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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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vielleicht noch nicht zu spät!«
    »Excellenz waren nicht aufgelegt,« bemerkte der Kammerherr von St. Real in der kleinen Hinterstube, wo sich die Konferenz versammelt hatte.
    »Leidet am Magen,« sagte Bovillard mit dem moquanten Lächeln, das seine Freunde kannten, wenn er die Worte eines nicht gegenwärtigen Freundes citirte.
    »Am Magen?«
    »Excellenz halten nicht Diät. Mischen zuviel, Trüffelwürste und Rhabarber, Sonnenaufgänge und nächtliche Promenaden, Tugend und Tänzerinnen –«
    »Die auswärtigen Angelegenheiten liegen in seinem Magen wie Kraut und Rüben.«
    »Wir sind indeß, meines Wissens, nicht hier wegen der
affaires éntrangères,
« bemerkte der Kammerherr.
    »
Mais qu'est-ce qu'on peut faire, mon ami,
wenn der Leiermann vor der Thür von Morgen bis Abend sie abgeorgelt, Hardenberg mit so schönem Discant singt und Lombard und Beyme und Voß, und dazwischen brummt der Baß des Herrn von Stein, und Johannes Müller zwitschert, und Herr von Massenbach giebt seine unmaßgebliche Meinung, und Luchesini räuspert sich, und Rüchel trommelt und Prinz Louis schmettert mit Trompeten, und seine Schwester und die Prinzeß Mariane accompagniren mit Jeremiä Klagegesang. Da bleibe ein vernünftiger Mensch unafficirt! Ich will in allem Respekt noch gar nichts sagen von der Venus Urania, die in der Stille vor ihrem Spiegel die Haube der Bellona probirt, und wie ihrem himmlischen Gesichte der Blick des Zornes und der Entrüstung steht, den sie auf den Monstrepilz bei Gelegenheit werfen will.«
    »
Monsieur de Bovillard
braucht uns nicht zu versichern, daß er nie ein Admirateur der Venus Urania war.«
    »Offenherzig, ich halte es mit dem edlen Schiller, – der ist nun auch todt, alles Edle stirbt, meine Freunde, – als er sang:
     
    Ach, da euer Wonnedienst noch glänzte,
    Wie ganz anders, anders war es da!
    Da man deine Tempel noch bekränzte
    Venus Amathusia!«
     
    Der Dritte im Bunde, der kein anderer war als der Legationsrath Wandel, meinte, er könne die Besorgniß nicht theilen, so viel er wisse, sei doch gestern beschlossen: der König wolle, die besondere Lage seiner fränkischen Lande erwägend, jeder der kriegführenden Mächte den Durchzug gewähren. Damit schiene denn doch alles ausgeglichen, und die äußeren Angelegenheiten dürften dem excellenten Freunde seines edlen Freundes kein Kopfbrechen mehr verursachen.
    »Gestern, Theuerster! Aber heute nicht mehr. Man hat angeführt, das verrathe Schwäche. Darum wollen wir heute Stärke verrathen, und erklären, daß wir Niemand durchlassen. Brauchen uns aber darum nicht zu änstigen, morgen haben wir uns wieder anders besonnen, und lassen durch. Dieser Durchlaß nun liegt Christian im Magen, ein Aderlaß an seinem Humor, und darum lief er fort, ehe wir anfingen.«
    Wandel hatte sich an den kleinen Tisch gesetzt, auf dem, wie zum Spott, für vier Personen vier Aktenhefte, Papier und Federn lagen; das wichtigere Aktenstück oder
Corpus delicti
stand unter dem Tische, der Champagnerkorb. »Von nun an wird Niemand wer es sei, eingelassen,« rief Bovillard, als der Kammerdiener die Leuchter auf den Tisch gesetzt. »Also, meine Herren, wir standen bei Artikel zwei –« rief er noch mit einer Stimme, welche der abtretende Diener im Nebenzimmer hören konnte. Als die äußere Thür zuklang, erhob sich der Flaschenkorb, ein Pfropfen knallte gegen die Decke und drei Gläser stießen gegen einander: »Auf guten Fortgang!«
    »Der scheint gesichert,« sagte Wandel.
    »Und wir verdanken ihn, was ich als Präsident hier auszusprechen mich für verpflichtet halte, insbesondere der unermüdlichen Thätigkeit unseres theuren Kollegen. Herr Legationsrath von Wandel, wiewohl gleichsam als Experter zugezogen, hat sich doch der Sache als Amateur angenommen. Gehen wir demnächst zur Sache über. Wir standen also –«
    »Ich erlaube mir, ehe wir fortfahren, eine präjudicielle Bemerkung,« hub der Kammerherr an. »Ich weiß für gewiß, daß der französische Gesandte von unseren Verhandlungen Kenntniß hat. Sollte durch die unverzeihliche Indiskretion eines Kanzleibeamten demselben ein Aktenstück in die Hände gespielt sein? Wenn dem so wäre, erlaube ich mir, bei unsern würdigen Herrn Präsidenten den Antrag auf strengste Recherche deshalb.«
    »Das Kollegium hat den Antrag vernommen,« sagte Bovillard. »Ich muß präjudiziell bemerken, daß ich dagegen stimmen werde. Wenn das Kollegium erlaubt, erkläre ich meine Gründe.
Pro primo
haben wir keine

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