Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht
gesprochen; das Was wissen wir schon, oder wir erfahren es noch. Da war der Fleck wirklich gereinigt und der Minister sagte recht freundlich:
»Eine hübsche Elaboration. Wenn Sie das geschrieben hätten, könnte man's
ad acta
nehmen. Aber Drucksachen, das ist nichts; es schickt sich nicht für einen Geschäftsmann. – Was wollen Sie nun eigentlich, ich meine Sie für sich?«
»Ich leugne nicht, Excellenz, wenn diese Ansichten vor unsern Staatsmännern Eingang finden, und man an die Ausführung ginge, daß ich mich wohl befähigt fühlte, mit Hand anzulegen. Ich würde eine Freiheit opfern, die ich mir lange als ein köstliches Gut bewahrt, und würde gern eine Anstellung annehmen.«
»Sehn Sie, das lieb ich, das ist vernünftig gesprochen. Sie gehn auf eine Anstellung aus, um das Uebrige kümmern Sie sich nicht.«
»Dies dürfte doch von meiner Ansicht differiren.«
»Drauf kommt es nicht an. Wird Ihren Vater sehr freuen. Ist ein braver Mann, und wird es Ihnen an Unterstützung nicht fehlen lassen, wenn ich ein Wort einlege. Denn Unterstützung werden Sie noch eine ganze Weile brauchen. Die große Karriere, die geben Sie natürlich auf, haben ja nicht Cameralia studirt. Und die Examina! Schadet nichts. Das von unten Anfangen ist das solideste. Erst in der Kanzlei ein Jahr, höchstens ein paar als Kopist. Dann machen wir einen Versuch mit dem Expediren, Sekretair! An Konnexionen wird es Ihnen ja wohl bei guter Conduite nicht fehlen« – lächelte der Minister – »dann Geheimsekretär, Kanzleiinspektor!«
Der junge Mann stand sprachlos da.
»Der Kriegsrath Alltag, sehn Sie dessen Karriere! Noch nicht voll sechszig und war schon Kanzleidirektor mit dem Titel Kriegsrath, und Sie wissen noch nicht, was er noch wird. Aber nun etwas, mein junger Herr, die Flausen lassen Sie aus dem Kopf. Nie etwas besser wissen wollen als Ihre Vorgesetzten. Wenn's auch mal falsch wäre, nie den Mund aufgethan. Sie wissen nicht, warum sie's falsch machen. Keine Sylbe mehr gedruckt, das versteht sich von selbst. Wenn Sie Bücher lesen müssen, thun Sie's für sich. Nöthig ist's nicht. Stört immer im Dienst. Gelehrte sind schlechte Officianten. Und« – der Minister fasste mit holdseliger Miene den Knopf seines Rockes – »und am Kopistentisch sollen Sie nicht zu lange sitzen, Sie schreiben ja eine saubere, präzise Hand, habe mich wirklich gefreut, die Grundstriche so grade und voll. Daran sieht man den Charakter. Da dispensiren wir Sie wohl schon nach einem halben Jahre!«
Walter hatte die volle Sprache und Ruhe wieder gewonnen:
»Gerührten Herzens habe ich Ew. Excellenz gütige Intentionen vernommen, die ich wohl nur der guten Meinung verdanke, welche Excellenz für meinen Vater hegen. Da aber meine Ansichten von der Art, wie der Staat die Kräfte seiner Bürger nutzen muß, von der Ansicht Deroselben abweichen, so glaubte ich unrecht zu thun, wenn ich Dero wohlwollende Gesinnung Solchen entzöge, welche williger und befähigter zu den Diensten sind, für die ich meinen Willen und meine Kraft unausreichend bekennen muß.«
Der Minister sah ihn weder verwundert, noch erzürnt an. Er liebte wohlgesetzte Kanzleiphrasen. Dann nickte er ihm freundlich Abschied.
»Also Sie wollen nicht. Grüßen Sie Ihren Vater von mir und gehn Sie nach Karlsbad, lieber Herr van Asten. Nach Karlsbad sage ich Ihnen. Wenn wir alle Staatsverbesserer dahin schicken könnten, würde es mit unserem Staate besser. Nicht nach der Festung, dafür bin ich nicht. Simpel nach Karlsbad, drei Becher täglich am Sprudel, die gehörige Promenade darauf, drei Monat und wir hätten Ruhe im Lande.«
Sechsunddreißigstes Kapitel.
Eine wichtige Konferenz in Staatsgeschäften.
»Der Herr Geheimrath sind nicht zu Hause –« »Der Herr Geheimrath ertheilen heute keine Audienz« – lauteten die verschiedenen Antworten, mit denen der Kammerdiener die verschiedenen Personen, welche in der Wohnung des Geheimraths Bovillard nach ihm fragten, abgewiesen hatte. Auch Herrn von Fuchsius war dasselbe begegnet, »wegen einer wichtigen Konferenz in Staatsgeschäften.«
Bei Konferenzen in wichtigen Staatsgeschäften war der Rath immer zugezogen. Der Diener zuckte lächelnd die Achseln: »Herr Geheimrath haben heut expreß befohlen keine Ausnahme zu machen –« Fuchsius sah aus dem Thorweg den Wagen des Ministers fahren: »Wenn die entsetzlichste Rathlosigkeit wirklich zum Rath – und wenn sie zur That führte!« sprach er aufseufzend. »Es ist spät, aber doch
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