Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
den Kaiser konspirirt haben wird.«
»Ein großer Mann pikirt sich in seiner Laune oft auf Kleines. Er traut Ihrem Könige, wie seinem Busenfreunde, aber bei einem Spukhaus in Deutschland denkt er sogleich an Höllenmaschinen und Konspirationen des Herrn Pitt. Den Baron Humboldt ästimirt er sehr.«
Der Major bemerkte: »Wahrscheinlich war dies das letzte Wichtige, was Excellenz aus Berlin zu melden hatten.«
»Im Gegentheil, Herr von Eisenhauch, was gab es nicht in den letzten Monaten zu berichten: Die Ansichten, die bedenkliche Stimmung im Publikum bei der Hinrichtung der Kindesmörderin. Es handelte sich dabei um Abschaffung der Todesstrafe, im Volk glaubte man es wenigstens. Wenn Preußen die Initiative ergriffe, glauben Sie nicht, daß der Kaiser mit Vergnügen darauf einginge? Dann die Frage, ob der Geheimrath Lupinus abzusetzen sei, oder nicht? Welche andere Frage knüpfen sich nicht daran! Unter uns, Napoleon würde vielleicht kürzeren Prozeß gemacht haben; freilich je nachdem. Und dann die Excesse in dem Hause der Obristin. Wie viele seine Hoffäden spielen da hinein, und ich muß gestehen, man hat es mit Takt applanirt. Der Kaiser war, wie ich Ihnen im Vertrauen sagen kann, darüber erfreut; an einem andern Hofe würde man in der verdächtigen Dame eine seiner Emissairinnen gewittert haben. Auch die Anwesenheit der vielen vornehmen Fremden genirt ihn gar nicht. Ginge es freilich nach Talleyrand, so hätten wir längst auf die Ausweisung der Fürstin Gargazin gedrungen. Sagt man nicht im Publikum, sie intriguire für Rußland? Immerhin, wir kennen Ihren König, Ihren Hof, Ihr Volk und Land, und sind vollkommen ruhig.«
»Was kann uns Schmeichelhafteres gesagt werden?«
»Und was habe ich jetzt zu berichten über den Empfang des Monsieur Jean Paul. Muß ich nicht aus Gesellschaft in Gesellschaft, um nur Zeuge zu sein der Huldigung und Vergötterung des Poeten?«
»Wenn Troubadoure, wie die Rattenfänger von Hameln durch den Kontinent zögen, würde Seine Majestät Kaiser Napoleon sparen können an – Diplomaten, die beobachten, vielleicht auch an Armeen, die für ihn erobern.«
»Mein Kaiser ist ein Eroberer, Sie haben Recht, Major, er ist dazu geboren. Glauben Sie aber nicht, daß er es vorzöge, wenn er den Embarras der Waffen sparen und die Herzen erobern könnte? Wenn die Deutschen doch ihre wahren Interessen verständen. Theilen wir! Der Kaiser erobert die Reiche dieser Welt und lässt dafür Ihre Nation schaffen und erobern allein in dem der Ideale und der Schönheit. Die Deutschen haben Ueberfluß an Produkten und ihnen fehlt nur der Markt dafür. Den eröffnet er ihnen in seinem Weltreiche.«
»Unser Dichter Friedrich Schiller sang schon von dieser Theilung.«
»Ach, ich weiß, vom Parnaß.«
»Indessen hat uns Seine Majestät der Kaiser auch schon mit etwas Irdischem beglückt. Sieben seiner höchsten Ordenszeichen, allein für unsern Hof!«
»Ich bin beschämt, eben zu hören, daß Seine Majestät, Ihr König, so schnell sich revanchiren will. Auch sieben seiner schwarzen Adlerorden gehen nach Paris.«
»In der That!« sagte der Major. »Ich möchte der glückliche Ueberbringer sein!«
»Wie der Ueberbringer der Kaiserlichen Auszeichnungen auch hier einer glücklichen Entree sicher ist,« setzte Herr von Fuchsius hinzu.
»Nein, er hat das Bein gebrochen,« sagte der Gesandte.
Rath und Major sahen sich verwundert an, und dann nach dem andern Zimmer, wo der Legationsrath der Russischen Fürstin eben die Pflegetochter des Hauses vorstellte.
»Er scheint doch in voller Gesundheit auf seinen Beinen zu stehen.«
»Ach, ein kleiner Irrthum, meine Herren! Ein Adjutant von Mortier war als Kabinetscourier hergeschickt. Er brach in einem Hohlweg unglücklicherweise Wagen und Bein, und da ihm zur Pflicht gemacht war, Depesche und Beilage an einem bestimmten Tage mir einzuhändigen, glaubte er ihr zu genügen wenn er beides Jemand überlieferte, auf den er sich verlassen könnte. Der arme Debeleyme liegt noch auf seinem Schmerzenslager auf dem Gute des Herrn von Wandel, der wirklich mit aufopfernder Güte und Courierpferden den Auftrag statt seiner ausgeführt hat.«
Rath und Major hatten aus der Antwort nicht erfahren, was sie wissen wollten.
»Der Adjutant konnte sich also auf Herrn von Wandel verlassen?« fragte nach einer Pause der Major.
»Ein Packet von Erfurt nach Berlin zu tragen! Das übergebe ich dem ersten besten Landreiter, der ein anständiges Trinkgeld einem gefährlichen
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