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Ruf ins Jenseits

Ruf ins Jenseits

Titel: Ruf ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Harwood
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draußen zu dem Häuschen und schimpfte ohne jeden Erfolg auf Grimes ein, der bereits betrunken war. Von seiner Frau erhielt ich eine Laterne und machte mich in der Dunkelheit zu Fuß auf den Weg nach dem fünf Meilen entfernten Melton. Die Kälte wollte nicht aus meinen Knochen weichen, das Zittern nahm zu, und ich begann mit den Zähnen zu klappern. Ich muss etliche Stunden mit klappernden Zähnen im Coach and Horses am Feuer gesessen haben mit dem eigenartigen Gefühl, von der Decke herab auf mich selbst zu blicken. Und dann bibberte ich in einem fremden Bett, während das Gesicht des toten Drayton durch meine Albträume kreiste, während ich abwechselnd zu verbrennen und zu erfrieren meinte. Andere Gesichter,Magnus’ darunter, kamen und gingen in meinem Delirium, aber ich konnte nicht zwischen Realität und Halluzination unterscheiden.
    Das Fieber verging am vierten Tag. Ich war schwach, sonst aber unversehrt. Der Arzt, der mich versorgte – George Barton aus Woodbridge, ein liebenswerter Zeitgenosse, der das Herz auf dem rechten Fleck hatte, um die fünfundvierzig Jahre alt   –, berichtete mir, dass das Herrenhaus und der Wald sorgfältig durchsucht worden waren, aber ohne Erfolg. Ich wagte nicht zu fragen, ob sie die Rüstung geöffnet hatten. Seine direkte, herzliche Art lud nicht zu Gesprächen über Alchemie und übernatürliche Rituale ein.
    Magnus besuchte mich am nächsten Morgen und war voller Entschuldigungen für meine Feuerprobe. Er war in Devon gewesen, als wir ihn alarmiert hatten, und erst in der nächsten Nacht zurückgekommen. Es gab immer noch keine Spur von Cornelius.
    «Waren Sie auf Wraxford?», fragte ich.
    «Ja, den gestrigen Tag verbrachte ich dort. Inspektor Roper aus Woodbridge – kennen Sie ihn? – meinte, ich solle die Papiere meines Onkels durchsehen, ob sie einen Hinweis geben.»
    «Und?»
    «Ich fürchte: nein. Er hat offenbar ziemlich viel verbrannt – haben Sie die Asche im Kamin bemerkt?   –, darunter, glaube ich, auch das Manuskript von Trithemius. Da waren noch Reste – ich meinte, die Handschrift zu erkennen   –, aber sie zerfielen, als ich sie berührte.»
    «Ins Feuer die Bücher!»
Die Worte von Christopher Marlowes Doktor Faustus kamen mir unwillkürlich über die Lippen.
    «Ich gestehe, dass mir derselbe Gedanke kam», sagte Magnus.
    «Und – die Rüstung?»
    «Leer. Ich zeigte Roper den Mechanismus und erwähnte die Alchemie-Begeisterung meines Onkels, aber er tat das Ganzeals mittelalterliche Phantasterei ab. Er stellt sich auf den Standpunkt, Drayton irrte sich darin, dass mein Onkel sich zurückgezogen hat. Ja, ich weiß, dass Sie die Türen alle von innen abgeschlossen vorfanden, aber Roper besteht darauf, dass die Tür, die Sie aufgebrochen haben, eher klemmte, als dass sie abgeschlossen war.»
    Als ich den Mund öffnete, um das zu bestreiten, ging mir auf, dass ich es nicht hätte beschwören können. Das Fieber hatte meine Erinnerung verschwimmen lassen.
    «Sie sehen, es ist nicht leicht, gegen verbissenen Realismus zu argumentieren. Roper, nur um seine Erklärung zu vervollständigen, glaubt, dass mein Onkel irgendwann am Nachmittag das Haus verlassen hat – keinesfalls nach Einbruch der Dämmerung – und sich im Wald verirrte, als das Gewitter begann. Wie er sagt, kann man im Mönchswald in drei Fuß Abstand an einer Leiche vorbeigehen, ohne sie zu bemerken.»
    «Und Sie?», fragte ich. «Was denken
Sie

    «Ich neige fast dazu, Roper zuzustimmen, und sei es nur, weil die Alternative zu monströs ist   … Und nun, mein lieber Freund, darf ich Ihre Kräfte nicht länger beanspruchen. Was immer aus meinem Onkel geworden sein mag, ich werde einen Antrag auf die Bestätigung seines Ablebens stellen müssen, und wenn Ihrer Meinung nach nichts dagegen spricht, wäre ich froh, wenn Sie sich der Sache annehmen könnten. Ich frage mich übrigens, ob die düsteren Möglichkeiten des Geschehens, also die Sache mit Trithemius und der Rüstung, unter uns bleiben könnten, da Roper offenbar fest entschlossen ist, diese zu ignorieren. Der Ruf von Wraxford Hall ist ohnehin finster genug.»
    Ich versprach ihm, dass es ein Geheimnis bleiben würde, und mit dieser vagen Verabredung gingen wir auseinander. Ich kannte Magnus Wraxford kaum, und doch dachte ich an ihn als einen engen Freund, empfand eine Nähe, die das geteilte Geheimnis hervorrief.
    Cornelius hatte, so wurde bekannt, keine der merkwürdigen Bedingungen, die er in seinem letzten Gespräch mit

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