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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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seinem Onkel ging und etwas sagte wie: ‹Ich habe gerade von einer wundervollen neuen Erfindung erfahren, die außerordentliche Macht hat, das Leben zu verlängern. Sie beruht auf der Arbeit des verstorbenen Professors Faraday, und zudem hat sie den Vorteil, dass sie dir absoluten Schutz vor Gewittern gibt. Mit deiner Einwilligung werde ich die Rüstung entsprechend präparieren, die glücklicherweise ideal für diese Zwecke geeignet ist.› Einer der Experten bezeugte bei der gerichtlichen Untersuchung, wie Sie sich erinnern werden, dass die Rüstung einen Faraday’schen Käfig bilden würde und dass die gesamte Ladung des Blitzes über die Außenseite abflösse, was eine Person in der Rüstung unversehrt ließe. Der Coroner tat diese Idee geringschätzig ab, aber für einen alten und ängstlichen Mann, dessen einziger Kontakt zur Außenwelt sein Neffe war, mag das tatsächlich einleuchtend geklungen haben.
    Magnus hatte, mit der aktiven Unterstützung seines Onkels, eine scheinbar tödliche Falle konstruiert, die hervorragend zu der unheimlichen Geschichte des Herrenhauses passte. Der Tod des jungen Felix Wraxford 1795 und das darauf folgende Verschwinden von Thomas 1821 (ich nehme an, dass es sich in beiden Fällen um einen Unfall handelt, aber das werden wir nie erfahren) wurden in die Geschichte, die er konstruierte, eingewoben, zweifelsohne bereits mit Blick auf eine gewisse Nützlichkeit, wenn das Herrenhaus erst einmal seines wäre.
    Aber es gab eine ernsthafte Schwierigkeit. Ein Blitz konnte Wraxford Hall nächste Woche treffen, aber ebenso gut konnte das noch zehn Jahre dauern. Und es gab keine Garantie, dass Cornelius sich wirklich in die Rüstung begeben würde. Und Magnus musste, jetzt, wo er John Montague auf Cornelius’ bevorstehendes Ableben vorbereitet hatte, für ein solches sorgen. Sein Plan, darum möchte ich wetten, war es, sein Haus in Londonzu verlassen, angeblich, um in entlegene Gefilde des Landes zu reisen – sagen wir nach Devon   –, sich auf geeignete Weise zu verkleiden und sich dann nach Wraxford zu begeben. Einmal in der Wohnung seines Onkels – und ich weise nochmals darauf hin, dass wir nur Magnus’ Bericht über ihr Verhältnis zueinander haben   –, war es ihm ein Leichtes, den alten Mann zu erwürgen, den Leichnam in die Rüstung zu stecken und einen ‹Blitzschlag› aus der Sicherheit des nahen Waldes auszulösen.
    Riskant, werden Sie sagen. Ich stimme Ihnen zu. Aber wie jeder wahre Künstler war er bereit, ein Risiko in Kauf zu nehmen für das erwünschte Ergebnis. Das Schicksal kam ihm mit einer bemerkenswerten Glückssträhne zu Hilfe: John Montague war so besorgt über das heraufziehende Gewitter, dass er Magnus mehrere Telegramme schickte. Magnus hatte somit einige Stunden Zeit für die Vorbereitung.
    Ein künstlicher Blitz war also nicht notwendig. Magnus musste nun nur die Leiche in die Rüstung stecken und sich ungesehen davonmachen. Aber warum hat man den Leichnam nicht gefunden? Selbst unter der Annahme, dass ein Blitz das Herrenhaus getroffen hat, glaube ich nicht, dass Cornelius sich in Luft aufgelöst hat; Magnus’ eigenes Schicksal beweist das. Und ich mag nicht glauben, dass sein Verschwinden genau zu dem Zeitpunkt ein bloßer Zufall war. Cornelius’ Verschwinden lag offensichtlich nicht in Magnus’ Interesse. Es bedeutete eine zweijährige Verzögerung und ein kostspieliges Gerichtsverfahren, ehe er das Anwesen in Besitz nehmen konnte.»
    Er hob die Hand, um einer Frage von Professor Charnell vorzubeugen.
    «Wenn Sie erlauben, stelle ich Ihnen meine Hypothese vollständig vor, ehe wir sie diskutieren. Während dieser zwei Jahre heiratete Magnus Wraxford eine junge Frau, die angeblich übernatürliche Kräfte besaß. Sie war eine ideale Komplizin für den Schwindel, den er plante.»
    Bislang hatte ich mit gebannter Aufmerksamkeit zugehört,aber diese letzte Bemerkung rüttelte mich auf. Ich wollte gerade Einspruch erheben, als mir einfiel, dass ich dann die Existenz des Tagebuchs offenlegen müsste.
    «Obwohl die Zeugenaussagen von Godwin Rhys, John Montague und dem Kammerdiener Bolton das Gericht glauben ließen, dass die Wraxfords seit längerer Zeit einander entfremdet waren, ist es möglich, dass ihre Entfremdung – ursprünglich – vorgegeben war, um Mrs   Bryant leichter täuschen zu können, vielleicht auch, um den Effekt von Eleanor Wraxfords Kräften zu erhöhen. Wenn sie die Rolle des Mediums gegen ihren Willen übernahm, dann wäre die

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