. Wir hatten Glück, dass die Kamine so schlecht zogen, sonst wäre Ihnen der Geruch vermutlich aufgefallen. Und während Sie noch benommen dasaßen   …» Er ging einige Schritte von der Rüstung weg, eine Hand an der Mauer, zu der Ecke, wo der riesige Kamin in den Raum hineinragte, und schlüpfte hinter einen modrigen Wandteppich, der beinahe den Boden berührte. Schwach knirschten Türangeln; St John Vine trat von der Tür der Bibliothek hinzu, von wo aus er zugesehen hatte, zog den Stoff beiseite und brachte so die Wandvertäfelung zum Vorschein. Er klopfte dreimal gegen die Wand, ein Spalt öffnete sich und Vernon Raphael trat heraus.
    «Ich war mir sicher, dass wir etwas dieser Art finden würden», sagte er. «Wobei ich keinen Wert darauf legen würde, länger dort eingesperrt zu sein. Das Mauerwerk hat eine Dicke von mehreren Fuß.»
    «Warum haben Sie meine Hilfe nicht angenommen?», sagte Edwin mit verärgerter Stimme.
    «Weil wir wollten, mein lieber Freund, dass Sie an der Täuschung teilhaben. Und nun, meine Damen und Herren. Wenn Sie Ihre Plätze wieder einnehmen würden, dann gäbe ich Ihnen meine Lösung des Rätsels um Wraxford, ehe wir uns zum Abendessen begeben.
    Das eigentliche Rätsel ist meiner Meinung nach Cornelius’, nicht so sehr Magnus Wraxfords Tod. Es ist klar, wenn man zwischen den Zeilen von John Montagues Bericht liest, die einzusehen mir Miss Langton freundlicherweise erlaubt hat, dass Magnus Wraxford seinen Onkel ermordet hat. Die Frage ist nur, wie?»
    «Verzeihen Sie», sagte Doktor Davenant. «Aber könnten Sie für jene unter uns, die diesen Bericht nicht kennen, erklären, wie Sie zu diesem bemerkenswerten Schluss gekommen sind?»
    «Selbstverständlich», sagte Vernon Raphael und fasste die entsprechenden Abschnitte zusammen, also Magnus’ Entdeckung des Geheimnisses der Rüstung seiner eigenen Darstellung zufolge an jenem ersten Nachmittag in John Montagues Kanzlei.
    «Das Ziel dieses Gespräches», fuhr er fort, «war es, John Montague davon zu überzeugen, dass sein Kunde ein praktizierender Alchemist war und obendrein ein gefährlicher Wahnsinniger – mit anderen Worten: ihn auf das bevorstehende geheimnisvolle Ableben von Cornelius vorzubereiten, als dieser gerade dabei war, das verbliebene Vermögen vollends zu verschwenden. Aber John Montague hatte Cornelius nie gesehen. Er kannte nur seinen Ruf eines unheimlichen Einsiedlers. Das war eine gute Voraussetzung dafür, dass er Magnus’ Geschichte Glauben schenkte – und auch Cornelius’ angeblicher Feindseligkeit gegen seinen Neffen und einzigen Erben.
    Aber in der Bibliothek nebenan werden Sie kein einziges alchemistisches Buch finden. Genauso wenig werden Sie ein Exemplar von Sir William Snows Abhandlung über Gewitter entdecken, oder irgendein Werk zu diesem Thema. Als John Montague auf Draytons Bitte hierherkam, fand er zwar eine Menge verbrannten Papiers im Kamin des Arbeitszimmers. Aber Bücher brennen nicht so leicht. Man kann sich unmöglich einer ganzen Sammlung auf diese Weise entledigen. So nehme ich an, dass es nie eine solche Sammlung gab – wie auch immer Cornelius sich die Zeit vertrieben haben mag, es hatte nichts mit Alchemie zu tun. Weiter behaupte ich, dass das Manuskript von Trithemius niemals existiert hat, abgesehen von dem Fragment, das Magnus für John Montague geschrieben hatte. Und ich glaube, dass Magnus auch für seinen Onkel eine Geschichte erdacht hatte   …
    Es besteht kein Grund an Cornelius Wraxfords ensetzlicher Angst vor dem Tod zu zweifeln, zumal Magnus’ Plan sonst nicht funktioniert hätte. Sie müssen bedenken, dass MagnusWraxford große Überzeugungskraft hatte. Er war ein hervorragender Hypnotiseur – und muss, scheint mir, ein schauspielerisches Talent gehabt haben. Nehmen wir also an, dass er zu

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