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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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erreichen.«
    »Das ist ein gefährlicher Gedanke.«
    »Warum? – Gesetzt, Sie fühlten sich unglücklich mit Ihrem Gatten –«
    »Ich bitte Sie, Herr Legationsrath –«
    »Nun, Sie wünschten ihn zu einem lebenslustigen Mann zu machen. Ist das etwas Unrechtes? – Doch es ist ein indiskretes Beispiel, Verzeihung! Also umgekehrt – Sie wollten sich ganz der Armenpflege widmen, Ihr Haus zum Hospital umschaffen, selbst Krankenwärterin werden. Ihre Mittel wären endlich erschöpft, ja, meine Freundin, die Möglichkeit wäre da, daß Sie ihm auch seine Stube nähmen, seine Bibliothek verkauften –«
    »Ach der arme Mann!«
    »Nur nicht Mitleid! Wer etwas will, muß diese Rücksichten verbannen. Sehn Sie, die Fürstin Gargazin möchte uns Alle zu Konvertiten machen, sie scheut keine Mittel – gar keins, wenn sie nur Einen bekehren kann.«
    »Mein Mann stürbe, wenn er von seinen Büchern lassen müsste.«
    »Und wird von ihnen lassen müssen, wenn er von Allem lässt; Doch, um wieder auf Bonaparte zu kommen, wie viel Peripherien hat er, eine nach der andern, um seinen jeweiligen Standpunkt gezogen, weit, weiter, und das ist das Bewunderungswürdige, nicht seine gewonnenen Schlachten, sondern daß er, im Mittelpunkt des Kreises, nie über den Kreis hinausgriff! So ward er Konsul, Kaiser –«
    »O ich bin ungemein begierig, Ihre Ansichten darüber zu erfahren.«
    »Wozu das, Freundin? Wozu die eigne Kraft anstrengen und uns vergessen?«
    »Aber es ist so interessant –«
    »Sie haben Recht – seine Familienverhältnisse! Da liegt der Hemmschuh für den Giganten.«
    »Die Familie erhebt er mit sich.«
    »Aber Josephine hat keine Kinder. – Sie muß fort.«
    »Wie! Sie hob ihn. Er kann sie doch nicht verstoßen.«
    »Ei, seine Bewunderin hält ihn für so klein. Gefühle der Dankbarkeit sollen ihn an seinem Weltberuf hindern.«
    »Aber das Urtheil der Welt würde –«
    »Den Titanen regieren! Da habe ich keine Skrupel. Aber die Kreolin ist eigensinnig, reizbar. Wenn sie sich nun nicht scheiden lassen will?«
    »Sie meinten neulich, daß Josephine gegen ihren Mann
contre
operiren könnte?«
    »Darüber bin ich hinaus. Sie ist nur eine Frau mit den gewöhnlichen Affekten eines Weibes. Groß im Kleinen, zu klein zu einer That, zu weich, gutherzig. Nein, nein, von der Seite ist nichts zu besorgen, aber er – Napoleon muß sich von ihr scheiden, er muß Söhne haben, er ist in voller Manneskraft, er ist durch die Verhältnisse wie von selbst zu einer Ehe gedrängt, die seine Nachkommenschaft vor der Meinung legitim macht, welche aus dem Schutt und Staub der Revolutionen aufsteigt und die Throne wieder mit einem Nimbus umzieht. Das ist ganz unabänderlich, daß muß er. Und wenn sie sich nun nicht scheiden lassen will, was muß er thun? Was wird er thun? Da, Freundin, wird sich's bewähren, ob er – er ist.«
    »Mein Gott, Sie meinen –«
    »Bisher war er sich immer klar. Aber diese Differenz –«
    »Er liebt Josephinen!«
    »Was ist Liebe? Verstehn wir uns! Wir Beide meinen nicht jene Veilchenduft-, jene Vergißmeinnichtschwärmerei zartgeschaffener Seelen, noch jene dämonische Leidenschaft, die Mauern einreißt, um im Genuß sich zu tödten. Das sind Kinderspiele. Ich meine die Liebe, vor der Jahre und Verhältnisse wie Plunder versinken, das in den Mysterien der Natur geborne Bündniß Derer, die sich verstehen, sich das Zeugniß der Ebenbürtigkeit Einer dem Andern ausstellen. Diese Liebe bedarf keiner Besiegelung durch Lieder, Betheuerung und Schwüre. Sie ist da von sebst. Die Geister wie die Blicke brauchen sich nur zu finden, und im Moment ist der Bund geschlossen, ohne Worte.«
    Die Geheimräthin seufzte: »Das ist eine Vorstellung, erhaben wie die Ewigkeit!«
    »Und nun, frage ich, herrscht zwischen ihm und ihr ein solcher Bund? Begreift sie ihn nur? Freilich möchte sie sich sonnen in seinem Diademen-Glanze, die immer liebenswürdige Kaiserin und Französin sein, entzückend in Toilettenkünsten, Intriguen, brillirend von Esprit in der Konversation, bezaubernd die Herzen durch ihr weiches Herz, wenn er zuschlagen muß, ihm in den Arm fallend: Ach thu's doch lieber nicht! Was ist sie ihm? – Eine Last, die er abstreifen muß. Er muß, sage ich, wenn er vorwärts will, und er kann es, es kommt nur darauf an, ob er den Muth hat, es zu wollen.«
    »Mein Kopf schwindelt!«
    »Traf dies Loos nicht auch Solche, die er wahrhaft liebte? Und er vernichtete sie, weil er sie liebte.«
    »Ich verstehe sie

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