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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Friede im Hause haben will. Du bist doch ein ganz anderer Mann, und ich meinte, wir müssten uns jeder dem andern grad heraus sagen, was er denkt. Ach und tausend Dinge. Aber, Walter, das dachte ich alles weit entfernt.«
    »Hast Du nicht auch gedacht, daß Du jetzt in einem glänzenden Hause bist, eine gefeierte Schönheit, von Bewerbern umschwirrt, die von ihrer Anbetung sprechen? Hast Du nicht an Dein Herz gefühlt, ob, wenn der Eine oder der Andere ernst spräche –«
    »Nein,« fiel sie rasch ein. »Sie sind mir alle gleichgültig.«
    »Aber die Geheimräthin! Du bist ihr Augapfel. Sie wünscht, daß Du eine gute Partie machst, sie sucht vielleicht schon nach einem passenden Gatten, der Dich über Deinen Stand erhebt. Vielleicht auch, sie ist kinderlos, reich, das große Vermögen kommt von ihr –«
    Sie fasste mit Heftigkeit seine Hand. »Nein, Walter, das denke um Gottes Willen nicht. Ich habe nie daran gedacht.«
    »Und der Gedanke ist so natürlich. Du schauderst ja fast.«
    »Ich begreife es oft nicht, warum ich nicht mehr Dank für sie fühle, aber – aber lassen wir das! Walter, verrathe mich nicht, und deute es mir nicht schlimm, es ist mir oft, als möchte ich je eher je lieber aus diesem Hause fort. Es ist mir so heiß, so bang oft –«
    »Aber weißt Du, in welches ich Dich führen könnte? Ein armer Gelehrter, – würdest Du aus Deinem Reichthum mir in eine Hütte folgen?«
    Sie sah ihn mit ihrem klaren Lächeln an: »Ja, Walter. Ich bin ja nicht für den Reichthum geboren. Wer weiß, wenn sie meiner überdrüssig wird, setzt sie mich hinaus. Da müsste ich mir vorsorglich ein Obdach suchen. – O pfui! keinen Scherz. – Aber ich habe mir es auch gedacht, daß Du zu stolz sein könntest, weil Du arm bist. O ich liebe Dich so stolz, wenn Du den reichen und vornehmen Herren kein Wort, keinen Blick schuldig bleibst. Wie Viele bücken sich und kriechen, Du gehst grade. – Nein, Walter, auch darum nicht, nicht weil ich Dir zu Hülfe kommen wollte. – Ach, hilf mir doch – das Schwerste ist heraus, das Allerschwerste steckt noch in der Brust.«
    Sie barg ihr Gesicht an seinem Halse. Er strich über ihre Stirn; er bat sie zu denken, sie sei in der Kirche wie die fromme Katholikin, von der sie neulich gelesen, und er ihr Beichtvater.
    »Neulich, nach unserem Feste – Du weißt von dem unglücklichen Zufall. Ich verlor meine Besinnung, Jemand trug mich aus dem brennenden Zimmer. Hässliche, gleichgültige Menschen kamen und gingen; aber in der Nacht, als es still ward, halb wachte ich, halb träumte ich – die Andern hatten mich wohl vergessen in dem Wirrwarr, und die Nachtlampe brannte dunkel, da schlich es herein. Er überraschte mich –«
    »Gerechter Gott!«
    »Nein, Walter, erschrick nicht.«
    »Wer?«
    »Ich kannte ihn, und darf ihn doch nicht nennen. Er umfasste meine Knie, wie der Orest das Bild der Göttin, und seine schönen Augen rollten, wie eines Wahnsinnigen. Ich wollte aufschreien, mich losmachen, aber ich konnte nicht, wenn ich ihm ins Auge sah. Ihn peinigten ja auch, wie den Sohn des Agamemnon – die Furien.«
    »Was wollte der Freche?«
    »Er bat mich, daß ich vergessen, vergeben sollte.«
    »Was solltest Du ihm vergeben?«
    »Das ist aus der alten schrecklichen Geschichte –«
    »Von der kein Wort! – Die Geheimräthin erwähnte neulich eines Unverschämten, der Dich auf der Straße verfolgt –«
    »Ach, Walter, jetzt verstehe ich erst, was wir in den Gedichten lasen. Ist das Liebe so ist ja Liebe eine Krankheit, vor der Gott Dich und mich bewahre. So muß Orest krank gewesen sein.«
    »Er sprach seine Leidenschaft aus, er quälte, marterte Dich? – Weiß Jemand darum?«
    »Keiner soll davon wissen, außer Dir. Dich nehm' ich aus.«
    »Du versprachst ihm Verschwiegenheit?«
    »Ihm nicht, mir gelobte ich sie aus – einem Mitleid, das ich noch nie empfunden. Walter, o hättest Du ihm in das Gesicht gesehen, das schöne, fürchterliche Gesicht. Bald ein wildes Thier, das mich zerreißen konnte, bald wie ein Kind so sanft. – Ich bedurfte keines Beistandes, keiner Hülfe, glaube es mir, gewiß nicht. Ich wäre ihm wie eine Heilige, eine Göttin, eine Priesterin, deren Wünsche ihm Befehle sind –«
    »Das ist die Sprache der Wüsten! Du kennst diese Menschen noch nicht. Wo ihre gewöhnlichen Künste nichts fruchten, sie einen Widerstand finden, den sie damit nicht bewältigen, stehlen sie aus der Seele ihres Opfers die edelsten Gefühle, um sie zu überlisten. Mit Thränen,

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