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Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht

Titel: Ruhe Ist Die Erste Buergerpflicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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kein Wort in unsern Zeitungen.«
    »Dann ist's auch vielleicht nicht wahr,« lächelte die Fürstin mit einem besonderen Blick auf den Regierungsrath. Es mochten mehrere den Blick verstehen. Fuchsius besorgte für die Hamburger Zeitung Regierungsartikel.
    »Die erlauchte Fürstin,« entgegnete Fuchsius, »weiß, daß gewisse Regierungen schüchternen Jungfrauen gleichen, die in ihrer Gegenwart keine Schmeicheleien vertragen, hinter ihrem Rücken hören sie sich recht gern gelobt.«
    »Ich kenne auch Regierungen,« setzte die Gargazin darauf, »die erschrecken, wenn man ihre Gedanken ausspricht, besonders, wenn sie gar keine haben.«
    Der Kriegsrath Alltag wandte sich mit einem innern Schaudern ab. Er hatte nicht geglaubt, daß vornehme Personen so respektlos von der Regierung sprechen könnten.
    Die Gruppe löste sich auf, als die Janitscharenmusik das Anrücken eines neuen Bataillons verkündete. Adelheid streifte mit dem Präsentirbrett an Walter vorbei »Ein bischen zuvorkommender gegen meinen Vater! Auch mit Mutter könnten Sie mehr sprechen.« Der Jubel am Fenster und auf der Straße ersparte ihm die Antwort.
    Am lautesten ward es in dem kleinen Nebenzimmer. Eine weibliche durchdringende Stimme ließ sich vernehmen: »Nein, sag ich doch, so vieles Volk, und alle zum Todtschießen! 's ist grausam! – Sieh mal Fritz, wie sie blitzen! die Spontons! Da der mit dem rothen Federbusch! – Malwine, willst Du Dich nicht so 'rüber legen! – Was man mit den Kindern Noth hat. Und da das blutjunge Gesicht – ach du liebe Seele, der hinkt, hat sich die Füße durchgelaufen. – Was 'ne unsterbliche Menschenseele nicht ertragen muß! – Und staubig, Alle wie gepudert! – Liebechen,« rief sie hinunter, – »sehn Sie, Dem da schenken Sie 'ne Tasse Kaffee! Er friert so, und ein so hübscher Mensch. – Sieht sie's wieder nicht, die Lisette! – Nu ist er fort! – Na, 's wird wohl noch andere mitleidige Seelen geben. – Was so ein Tornister drücken muß! – Fritz, wenn Du auch solche grausame Flinte auf dem Buckel tragen müsstest. – Nu paß Acht, nu kommt der Tambour. Hurrje, hurrje! hörst Du, wie er schlägt!«
    »Will auch Trommler werden,« sagte der Junge.
    »Nein, Fritzchen, da wirst Du todtgeschossen. Das ist nur für ordinaire Leute. Guter Leute Kinder, die sind zu was anderem da.«
    »Will Trommler werden!« wiederholte der Trotzkopf. »Papa hat's gesagt.«
    »Ja, wenn Du ein Taugenichts wirst, dann wirst Du unter die Soldaten gesteckt.«
    Das Fritzchen schrie und stampfte auf die Erde. »Du Olle, Du sollst mir's nicht verbieten, Du hast mir nichts zu verbieten.«
    »Range Du! Untersteh' Dich und kneif' noch mal. Wenn wir nicht bei hübschen Leuten wären, kriegtest Du eins hinter die Ohren, daß Du Dich wundern sollst.«
    Die Geheimräthin war unbemerkt Zeugin des Auftritts gewesen. Sie brachte den Kindern Bretzeln und fragte: ob sie schon Chokolade bekommen.
    »Ach du mein Gott, die gestrenge Frau sind auch gar zu gütig gegen die Kleinen!« rief Charlotte, die sich umgedreht. »Daß wir Ihnen auch so viel Inkommodität verursachen! Aber Kinder sind nun mal Kinder, und wer weiß, ob sie so was mal wiedersehen, sagte meine Cousine, die Frau Hoflackir. Ja sie gehen alle in den Tod.«
    »Giebt es einen schönern als fürs Vaterland!« sprach die Geheimräthin mit Erhebung.
    »Das sagte mein Wachtmeister auch, Frau Geheimräthin, aber, nehmen Sie mir's nicht übel, Tod ist doch Tod. Und eingebuddelt werden sie, ohne Sang und Klang, ohne Leichenhemd und ohne Sarg, wo sie stehen und liegen. Und der Fritz will absolut Soldat werden. Ist ein rabbiater Junge. Und mein guter Geheimrath, der die Güte selbst ist, Sie glauben gar nicht, wie er ihm schon auf der Nase spielt. Kinder sind Gottes Segen, o gewiß, aber sie können auch Gottes Fluch werden, wenn sie ausschlagen.«
    Die Geheimräthin streichelte die Köpfe der Kleinen: »Geht, liebe Kinder, in die andere Stube und lasst Euch Chokolade geben.«
    Warum erschrak Charlotte heute nicht vor der Butterbretzel, welche die Frau mit den spitzen Fingern den Kleinen gab; warum kamen ihr diese Finger heut nicht spitz vor, als sie über die blonden Haare der Kleinen strich. Charlotte war auch jetzt in innerer Bewegung, aber es war eine andere, als sie plötzlich in Thränen ausbrechend den Saum des Kleides der Geheimräthin erfasste und es an die Lippen drückte: »Ach, Frau Geheimräthin, das müssen Sie mir schon erlauben. Es war doch zu schön. So einen ordinären

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